Mehr Action - wenig RPG

FALLOUT 4 mag technisch ein Schritt vorwärts gewesen sein, spielerisch aber ging es gleich 5 Schritte zurück! Als Shooter ist FALLOUT 4 ganz passabel,...

von - Gast - am: 08.02.2018

FALLOUT 4 mag technisch ein Schritt vorwärts gewesen sein, spielerisch aber ging es gleich 5 Schritte zurück! Als Shooter ist FALLOUT 4 ganz passabel, als Rollenspiel überzeugt Bethesda's neustes Spiel eher weniger.


Mit FALLOUT 3 übernahm Bethesda Softworks das FALLOUT Franchise, das bisher als isometrisches RPG mit taktischen, rundenbasierten Kämpfen in den 90er Jahren durchaus überzeugen konnte. Statt aus Isometrie setzte man auf First Person 3D, statt auf taktische Kämpfe konnte man FALLOUT 3 entweder als puren 3D Shooter erleben oder per VATS-System das Spiel pausieren und gezielt Körperteile aviesieren, die dann in Zeitlupe als Filmschnipsel mehr (internationale Version) oder weniger (zensierte deutsche Fassung) imposant weggesprengt wurden.

(Noch) beibehalten wurde das RPG System mit Talentpunkten und Perks. Einen stark verbesserten Nachfolger (und für Viele berechtigter Weise das beste FALLOUT Game) FALLOUT: NEW VEGAS verbesserte das RPG System deutlich. Allerdings war es auch kein Bethesda Spiel mehr...

RPG-System über Bord geworfen!

Die erste grosse Enttäuschung - zumindest für mich - war im neuen FALLOUT die Entschlackung der ohnehin schon mageren RPG-Elemente, sogar unter SKYRIM Niveau: Beibehalten wurden zwar die SPECIAL-Attribute, die einzelnen Skills wurden aber ersatzlos gestrichen und die Perks stark vereinfacht. SPECIAL Attribute sind nicht mehr wirklich von Bedeutung: anders als in den Vorgängern kann man die SPECIAL Attribute bei jedem Levelanstieg steigern: eine 10 in jedem Attribut ist also gar kein Problem mehr (gähn). 

Leider hat man das Perk-System stark vereinfacht (verdummt): anders als bei NEW VEGAS haben Perks jetzt keine negativen Ausgleiche mehr, sondern nur positive Aspekte. Schade! Viele Perks sind auf einen spezifichen Spielstil zugeschnitten, sodass keine wirkliche Kustomisierung stattfindet.

Neu: VATS pausiert das Spiel nicht mehr, sondern versetzt es in eine Art Zeitlupe, durch die etwas hakelige Steuerung macht es das avisieren der Körperteile etwas schwieriger. Schade, aber FALLOUT 4 ist deutlich action-orientierter als seine Vorgänger.

Eine öde Story im Ödland

Das Problem das alle Bethesda Spiele plagt: der Hauptquest. Der Anfang spielt vor dem grossen Krieg und zeigt uns als Famielienvater (oder Mutter) mit einem Säugling. Als die Bomben fallen flüchten wir gerade noch rechtzeitig in einen Vault, wo wie in einen Kälteschlaf versetzt werden und so 100 Jahre verbringen.

In einer kurzen Wachphase werden wir Zeuge wie unser Ehegatte ermordert und unser Säugling entführt wird, bevor wie wieder eingeschläfert werden. Leider schaffte es Bethesda nicht hier eine Beziehung zu den Figuren aufzubauen. Das Sandkastenprinzip fordert einen auch geradezu auf, vom Hauptquest abzuschweifen und die zahlreichen Nebenquests in Angriff zu nehmen oder einfach nur umherzulaufen und zu erkunden. Dadurch schwindet letztendlich jede Dringlichkeit den Sohnemann zu finden und so langsam gerät er völlig in Vergessenheit. Schon wie damals in SKYRIM habe ich den Hauptquest nicht wirklich weit verfolgt (die Random-Drachen gingen irgendwann echt auf die Nerven!) und stattdessen einfach jeden Winkel von FALLOUT 4 versucht zu erkunden. Die Spielwelt erzählt letztendlich die bessere - wenn auch nicht hitverdächtige - Story.

