Lara Croft dreht eine Ehrenrunde

Das Remake aus 2007 zum Jubiläum des Originalspiels von 1996 ist überraschend gut, spielerisch anspruchsvoll und auf jeden Fall einen Blick wert.

von Threepwoodfan am: 13.12.2019

Remakes sind oft einfach Mist!

Es ist zum Einen eine Bankrotterklärung der Kreativität."Ja fällt denen denn nichts Neues ein?" Zum Anderen lässt die Nostalgie zurückliegende Ereignisse in unserer Erinnerung oft besser erscheinen, als sie tatsächlich waren, so dass diese Neufassungen es schwer haben, das Gefühl von damals wieder einzufangen und deshalb oft mit einem "kommt nicht an die Qualität des Originals heran" beurteilt werden.

Außerdem war sowieso "früher alles besser". Und Omma hatte immer gesagt : "Wieder aufgewärmt schmeckt nur Gulasch."

Abseits dieser -natürlich nicht ganz ernst gemeinten- Klischees, ist ein Remake manchmal schon sinnvoll, zum Beispiel, wenn das Original nicht mehr ohne Weiteres verfügbar ist oder es technisch einfach deutlich überholt ist.

So sah Lara damals aus. Das Mosaik hinter ihr ist übrigens eine Felswand.

Dies trifft auf das originale Tomb Raider von Ende 1996 durchaus zu: es handelt sich um ein MS-DOS-Spiel, welches heute unter Windows nicht mehr ohne Weiteres zum Laufen zu bewegen ist und die pixelige Würfelwelt von damals wirkt heutzutage natürlich antik und wenig einladend.

Daher war die ursprüngliche Idee der Lara Croft-Erfinder von Core Design, nach etwas über 10 Jahren ein Remake von Tomb Raider zu erschaffen, schon nachvollziehbar. Eidos als Publisher gefiel die Idee zwar, sie wollten dieses Spiel dann aber doch lieber von Crystal Dynamics produzieren lassen, dem Studio, welches für sie nach Core Designs Angel of Darkness-Flop, bereits mit dem durchaus erfolgreichen Tomb Raider Legend die Marke wiederbelebte.

Zugegeben, nachdem ich vom spielerisch für mich eher enttäuschenden Tomb Raider Legend, einem Grafikblender Marke "Tomb Raider light...hübsch, anspruchslos und schnell durchgespielt"...nicht begeistert war, hatte ich eigentlich kein Verlangen, nun Crystal Dynamics Nachfolgetitel Tomb Raider Anniversary auszuprobieren.

Aber natürlich war es interessant, den Klassiker von 1996 in aktuellerer Grafikpracht zu sehen und laut Hersteller sollte dieses Spiel kein 1:1 Remake sein, sondern eher eine Neuinterpretation der Story um Lara auf der Suche nach dem Scion von Atlantis. Viele Schauplätze sind ähnlich und wiederzuerkennen, vieles ist aber auch neu und das Gameplay deutlich moderner.

Als ich im ersten Level, welcher tatsächlich sehr vetraut wirkte und grafisch überzeugte, dann zum erstem Mal auf eine dieser Gameplay-Änderungen namens "Adrenalin Move" stieß, einer Zeitlupen-Ausweich-Kopfschuss-Aktion, welche, wie ich fand, in einem Tomb Raider Spiel völlig deplatziert wirkte, war es mit der Begeisterung über dieses Spiel auch schnell wieder vorbei.

"Was ist das denn für ein Murks?"uninstall...

Jahre später hab ich nun doch noch ins Spiel reingeschaut und nachdem ich es jetzt durchgespielt habe, kann ich sagen...ich lag falsch.

