Neu ist nicht immer besser. Civilization 4: Colonization ist ein gute Beispiel dafür.

Colonization war seinerzeit vor allem Dank des Szenarios ein beliebtes Spiel. Die Neuauflage behält das nach wie vor gute und frische Szenario und versucht die...

von - Gast - am: 07.12.2008

Colonization war seinerzeit vor allem Dank des Szenarios ein beliebtes Spiel. Die Neuauflage behält das nach wie vor gute und frische Szenario und versucht die Spielmechanik zu modernisieren. An manchen Stellen gelingt das, an den meisten Stellen herrscht jedoch Rezession oder gar Rückschritt.

Starten

Nach der erfeulich einfachen Installation und dem Start des Spiels befindet man sich im übersichtlichen und schicken Hauptmenü. Die erste Partie ist schnell gestartet. Dabei fällt positiv auf, dass man jetzt nicht nur die Nation wählen kann, sondern auch eine von zwei Persönlichkeiten dieser Nation. Jede Nation hat einen Vorteil im Spiel, so bekommen Spanier zum Beispiel einen Angriffsbonus gegen Indianerdörfer (dass die Holländer ein Handelsschiff ansatt einer Karavelle bekommen, was gerade am Anfang ein großer Vorteil ist, wird allerdings nirgendwo erwähnt). Jede der Persönlichkeiten bietet dann noch einmal einen eigenen Vorteil, das ist deutlich mehr Vielfalt als beim Original. Auf diese Vielfalt muss man leider bei der Kartenauswahl verzichten. Firaxis liefert ganze 2 (in Worten: zwei) sogenannte Scripts mit, die Karten zufällig erzeugen. Man darf zwar die Größe bestimmen, das ist jedoch nur Augenwischerei, denn die Karten sind alle viel zu klein. Dazu später mehr. Eine Option, mit der man wie im Original Amerika besiedeln darf, fehlt ganz. Sind alle Optionen gewählt, geht es nach einer erfreulich kurzen Ladezeit direkt ins Spiel.

Ankommen

Zunächst sehen wir nur Wasser und unser Schiff. Dieses ist gerade mal mit einem Pionier und Soldaten beladen. So weit so Original. Wir schippern also gen Westen. Die Minikarte passt sich dabei stehts dem Gebiet an, was wir bisher erforscht haben. Wir haben also keine Möglichkeit am Anfang zu sehen, ob wir uns eher südlich oder eher nördlich befinden. Das bringt Atmosphäre, denn genau so muss es den Siedlern auch gegangen sein. Das Spiel blendet immer wieder nützliche Tipps ein, die man aber abschalten kann. Auch das ist quasi gleich zum Original. Als wir nach einer Runde auf Land treffen fällt auf, dass unsere Einheiten nicht mehr so weit sehen können wie im Original, das macht es schwer nur vom Schiff aus zu bestimmen, wo ein guter Platz für die erste Kolonie wäre. Überhaupt ist gerade die Standortwahl dank der neuen Grafik zum mühsehligen seriellen Suchprozess geworden. Während im Original eindeutige Symbole besonders rohstoffreiche Felder anzeigten, fehlen diese in der Neuauflage. Zwar wachsen auf solchen Feldern in der Neuauflage andere Pflanzen, leicht zu sehen sind diese jedoch nicht. Besonders Zucker- und Tabakvorkommen passen sich dabei perfekt wie in der Natur in das Grün der Landschaft ein. Tiere (Fellvorkommen) wirken eher wie eine hübsche Zierde denn wie ein Ertragreiches Rohstoffvorkommen. Und dann gibt es noch andere Tiere (die geben Nahrung). Also bleibt nichts anderes übrig, als mit der Maus über jedes Feld zu fahren, was genauere Infos hervorbringt. Flüssig und spannend geht anders.

