Im Schatten von SYSTEM SHOCK...

...taucht BIOSHOCK REMASTERED ganz schön ab. An sich kein schlechtes Spiel, aber wer sich als geistigen Nachfolger der beiden Kultspiele aus den 90er...

von - Gast - am: 11.07.2018

...taucht BIOSHOCK REMASTERED ganz schön ab. An sich kein schlechtes Spiel, aber wer sich als "geistigen Nachfolger" der beiden Kultspiele aus den 90er Jahren sieht, die viele Masstäbe setzten und in Sachen Atmosphäre selbst heute noch ungeschlagen sind, sollte zumindest Ansatzweise diesen Spielen gerecht werden...

Präsentation [Durchschnitt]

Diese Rezension bezieht sich auf die ungeschnittene englische Remastered Version von 2016, die grafisch etwas aufgebohrt wurde. Trotz dessen macht sich das Alter des Grundspiels (mittlerweiler 11 Jahre!) deutlich bemerkbar. Die Texturen sind ziemlich matschig und gerade Wassereffekte sehen nicht sonderlich gut aus. Die Unterwasser-Atmosphäre kann BIOSHOCK REMASTERED nicht sehr gut umsetzen - stellenweise fühlt sich das ganze mehr wie ein und dasselbe Aquarium an, an dem man vorbeiläuft. Etwas mehr Abwechslung bei den Feinden hätten auch gut getan: es gibt drei verschiedene Splicer Skins und sowohl die Big Daddies als auch die Little Sisters sehen alle identisch aus. Auch der gewählte grafische Stil - Comic-Look und Art-Deco-Design - machen letztendlich jegliche bedrohliche Atmosphäre kaputt.

Die Soundeffekte und Musik sind ganz passabel - aber nicht mehr. Schon besser ist die Vertonung der NPCs geraten, hier hat man -abgesehen von den Gegnern- wirklich gute Spreche gefunden. Zwar sind keine Prominenten Stimmen (wie in den Fallout Spielen) dabei, aber ins Gewicht fällt das nicht sonderlich.

Störend jedoch sind die Überlappungen von teilweise wichtigen Texten und Hintergrundgeräuschen: höre ich gerade einen Audiolog an und werde plötzlich von einem streunenden Monster angegriffen geht der Audiolog vor lauter Kampfgetöse völlig unter.

Ebenso nervig: die Sprüche der Gegner wiederholen sich viel zu häufig, oftmals mehrmals hintereinander.

Spieldesign und Gameplay [Durchschnitt]

BIOSHOCK ist ein First Person Shooter mit einigen Adventure Elementen und ganz wenig Rollenspiel Elementen, wobei die letzten beiden Punkte eher schlecht als recht umgesetzt wurden. Zum einen sind die Hacking Minigames nicht wirklich abwechslungsreich und fordernd (das hat SYSTEM SHOCK schon 1994 wesentlich besser gemacht), zum anderen ist BIOSHOCK nicht wirklich forderend.

Im Grunde bietet BIOSHOCK nichts was nicht schon vorher (besser) gemacht wurde, bis auf der technischen Seite ist BIOSHOCK den beiden SYSTEM SHOCKs in allen Bereichen unterlegen.

Was anfangs noch mässiges Staunen verursacht, wenn man zu Beginn das erste Mal Rapture betritt verpufft ziemlich schnell und die ersten Ermüdungserscheinungen setzen ein: viel zu früh sieht man den ersten Big Daddy, der erste Kampf ist noch ganz spannenend, dann hat man aber alles gesehen, die Levels im späteren Spielverlauf ähneln sich zu sehr von der Innenausstattung.

Bei den Kämpfen reicht blosses Draufhauen im Grunde aus (ducken kann sich unsere Spielfigur sowieso nicht), auch allzu grosse Munitionsarmut braucht man nicht zu befürchten, so muss man auch nicht zu sparsam mit der Munition umgehen.

 

Steuerung und Komfort [Durchschnitt]

Wie inzwischen Standard bewegt man sich mit den WASD-Tasten der Tastatur durch die Spielwelt und schaut per Mouse-Look umher. Sprung- und Aktions-Taste, linker Mausknopf feuern, Zahlentasten wählt die jeweilige Waffe, alles wie gehabt. Vermissen tue ich ein Inventar und die Möglichkeit zu sehen wieviel Munition ich insgesamt noch bei mir trage, sowie Gegenstände, abgesehen von Waffen (H Taste verwendet Medipaks, dessen Anzahl links neben den Gesundheitsbalken permanent angezeigt wird, Plasmapaks werden automatisch verwendet wenn der Balken abgelaufen ist). Zumindest sind die Tasten auch frei belegbar. Eine Schnellspeicherfunktion ist ebenso vorhanden wie eine vorbildliche Automap, die mittels M Taste aufgerufen wird.

Etwas gross ist der HUD geraten - ein Zugeständnis an die Konsolen Ports - aber das hält sich in Grenzen. Ein dezenter Richtungsweiser in Form einer Kompassnadel gibt den Weg zum nächsten Zielpunkt an.

Ingesamt ist die Steuerung etwas "klobig" und wenig intuitiv abgesehen von der Fortbewegung, die Hotkeys wollen erstmal auswendig gelernt werden, ein schneller Zugang zu der Tastenbelegung gibt es nicht, man muss erst etwas umständlich ins Steurungs-Menü. Hat man den Bogen aber erstmal raus, kommt man doch ziemlich gut zurecht, zumal das Spiel einem auch nicht viele Möglichkeiten zur Interaktion mit der Spielwelt und den Gegenständen bietet.

Komplexität und Spieltiefe [Schlecht]

Wie erwähnt muss man sich an Teile der Steuerung erst einmal gewöhnen, das war aber beim grossen Vorbild auch nicht anders, eher schwerer, da die Steuerung gnadenlos Komplex war. 