Lara kann sich sehen lassen, die Grafikabteilung überzeugt auch diesmal wieder

Story

Abenteuerin Lara Croft wird von einer Industrie-Chefin beauftragt, das Scion, ein seltenes Artefakt aus Atlantis, zu finden. Da bereits Laras Vater früher genau nach diesem Relikt suchte, sagt sie interessiert zu. Die Auftraggeberin setzt allerdings zeitgleich noch weitere Schatzsucher auf das mächtige Artefakt an, welche außerdem sicherstellen sollen, dass Lara nicht zuviel darüber herausfindet.

Das reichte 1996 als Grundlage, um zu rechtfertigen, warum Lara Croft sich durch jede Menge toller Level hangelt, klettert, hüpft und schießt und auch 2007...genau wie heute...ist das als Aufhänger für eine Jagd durch Peru, Griechenland und Ägypten völlig ausreichend.

Bewährte Technik

Die Engine von "Tomb Raider Legend" bildet auch in "Anniversary" die Grundlage, grafisch ist es ein, für das Erscheinungsjahr 2007, gutes Spiel. Die im Original zweckmäßige Klötzchengrafik von damals wird von zeitgemäßen Bildschirmauflösungen abgelöst und natürlich um Antialiasing und Breitbildmodus ergänzt.

Allerdings fehlen diesmal die so genannten Next-Gen-Grafikeffekte aus dem direkten Vorgängerspiel. Anniversary begnügt sich mit dem Standardgrafik-Modus aus Legend, welcher aber völlig ausreicht und dafür wohl auf jedem heutigen PC in guter Geschwindigkeit gespielt werden kann. Sowohl Lara als auch ihre Gegner sind alle klasse animiert, da ruckelt nichts. Das Spiel setzt seine teilweise ziemlich großen Level mit durchaus brauchbaren Partikel- und Beleuchtungseffekten klasse in Szene. Der Tiefenschärfen-Überbelichtungs-Effekt sorgt immer wieder für tolle Bilder, wenn Lara zum Beispiel aus einem dunklen Gang zurück an in Tageslicht getränkte, freie Flächen kommt.

Nach langer Zeit im Schatten endlich wieder etwas Sonnenschein. War das Outfit also doch passend gewählt.

Die Sounduntermalung ist stimming, die dramatischen Musikstücke bei Gefechten mit Gegnern sind passend. Die Lokalisation hat die vom Vorgänger gewohnte, gute Qualität.

Die Steuerung ist frei belegbar, das Spiel lässt sich gut mit Maus und Tastatur durchspielen. Für Tomb Raider Puristen von früher, gibt es nicht nur eine Rückkehr zum Drehmenü im Inventar, auch kann nun bei Bedarf das automatische Festhalten an Kanten aus "Legend" wieder abgeschaltet werden, um wie damals im alten Spiel, die Figur direkter zu steuern. Genauso lässt sich die automatische Zielerfassung der Waffen den Wünschen anpassen.

Bei Lara zuhause ist jetzt auch die Gartensaison eröffnet. Und falls in England die Sonne ausnahmsweise einmal nicht scheint, kann man die Sonnenuhr immer noch zu einem modernen Grill umbauen.

Croft Manor

War, meiner Meinung nach, der als Tutorial angelegte, zusätzliche Trainingslevel in Laras Zuhause in Legend tatsächlich noch das spielerisch anspruchsvollste Highlight des gesamten Spiels, ist es hier in Anniversary qualitativ nicht anders. Mit dem Unterschied, dass in Anniversary im eigentlichen Spiel noch viele weitere Highlights folgen.

Eine kurze Suche nach Artefakten, bei der (fast) alle im Spiel benötigten Abläufe erklärt werden. Selbstverständlich stehen in diesem Remake im Foyer wie damals jede Menge Transportkisten aufgestapelt herum. Neu hinzugekommen ist der Zugang zum Garten des Hauses, komplett mit Hecken-Labyrinth. Später kann man in einem Austellungsraum die im Spiel gefundenen Relikte in Vitrinen bewundern. Guter Einstieg, sehr empfehlenswert, allein schon, um Laras neue Bewegungen kennenzulernen.

