Das Adventure "The Raven - Vermächtnis eines Meisterdiebs" aus dem Jahr 2013 erhielt vom Entwickler King Art im Jahr 2018 eine Remastered-Version spendiert, die die schon einst etwas altbackene Grafik aufhübscht und nervende Bugs beseitigt. Ich selbst habe das Original nicht gespielt, kann also die genauen Unterschiede nicht beurteilen. Mein Test bezieht sich ausschließlich auf die Remastered-Fassung.
Handlung
Vor längerer Zeit war der geheimnisvolle "The Raven" als Meisterdieb in aller Munde, bis er von Polizeiinspektor LeGrand gestellt und getötet wurde. Doch einige Jahre später wird aus dem British Museum in London ein wertvoller Edelstein gestohlen. Am Tatort findet man eine Rabenfeder - das Markenzeichen des berühmten Meisterdiebs.
Der gestohlene Edelstein sollte eigentlich gemeinsam mit seinem Pendant ins Museum nach Kairo verschifft werden, um dort das Highlight einer Ausstellung zu sein. Doch nun befürchtet man, dass der Täter auf dem Weg dorthin erneut zuschlägt und auch den zweiten Stein entwendet. Inspektor LeGrand soll den Transport des Steins überwachen.
Die Reise führt mit dem Orient Express nach Venedig und von dort mit einem Kreuzfahrtschiff nach Kairo.
Mit im Zug sitzt der einfache schweizer Wachtmeister Jakob Zellner - nicht unbedingt der klassische Videospielheld: Ein dicker Bauch und eine Halbglatze zieren den in die Jahre gekommenen Mann, der sich auf seiner Wache zu Tode langweilt und von dem einen großen Fall seines Lebens träumt. Seine Chance scheint gekommen...
Eben jenen Zellner steuern wir im ersten von drei Kapiteln im Spiel und versuchen, Inspektor Legrand davon zu überzeugen, dass wir bei seiner Arbeit, den Diamanten zu bewachen, eine großartige Hilfe sein können. Der ist von der Idee zunächst nicht eben begeistert, aber vielleicht können wir ja mit eifrigen Ermittlungen im Orient-Express Pluspunkte erzielen?
Im zweiten und dritten Teil des Spiels steuern wir jeweils andere Charaktere. Mitunter erleben wir dann bereits bekannte Handlungsstränge aus neuer Perspektive.
Natürlich treffen wir im Verlauf des Spiels auf einige NPCs, darunter ein etwas unheimlich anmutender deutscher Arzt, ein österreichischer Geiger, eine stark an Agatha Christie erinnernde Autorin von Detektivromanen mit ihrer Assistentin und deren Sohn und noch einige andere mehr. Könnte einer von ihnen etwa der lange Zeit tot geglaubte Rabe sein?
Das Ganze wirkt wie ein klassischer Detektivroman zum Spielen. Jeden Augenblick erwartet man, Hercule Poirot oder Miss Marple um die Ecke biegen zu sehen.
Gameplay
"The Raven" zeichnet sich durch klassisches Poin & Click-Gameplay aus: Gegenstände finden, kombinieren und zu Rätsellösungen verwenden; Dialoge führen und daraus die nötigen Schlüsse ziehen. Wichtiges wird automatisch in einem Notizbuch festgehalten, das wir jederzeit konsultieren können.
Für das Lösen von Rätseln und Fortkommen im Spiel erhalten wir Punkte. Diese können wir einsetzen, um uns Hinweise auf Problemlösungen geben zu lassen, wenn wir mal nicht weiterwissen oder uns auf Knopfdruck alle wichtigen Punkte in einem Raum anzeigen lassen. Gebraucht habe ich das freilich nie: Zum einen gibt es keine wirklich fies versteckten Gegenstände, die man nicht auch so entdeckt und auch die Rätsel sind nicht so schwer, als dass man sie nicht auch von selber lösen könnte.
Die Rätsel in "The Raven" sind genau der Punkt, der darüber entscheiden kann, ob das Spiel für einen potenziellen Käufer das richtige ist oder nicht. Wer auf knackige Kopfnüsse steht, über denen man Stunden und Tage lang grübeln kann und muss - der wird bei diesem Spiel nicht fündig. Diesbezüglich ist das Spiel sehr einsteigertauglich. Nicht selten liegt der zur Lösung eines Rätsels benötigte Gegenstand unmittelbar neben einem. Dabei sind die Rätsellösungen so logisch, dass man für gewöhnlich sofort weiß, wofür der eben gefundene Gegenstand vonnöten ist.
Das sorgt nicht unbedingt für große spielerische Herausforderung, hält aber dafür die liebevoll erzählte Geschichte im Flow. Und die ist durchaus spannend, will man doch unbedingt herausfinden, wer der Rabe ist oder vielleicht der, der sich für ihn ausgibt.
Am Ende eines jeden der drei Kapitel wird unsere Leistung vom Spiel beurteilt. Wieviele Rätsel wurden gelöst? Wie oft wurden Hilfen eingesetzt? Wurden die richtigen Schlüsse in Gesprächen gezogen? Das ändert meines Wissens nichts am weiteren Spielverlauf, entscheidet abewr darüber, ob wir das eine oder andere Achievement erhalten oder nicht.
Technik und Steuerung
The Raven ist sicher kein grafisches Highlight, wurde aber durch die Remasteredfassung doch ordentlich aufgehübscht. Wir steuern unseren jeweiligen Charakter durch eine 3D-Umgebung, was nicht von Schaden ist. Die Charaktere wurden in der deutschen Fassung hervorragend vertont, wir erkennen einige bekannte Synchronsprecher, die ihre Sache richtig gut machen.
Dazu erschallt orchestrale Musik aus den Boxen, die in seltenen Fällen etwas unpassend wirkt, im Großen und Ganzen aber sehr ordentlich arrangiert ist.
Das einzige Manko für mich bei der sonst komfortablen Steuerung: Möchte man einen Raum verlassen, indem man mit der Maus an den unteren Rand des Bildschirms klickt, öffnet sich gleichzeitig das Inventar. Dadurch verklickt man sich schon das eine oder andere Mal. Das ist aber nicht gravierend.
Alles in allem wird das Spiel sehr ordentlich präsentiert.
Persönliches Fazit
Ich habe "The Raven" eher zufällig in meiner Steam-Liste entdeckt. Vermutlich war es irgendwann Teil eines Bundles, als ich es erworben habe. Eigentlich wollte ich nur mal kurz reinschauen, was das für ein Spiel ist - und bin hängen geblieben. Die ersten vier Stunden, gleich bedeutend mit dem ersten Kapitel, vergingen direkt fast wie im Fluge. Jede Äußerung eines NPC wurde unter die Lupe genommen, alles registriert, was einen Verdacht auslösen konnte. Ich WAR dieser dickbäuchige Wachtmeister, der beim Inspektor um seine Chance kämpfte.
Dabei stört mich auch gar nicht, dass die Rätsel eher Kindergeburtstag waren - schließlich war mir viel wichtiger, wie die Geschichte weitergeht. Und da werden sich bei The Raven die Geister scheiden: Wer anspruchsvolle Rätsel von einem Adventure erwartet, der sollte lieber einen weiten Bogen drum machen, denn die gibt es kaum.
Wer dagegen Krimis liebt und in die Geschichte und ihre Charaktere eintauchen möchte, der bekommt insgesamt knappe 10 Stunden lang gute, entspannende Unterhaltung mit mancher überraschender Wendung geboten. Und genau diesen Spielern kann ich "The Raven" durchaus ans Herz legen.
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