Einen Komplexitätss(c)hock braucht bei BIOSHOCK aber niemand zu fürchten, ein Prompt zum drücken der Aktionstaste (Standard: "E") erscheint jedesmals am Bildschirm wenn eine Aktion ausführbar ist, man braucht also nicht wahllos auf Objekte klicken und hoffen dass irgendwas passiert. Ebenso wird einem rechtzeig gesagt man soll doch bitte ein Medipak zu sich nehmen ("H"), wenn man arg angeschlagen ist.

Drei Schwierigkeitsgrade stehen am Anfang zur Auswahl und bieten wirklich Allen die Möglichkeit BIOSHOCK durchzuspielen. An sich ist das Spiel sogar zu leicht, da man theoretisch nicht sterben kann: verliert man all seine Lebensenergie wacht man in einem Vita-Chamber mit voller Gesundheit wieder auf, wie in SYSTEM SHOCK 1 nach dem "umprogrammieren" des Cyborg-Konverters. Während man aber in SYSTEM SHOCK diesen erst finden musste und in SYSTEM SHOCK 2 dafür auch bei jedem Ableben "blechen" musste, entfallen diese Voraussetzungen komplett bei BIOSHOCK. Sterben unmöglich. Wozu also Angst haben?. Mit Plasmiden upgraden muss man seine Spielfigur nicht zwangsläufig, was Schade ist, da dieser Teil des Spiels dadurch eher überflüssig ist. Hier bot sich eine vertane Chance. Eine Handvoll Minigames (Hacking) gibt es auch, diese sind aber bei Weitem nicht so genial in die Spielwelt integriert worden wie bei SYSTEM SHOCK.

Atmosphäre [Schlecht]

An diesem Punkt floppt BIOSHOCK gewaltig, und dies ist auch mein Hauptkritikpunkt: während SYSTEM SHOCK 1 & 2 in Sachen Atmosphäre ungeschlagen sind, dümpelt BIOSHOCK so vor sich hin. Im Vorbild schlotterte man förmlich durch die düsteren Gänge mit Angstschweiss auf der Stirn, SHODAN gab einen oscarverdächtigen Bösewicht ab, der ebenso unerreicht bleibt. Das fehlt in BIOSHOCK. Die Big Daddies, mögen bei der ersten Begegnung noch schocken, auch den ersten Splicer wird man nicht schnell vergessen, aber das wars dann auch schon. Schnell ist das Gegner verdreschen zur Routine verkommen, richtiges Unterwassergefühl kommt erst gar nicht auf - man fühlt sich eher wie in Seaworld. Bedrohung: absolute Fehlanzeige. Das macht sehr viel an Atmosphäre kaputt, ebenso wie der (bewusst) gewählte Grafikstil und die teilweise kitschigen Roboter. Sonderlich brutal ist das Spiel nicht, warum die deutsche Fassung trotz USK-18 Freigabe dennoch federn lassen musste ist absolut unverständlich.

Die ganze Welt wirkt dank des Grafikstils sehr plastisch was kontinuirlich an der Atmosphäre nagt.

Handlung (ohne Spoiler) [Gut]

An der Handlung habe ich abgesehen davon dass sie gelegentlich etwas konstruiert wirkt, nichts auszusetzen. Sie kommt zwar nicht an SYSTEM SHOCK 1 & 2 heran, nicht mal ansatzweise, aber erzählt nach und nach ihre eigene Story und die Hintergründe der Unterwasserstadt Rapture. Dies wird mit zahlreichen Audiologs getan und durch eine NPCs, auch nicht am Stück, sondern schön häppchenweise zusammengepuzzlet, und gerade das gefällt mir ganz gut so. Es gibt die eine oder andere überraschende Wendung die gut umgesetzt wurde, aber masslos gehypt wurde der moralische Aspekt, der ein gutes und ein schlechtes Ende erlaubt: es ist etwas wenig und nicht wirklich der Rede wert. S.T.A.L.K.E.R.: SHADOW OF CHERNOBYL bot ganze 7 verschiedene Enden und erschien gut ein halbes Jahr früher.

Umfang / Motivation [Durchschnitt]

BIOSHOCK bietet eine ziemlich umfangreiche Spielwelt, die allerdings nicht allzu abwechslungsreich geraten ist, stellenweise echt dumme Gegner, auf Grund der geringen Artenvielfalt sehr wenig Abwechslung. Einen grossen Wiederspielwert hat BIOSHOCK eigentlich auch nicht. Gegen Ende überrascht das Spiel dennoch mit der einen oder anderen unerwarteten Wendung.

Fazit

Geschockt dürfte man bei BIOSHOCK höchsten über die mangelnde Atmosphäre sein, dadurch, und auf Grund von Defiziten bei der Spieltiefe verpasst  BIOSHOCK für mich sogar den Sprung in die 70er Region.

Mag sein dass ich mit BIOSHOCK ziemlich hart ins Gericht gehe, aber wer sich mit zwei der besten Spiele aller Zeiten gleichstellen will, wird auch fairerweise daran gemessen. Da gerade da sieht es nicht gut aus für BIOSHOCK. Auch gibt es inzwischen wesentlich bessere Alternativen, zum Beispiel DEAD SPACE 1 und 2. Keines dieser Spiele, geschweige denn den grossen Vorbildern kann BIOSHOCK auch nur annährend das Wasser reichen.


Wertung
Pro und Kontra
  • neues, unverbrauchtes Setting
  • Handlung gar nicht mal so schlecht
  • mangelnde Atmosphäre und Spieltiefe
  • Spieler praktisch unsterblich
  • Unterwasserwelt nicht gut umgesetzt

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

zu leicht

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(0)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.