Eine spaßige Neuerung...der Mauerlauf ermöglicht neue Wege und trainiert gleichzeitig noch Laras seitliche Bauchmuskeln, daher die schlanke Taille.

Gameplay

Als jemand, der einige Gameplayentscheidungen, vor allem den zu geringen Schwierigkeitsgrad und die Vereinfachungen/Automatisierungen der Bewegungen in Tomb Raider Legend klar kritisierte, kann ich hier Entwarnung geben. Tomb Raider Anniversary ist überraschenderweise deutlich näher an einem klassischen Tomb Raider, als sein Vorgänger Legend.

Natürlich, das Grundgerüst ist identisch, das bedeutet, auch hier kann Lara im Vergleich mit den akrobatischen Weitsprüngen von früher nur kurze Hüpfer bewerkstelligen.

Aber offensichtlich hat Crystal Dynamics auf die Kritik der Fans gehört und einen anderweitigen Ersatz eingeführt: den Mauerlauf.

Konnte Lara im Vorgänger mit ihrem Metallgreifhaken am Seil zwar Dinge zu sich heranziehen und sich auch damit an Haken über Abgünde schwingen, was immer noch funktioniert, kann sie sich nun zusätzlich an einen Haken, der seitlich an einer Wand angebracht ist, einklinken und darunter an der Wand entlang laufen. Das funktioniert prima und ermöglicht deutlich weitere, anspruchsvollere Spünge: Auch ist die Laufgeschwindigkeit und die Länge des Seils, an dem Lara hängt, für den Ausgang dieser Mauerläufe entscheidend. Diese sehr gute Ergänzung macht einfach Spaß! In Kombination mit Laras bekannten Qualitäten im Hüpfen, Hangeln und an der Reck-Stange  ergeben sich diesmal tatsächlich einige Sprungherausforderungen, die eines Tomb Raider würdig sind.

 

Das blaue Symbol zeigt die Möglichkeit eines Mauerlaufs an. Die aus den Schlitzen auftauchenden, kreisenden Messer sind da anderer Meinung.

Außerdem hat man den Spung an einen senkrecht aufgestellten Holzpfahl erweitert. Konnte sich Lara früher nur daran festklammern und entsprechend abspringen, kann sie in Anniversary, wenn die Höhe und Bauform des Pfahls es erlauben, auch auf dessen Spitze springen, darauf balancieren und von Pfahl zu Pfahl springen. Springt Lara dabei etwas ungenau und droht abzustürzen, kann man dies, wie schon beim Festhalten an Kanten, noch schnell per Tastendruck korrigieren. Auch diese neue Sprungart funktioniert einwandfrei und sorgt für Abwechslung.

Manchmal kommt Lara nur per Pfahlsprung voran. Festes Schuhwerk empfohlen!

Das eigentliche Highlight, im Vergleich mit dem direkten Vorgänger, ist allerdings das fantastische Leveldesign von Tomb Raider Anniversary. Es päsentiert eine tolle Location nach der anderen, hier hat man sich wirklich Mühe gegeben. Oftmals betritt man einen neuen Ausgangspunkt, staunt über die Details und fragt sich tatsächlich wie früher, wie komme ich da hin? Eine entscheidende Verbesserung gegenüber Legend, bei dem der Weg meist sofort zu ersehen war.

Hier gibt es alte, bröckelnde Steinsäulen, an deren Vertiefungen sich Lara nach oben, vor- und um die Säulen herumarbeiten muss, um zu erkennen, wo es überhaupt weitergeht. Brücken müssen zunächst aktiviert, Wasserpegel gesenkt, Schalter müssen, wie damals, erst einmal erreicht werden, damit man voran kommt. Hier wirkt alles sehr durchdacht. Ob das Levellayout nun größtenteils der Vorlage von Core Design geschuldet oder auf Crystal Dynamics zurückzuführen ist, sei mal dahingestellt.