Vergleicht man FALLOUT 4 mit FALLOUT: NEW VEGAS fällt auch noch das Fehlen von schwerwiegenden Entscheidungen auf - und zwar drasitisch. In F:NV gibt es wirklich mehrere Lösungswege für Situationen, auch wenn der Weg zum Hauptziel etwas aufgezwungen scheint (direkter Weg nach New Vegas durch sehr schwere Gegner versperrt), in F4 sind die verschiedenen Lösungswege fast nicht existent. Wer gerne als Raider unterwegs ist und Unschuldige meuchelt wird auch ein böses Erwachen haben, das fast ALLE NPCs unsterblich sind im Gegensatz zu F:NV. Händchenhalten der besonderen Art eben.

Zwiegespaltene Präsentation, sub-optimale Steuerung

Zwar hat Bethesda im Vergleich zum Vorgänger die Grafik deutlich aufgebohrt, auch unser Protagonist ist nicht mehr stumm, sondern spricht jetzt brav jeden Satz brav nach, aber die Charaktermodelle sind nachwievor unschön, die Animationen steif und einfach peinlich. Auch der Grafilstil gefällt mir gar nicht - viel zu kanllbunt für die Post-Apocalypse: es wirkt eher wie ein Tank Girl Comic Strip. Immersion ist nicht wirklich möglich.

Auch merkt man deutlich das FALLOUT 4 von vornerein für eine Konsolenumsetzung geplant war, das HUD ist übergross und hässlich, Optimierung ist kaum möglich und die Steuerung ist auch nicht wirkich optimal. Auch das Inventar ist arg konsolig und umständlich geraten.

Siedlungsbau und Crafting - Geschmackssache

Ein Novum in der FALLOUT Welt ist die neue Siedlungsbau-Option, die mit einem extrem nervigen (aber optionalen) Quest ganz am Anfang des Spiels verbunden ist. In der Spielwelt sammelt man Ressourcen und baut daraus seine Stadt oder Siedlung aus - auch mehrere an vorgegebenen Stellen.

Die Steuerung dabei ist extrem schlecht umgesetzt und erfrodert oftmals wiederholtes platzieren und verschieben. Auch wird vieles nicht wirklich erklärt und erfordert ein Youtube oder Wiki-Tutorial.

Die entsprechende Quest-Line ist eine der langweiligsten im ganzen Spiel, den unser neugefundener Freund Preston schickt uns an randomisierte Orte, in denen wir Siedler XY gegen Bad Guy ABC verteidigen müssen und dann Gebäude Z errichten müssen. Das ist sehr randomisiert und wird schnell langweilig.

Auch wenn es schön ist im Vergleich zu den Vorgängern eine Art Zuhause zu haben, habe ich mich damit begnügt mir selber eine Location zu suchen und diese auszubauen - ohne Mitbewohner!!!

Dieses Sammeln und Siedlungsbau ist nichtsdestotrotz eine willkommene Erneuerung, hätte aber wirklich noch ausgebaut werden sollen, vor allem die fummlige Steuerung hätter eniges an Optimierung vertragen können!

Das Crafting hingegen ist relativ gut gelungen. Wir können - mit den entsprechenden Perks! - fast jede Waffe oder jede Rüstung verbessern, sei es eine grössere Munitionskapazität oder wir kreiieren eine abgesägte MAD MAX II Schrotflinte bzw. eine TANZ DER TEUFEL Langschrotflinte! Groovy! Dazu müssen wir zahlreiche Crafting-Gegenstände sammeln, wie Metall, Holz, Motoröl oder eben technische Geräte die wir in Einzelteile zerlegen können.

Der Schwierigkeitsgrad...