Simple "Kistenschieberätsel" wie noch bei Legend sind hier die Ausnahme.

Hier ist Rätseln und Springen in alter Qualität angesagt. DAS ist Tomb Raider!

Allerdings wird es zu keiner Zeit etwa übertrieben schwer, wer sich im Level etwas umsieht, wird keinen Punkt erreichen, an dem er nicht mehr weiter kommt.

Wo geht es weiter? Manche Wege sind wie damals nicht sofort offensichtlich.

Garniert wird das Ganze dann durch die grafische Darstellung der jeweiligen Spielorte. Ob nun im Kampf mit Damokles Schwertern, im Schatten einer gewaltigen Sphinx, oder im Inneren einer atlantischen Pyramide. Alles wirkt abwechslungsreich und überzeugend. Vor allem die Größenverhältnisse durch die erreichte Höhe, die man beim Klettern zurückgelegt hat, sind optisch beeindruckend.

Auch bei den im Vorgänger von vielen Fans vermissten, zeitgesteuerten Herausforderungen hat Crystal Dynamics nachgebessert. Es ist immer wieder spaßig, eine Sprungsequenz mit Zeitvorgabe, welche man zunächst für "unschaffbar" hält, nach einigen Versuchen und dem unvermeidlichen Anschreien des Monitors, dann schließlich doch zu schaffen.

Oftmals sind diese "Timed Runs" gut zur Erlangung einiger der Secrets im Spiel, im eigentlichen Spielverlauf trifft man sie nur selten an.

Die zu findenden Secrets haben im Gegenzug zu Legend auch eine Überholung erhalten. Die Bronzenen "Secrets", die keine waren, weil man sowieso im Lauf des Spiels über sie stolperte, hat man ganz gestrichen. Die Silbernen und Goldenen sind geblieben, heißen nun Artefakte und Relikte und dienen auch hier dazu, um freischaltbare Goodies im Spiel, vor allem die unterschiedlichen Bekleidungen von Lara, zu erspielen.

Silberne Artefakte sind manchmal offensichtlich, manchmal besser versteckt. Die goldenen Relikte sind klassisch gut versteckte Secrets, für die so manche Sprungeinlage mehr gemacht werden möchte.

Einfach mal so rumhängen und von oben die Gegend bestaunen. Das Leveldesign ist klasse.

Das Waffenarsenal Laras wurde gegenüber Legend etwas verändert: Die nutzlosen Granaten sind verschwunden, dafür gibt es nun neben den üblichen Doppelpistolen mit Endlosmunition und dem Gewehr zusätzlich noch eine stärkere 50 mm Pistole und eine Uzi mit hoher Schussfrequenz. Munition sowie Healthpacks, wie früher in kleiner und großer Ausführung, finden wir zur Genüge am Wegesrand. Die maximale Anzahl der Healthpacks, die wir bei uns tragen können, ist, anders als noch bei Legend, nun wieder unbegrenzt.

Die Zwischensequenzen mit Quick Time Events sind auch diesmal wieder mit dabei, ihr spielerischer Nutzen ist ebenso immer noch fragwürdig.

Von den aufgesetzt wirkenden Motorrad-Sequenzen aus Legend wird man zum Glück in diesem Spiel verschont.

Das Savesystem ist das Gleiche, wie beim Vorgängerspiel. Meistens gut gesetzte Savepoints mit der Möglichkeit, diese einzeln abzuspeichern. Auch wenn der Schwierigkeitsgrad etwas höher ist, echte Frustmomente wegen der Savepoints sind kaum vorhanden. Ein echtes Speichern jederzeit wie damals im originalen Tomb Raider auf dem PC war dann wohl doch zu retro.

Die Kämpfe mit den jeweiligen Endbossen sind herausfordernd und spannend. Mal mehr, mal weniger. Jeder der vier Endgegner braucht eine andere Taktik. Das war in Legend nicht anders, allerdings ist es hier ein eher durchwachsenes Erlebnis. Mehr dazu weiter unten.

Dreht Lara an der einen Säule, drehen sich auch die anderen. Noch zweimal rechts, dann ist es bestimmt richtig...hmmm...doch nicht...

Adrenalin-Murks? aber nein...nur eine extra Herausforderung

Der Kampf mit Gegnern, im Original von damals war es kaum mehr, als ein Dauerhüpfen mit Dauerfeuer, wurde im Remake deutlich überarbeitet. Dauerfeuer geht natürlich immer noch, ist aber eher langweilig und gegen Endgegner erst gar nicht sinnvoll, da der normale Angriff dort kaum Schaden verursacht.

Gute Neuerung: der Adrenalin-Move.

Man schießt hier nun also eine Zeit lang auf ein Tier, wir kämpfen fast nur gegen Tiere, bis dieses "wütend" wird, was akustisch und visuell angezeigt wird. Dann rennt das angeschossene Tier wie wild auf einen zu. Kurz vor einem angekommen, verschwimmt das Bild und das weitere Geschehen läuft aufgrund des "Adrenalins" in Zeitlupe ab. Mit einer Kombination aus Bewegung und Ducken weichen wir dem Tier aus und es tauchen zwei Fadenkreuze auf, die sich langsam über dem Kopf des Tieres treffen. Vereinigen sich die beiden Fadenkreuze, haben wir für einen kurzen Moment die Gelegenheit, mit einer einzigen Kugel den Gegner auszuschalten.

Klingt seltsam...funktioniert aber gut. Und zwar so gut, dass man die anderen Waffen im Spiel fast nicht benötigt, der Adrenalin-Move funktioniert auch mit der Standardpistole. Auch wenn wir später im Spiel von mehreren, stärkeren Gegnern gleichzeitig angegriffen werden, ist es immer sinnvoll, sich schnell einiger Gegner zu entledigen, statt ewig zu feuern und hinterher Healthpacks zu benutzen.

Hat das was in Tomb Raider verloren? Wohl eher nicht. Macht es die Kämpfe leichter? Sogar sehr! 

Und üben/einsetzen sollte man es das Spiel über sowieso, denn alle Endgegner in Tomb Raider Anniversary sind ausschließlich per Adrenalin-Move zu besiegen.

Nur noch 2 Kugeln im Lauf, aber dank Adrenalin Move reicht für diesen Gorilla sogar eine.

Nichts zu meckern? Alles super?

Nunja, es gibt auch einige weniger gute Dinge.

Der Croft Manor Savegame Bug von Legend ist in Anniversary tatsächlich übernommen worden. Der Fortschritt dort wird erst per Savepoint gespeichert, indem man einmalig das Hauptspiel direkt danach startet und dort zum ersten Savepoint vordringt, das Spiel verlässt und dann wieder Croft Manor weiterspielt. Danach funktionieren die Savepoints dort einwandfrei. Hat wohl was mit dem Spielerprofil zu tun. Da dieser Level aber als Tutorial von vielen zuerst gespielt und diese Vorgehensweise nirgends erwähnt wird, gehen manche wohl einfach davon aus, dass dort die Savepoints grundsätzlich defekt sind. Dass ein Fehler aus dem Vorgänger in einem Nachfolgespiel immer noch vorhanden ist, ist schon bemerkenswert.

Auch in Zusammenhang mit dem Spielerprofil sorgen die manuellen Savegames manchmal für Verwirrung, wenn es um gefundene Relikte und Artefakte geht. Gut an der Profil-Verknüpfung ist, dass einem somit die Möglichkeit gegeben wird, im "Replay" eines Levels nachträglich noch fehlende Secrets mitzunehmen und die Sammlung zu vervollständigen. Auch ist die Darstellung der gefundenen Secrets im Ausstellungsraum des Croft Manor anders wohl kaum möglich.