...ist sehr unbalanciert und im Vergleich zu allen anderen FALLOUT Spielen sehr leicht. Gleich während der ersten 20 Minuten haben wir bereits unsere erste Power Armor, was die Balance deutlich aus der bahn wirft. Dann gibt es wieder etliche Stellen wo der Schwierigkeitsgrad aus unerklärlichen Gründen plötzlich ohne Vorwarnung in die Höhe schiesst: bei mir spawnt ab und an nahe dem Anfangsdorf ein Rad-Skorpion, der eigentlich in dem Gebiet nichts verloren hatte. Mein Charakter hatte gerade erst Level 2 erreicht...

Netterweise ist der Schwierigkeitsgrad der Kämpfe während des Spiels jederzeit anpassbar, sowohl nach oben als auch nach unten, in bester SKYRIM Manier.

Open World done right!

Wie von Bethesda gewöhnt überzeugt die offene Spielwelt durchaus. Man kann hier sicherlich einige 100 Stunden verbringen, wenn man über die Schwächen des Spiels hinwegsehen kann.

Wie schon in SKYRIM gibt es keine "Klassen" und die Spielweise ist offener als in allen anderen Spielen: man kann alles sein was man will. Ein Muskelprotz der mit einem Baseballschläger Gegner verdrischt? Nur zu. Ein fast unsichtbarer Ninja? Klar. Mad Max der Road Warrior? Hez es gibt sogar seine Lederkluft und einen Hundebegleiter! Es gibt sogar die Möglichkeit als Pazifist durchs Spiel zu wandern, wenn man über genügend Charisma verfügt und den entsprechenden Perk gewä hlt hat der einen zu eine Art Viech-Flüsterer macht. All das spricht für FALLOUT 4. Wer einfach einen riesigen Sandkasten sucht und eine Art Second Life die statt in einer Fantasy Welt eher in der postapokalyptischen Zukunft angesiedelt ist bekommt mit FALLOUT 4 ein zeitgemässes Update des 3. FALLOUT Spiels.

Quests und Dialoge weniger gelungen

Ein weiteres Manko sind die Quests, die sehr generisch und langweilig sind. Die üblichen Verdächtigen sind nachwievor im ungesunden Übermass vorhanden: Fetch-Quest, töte X Monster YZ Quests, beschütze X vor Y Monstern... alles in Massen vorhanden und langweilig wie eh und je.

Das Dialogsystem ist ist ebenso grottig: teilweise entspricht das gewählte Stichwort gar nicht dem was die Spielfigur letztendlich sagt und man sitzt da und flucht "NEIN! Das wollte ich doch nicht!" Nicht weiter schlimm, einer grosse Wahl an Interaktion haben wir sowieso nicht, lehnen wir einen Quest ab können wir uns natürlich jederzeit umentscheiden und den Quest-Geber erneut ansprechen.

Fazit

Der technisch aufgebohrt aber spielerisch entschlackter Nachfolger der Bethesda FALLOUT Serie ist im direkten Vergleich zu Obsidian's FALLOUT: NEW VEGAS eher einen Rückschritt darstellt: das RPG System wurde über Bord geworfen. Wer auf RPG-Elemente verzichten kann und eher an Action-Orientierten FPS Gameplay interessiert ist könnte aber viele Stunden in FALLOUT 4 verbringen, auch wenn es im Shooter Bereich viel bessere Alternativen gibt. Trotzdem tritt Bethesda hier auf der Stelle, im Open World Bereich hat sich inzwischen sehr viel getan, dagegen sieht FALLOUT 4 ein wenig altbacken aus.


Wertung
Pro und Kontra
  • Siedlungsbau willkommene Erneuerung
  • Crafting sehr gut umgesetzt
  • Grosse Bethesda-typische offene Welt frei erkundbar
  • schwache Animationen
  • optisch nichte gerade überragend, knallbunt
  • zu stark abgespeckte RPG-Elemente
  • sehr schwache Story, sehr schwache Quests
  • generell uninteressante bis nervige NPCs
  • schlechtes Dialogsystem
  • kaum Entscheidungsfreiheiten

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Oft, regelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



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