Allerdings: stürzt man zum Beispiel auf dem Rückweg von einem gefundenen Relikt in den Tod und lädt sein Savegame vom Zeitpunkt vor dem Fund neu, wird das Relikt dennoch als gefunden gewertet, obwohl man es ja eigentlich dann noch gar nicht gefunden hatte. Manchmal tauchen diese Secrets, obwohl ja schon im Spielerprofil als gefunden markiert, dennoch im Level nochmal auf.

Das Spiel benötigt keine Healthpacks. Ich habe das Spiel gänzlich ohne Einsatz von Healthpacks durchgespielt, da an jedem Savepoint die Gesundheitsanzeige von Lara wieder voll aufgefüllt ist, wenn man von dort neu lädt. In den alten Tomb Raider Spielen war das nur bei jedem Start eines neuen Levels der Fall. In Anniversary sind die Savepoints gut verteilt und bei jedem heißt es: Full Health! Auch bei einem Savepoint System gibt es Spiele, die dann wenigstens nur auf einen halb vollen "Lebensbalken" auffüllen, wenn die Spielfigur zum Zeitpunkt des Speicherns nicht unverletzt war.

Es gibt eine Sprungsequenz zum Ende des Spiels, die eine hohe Geduld und Frustresistenz voraussetzt.

Der Adrenalin Move wird weder im Croft Manor erklärt, noch ist man in der Sequenz am Anfang des Hauptspiels mit dem Bären, wo der Move per Texteinblendung vorgestellt wird, gezwungen, diesen auch per Adrenalin Move zu erledigen. Ich stand vor dem ersten Endgegner, wußte, dass ich ihm nur mit Adrenalin Move Schaden zufügen kann, hatte diesen aber zu diesem Zeitpunkt noch nie erfolgreich eingesetzt. Eine so wichtige Spielmechanik hätte man besser vorstellen können. Aber wenigstens war der Kampf mit dem T-Rex nicht zu schwierig und zum Üben genau richtig.

Hot Stuff! Aufpassen Lara...bei Hitze flimmert die Luft!

Level-Endgegner, speziell der finale Endkampf eines Spiels, sollen herausfordernd sein.

In Anniversary gibt es vier Endgegner, welche sich alle mit einer jeweils anderen Taktik besiegen lassen. Es ist dabei erwünscht und in Ordnung, wenn zum Beispiel die Durchführung dieser Vorgehensweise anspruchsvoll ist. Aber...es sollte dabei auch intuitiv sein, man sollte doch als Spieler zumindest ahnen, was man machen soll.

Dies war in Anniversary beim 1., 3. und 4. Endgegner auch eindeutig der Fall. Das Spiel zeigte einem durch Leveldetails oder Gegnerverhalten, was zu tun war.

Beim 2. Endgegner, einem Zentauren-Duo, mußte man allerdings etwas durchführen, was weder in einem Tomb Raider zuvor, noch in diesem Spiel in dieser Form vorher je gemacht oder gezeigt oder angedeutet wurde. Ich wußte nicht einmal, dass so eine "Aktion" überhaupt möglich war. Wer da von selbst auf die Lösung kam...Glückwunsch!

Beim Kampf gegen die 4. und finale Endgegnerin des Spiels war zwar auch intuitiv klar, welche Taktik zum Ziel führt, aber...                                         

                                                      ( SPOILER )                           
 ...der Schwierigkeitsgrad des Endkampfes wurde nichtsahnend vom Spieler per Tastendruck selbst bestimmt. Es ist nämlich ein deutlicher Unterschied festzustellen, in welche Richtung man den benötigten Adrenalin Move zum Ausweichmanöver durchführt. Dies war allerdings das bisherige Spiel über sonst nicht der Fall.

Es ist in Ordnung, wenn sich beim Endgegner die Regeln nochmal ändern, aber wenn eine, das gesamte Spiel hindurch perfekt funktionierende Spielmechanik zwar wie immer ausgeführt wird, hier nun aber unbegründet und ohne Erklärung einfach kaum noch zum Erfolg führt, geht man heutzutage eher von einem Bug aus, als von einer gewollten Gameplayänderung.

Ich habe es ausprobiert: es ist tatsächlich möglich, den Endkampf ohne Nutzung von Healthpacks mit Ausweichen ausschließlich in eine Richtung zu gewinnen. Sogar allein mit Ausweichsprüngen zur Seite, welche, entgegen zum restlichen Spiel, hier eher selten funktionieren. Macht den Endkampf nur unnötig länger und schwieriger als bei Sprüngen nach vorn, welche immer wie erwartet funktionieren.

Warum diese richtungsabhängige Effektivität des Adrenalin Moves plötzlich vorhanden ist und ob diese überhaupt so beabsichtigt war, bleibt wohl das Geheimnis von Crystal Dynamics.

Sicher, auch das konnte man irgendwann zufällig herausfinden, nachdem man sich über viele nicht erfolgreiche Adrenalin Moves nach rechts oder links gewundert hat, aber ein Beispiel für gutes Spieldesign ist das wohl nicht. 
                                                     ( SPOILER Ende )

So stellen für mich diese zwei genannten Bosskämpfe den "Fleck auf der ansonsten ziemlich weißen Weste" Crystal Dynamics in diesem Spiel dar. Allein durch etwas mehr Erklärung oder Feedback dem Spieler gegenüber, hätten hier Frustmomente vermieden werden können.

Wie so etwas besser funktionieren kann, haben sie ja durchaus bei den übrigen Bosskämpfen gezeigt.

Trotzdem bietet Tomb Raider Anniversary mit einer Spielzeit von über 13 Stunden insgesamt eine sehr unterhaltsame Wiederaufführung des Originals.

Fazit

Tomb Raider Anniversary ist alles in Allem ein gutes Spiel.

Als Remake funktioniert es, indem es viele Schauplätze in neuer Grafik wieder aufleben lässt und spieltechnisch wieder auf höherem Sprung- und Kletterniveau rangiert. Einige längere Passagen, welche damals im Original auch oft gleich aussahen, wurden gestrafft, dennoch bleibt die Geschichte erhalten.

Als Fortsetzung funktioniert es, da es die Grafikqualität und die Spielbarkeit des Vorgängers übernimmt und in einigen Bereichen sogar verbessert und erweitert. Die neuen Bewegungsarten Laras fügen sich prima ein, das neue Kampfsystem ist eine gute Ergänzung zum Dauerfeuer.

Die Suche nach den Scion-Teilen wird qualitativ hochwertig und kurzweilig präsentiert. Es macht Spaß mit Lara die alten Grabstätten und Tempelanlagen zu erforschen, nach Relikten zu suchen und Fallen aus dem Weg zu gehen.

Einige Kritikpunkte sind zwar vorhanden, aber das Positive überwiegt hier deutlich.

Wer damals von Legend eher enttäuscht war und deshalb bislang noch nicht bei Anniversary reingeschaut hat, sollte dies auf jeden Fall nachholen.

Dieses "aufgewärmte Gulasch" schmeckt immer noch ziemlich gut.

80/100


Wertung
Pro und Kontra
  • Für 2007 gute Grafikqualität mit brauchbaren Partikeleffekten
  • Hoher Wiedererkennungswert für Kenner des Originalspiels
  • Klasse Leveldesign mit einigen beeindruckenden Szenarien
  • Herausfordernde Sprung- und Klettersequenzen
  • Neue Bewegungsformen sehr gut in die Level integriert
  • Zusätzliche Herausforderung durch neues Kampfsystem
  • Spiel ist mit Maus und Tastatur sehr gut spielbar
  • Healthpacks sind durch häufige Savepoints quasi bedeutungslos
  • seltene Kameraprobleme

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(23)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.