Siedeln

Hat man dann endlich einen Platz gefunden, ist es Zeit, die erste Kolonie zu gründen. Die steht schon nach einer Runde. Wir können unsere beiden Siedler in ihr arbeiten lassen, oder nur einen während der Andere auf Erkundungstour geht. Dabei treffen wir schnell auf Indianer, die jetzt deutlich mehr Land besetzen und damit mehr ins Spielgeschehen rücken als im Original, wo sie bestenfalls ein nerviger Zeitvertreib waren. Allerdings ist selbst die größte Karte noch zu klein. Denn die drei anderen europäischen Nationen, die mit uns um die Wette unabhängig werden, wollen auch die besten Landstriche haben. Was in der Theorie spannend klingt, ist in der Praxis vollkommen misslungen. So haben wir dem Engländer gerade eine gute Position weggeschnappt und freuen uns, allerdings nur zwei Runden. Denn dann erweitert sich plötzlich das Einflussgebiet einer englischen Kolonie, die an einer vollkommen hoffnungslosen Position steht so weit, dass es die direkt an unsere Kolonie angrenzenden Felder überdeckt. Nur diese Felder kann die Kolonie für Rohstoffförderung benutzen. Allerdings können wir jetzt zwei Felder davon nicht mehr benutzen. Eine Erklärung, welchen Sinn diese Einflussgebiete haben, außer zu nerven, bleibt das Spiel schuldig. Das bedeutet Krieg!
Wir segeln also schnell nach Europa und kaufen Pferde, um unseren Soldaten zu einem Dragoner aufzurüsten. Mit diesem greifen wir nun die Engländer an. Im Original ein irrwitziges Unterfangen, in der Neuauflage jedoch dank der dummen KI und dem neuen Kampfsystem erschreckend einfach. Während im Original der Kampf anhand der Stärke zufällig entschieden wurde, haben Einheiten in der Neuauflage fast wie in einem Echzeitstrategietitel Lebenspunkte. Da unser Dragoner mehr hat als jede Einheit der Engländer wischt er mit ihnen den Boden auf. Wenn er mal zu angeschlagen ist, lassen wir ihn einfach ein paar Runden heilen. Und weil die anderen Nationen eigentlich nur nerven und Handel sowieso sinnfrei ist, fegen wir die gleich noch mit von der Karte. Dann brauchen wir auch mit Ihnen nicht mehr um die Kongressmitglieder kämpfen.

Produzieren

Endlich wieder Ruhe! Wir bauen also unsere Kolonie weiter aus. Dabei helfen religiöse Unruhen in Europa, die uns immer wieder neue Siedler bescheren. Produzieren wir Kreuze in der Kirche, geht das noch schneller, die Zeitintervalle werden jedoch immer größer. Die Siedler müssen wir in Europa abholen, also schicken wir unser Schiff mit den ersten Waren nach Europa. Dort angekommen, enttäuscht das Europa-„Menü“. Im Original war ein stimmungsvoller Hafen zu sehen und Siedler standen am Steg. Jetzt sehen wir nur braunen Hintergrund mit Kästchen, gähn!
Je nach vorhanden Rohstoffen können unterschiedliche Waren produziert werden, dabei kann jeder Rohstoff prinzipiell einmal zu einer Endware weiterverarbeitet werden, um mehr Geld zu bringen (bis auf Erz --> Werkzeuge --> Waffen). Gleichzeitig müssen wir Hämmer produzieren, um unsere Siedlung aufzubauen. Wer jedoch irgendetwas außer Waffen produziert wird bestraft. Man bekommt durch Schätze auch so genug Geld zusammen und Waffen braucht man später noch dringend.
Wie im Original können wir mit Pionieren (Siedler mit Werkzeugen) das Gelände verbessern um noch mehr zu produzieren. Allerdings kosten dieser Verbesserungen nicht mehr wertvolle Werkzeuge, sondern lächerliche 20 Gold, viel zu einfach! Dafür gehen die Verbesserungen vor allem mit unausgebildeten Pionieren quälend langsam.

Konvertieren

Die Interaktion mit den Indianern ist deutlich besser gelungen. Wir gründen Missionen, um durch konvertierte Indianer mehr Arbeitskräfte zu haben (allerdings kann man diese nicht kämpfen lassen, völlig unverständlich). Außerdem lassen wir unsere Siedler bei den Indianern ausbilden, damit sie Rohstoffe effektiver anbauen. Denn gerade diese Berufe können wir in Europa nicht „kaufen“. Allerdings kann es vorkommen, dass –obwohl man freundliche zu den Indianern ist– diese plötzlich den Krieg erkären und im selben Zug zwei unsere drei Kolonienen platt machen, Frust!

Revolutieren

Neben Waffen produzieren wir außerdem noch Freiheitsglocken, je mehr, desto unabhängiger werden unsere Kolonien. Das bringt vor allem Produktionsvorteile. Und auch hier ist das Balancing nicht gelungen. Während im Original jeder Siedler bei 50% Unabhängigkeit einen und bei 100% zwei Waren mehr produzierte, produzieren die Siedler in der Neuauflage die Hälfte der Unabhängigkeit als Bonus. Bei 100% also nicht 12 Waffen, sondern 18. Durch verbesserte Gebäude kommt man so schnell auf Produktionsraten von mehr als 50 Waffen pro Runde. Außerdem können wir die Unabhängigkeit ausrufen, sobald 50% oder mehr unserer Siedler die Unabhängigkeit befürworten.
Und genau hier versagt die Neuauflage auf ganzer Linie. Denn anders als im Original zählen hier nicht mehr die Kolonien, sondern alle Siedler. Wenn wir also 10 Siedler in der Kolonie haben und diese 100% Unabhängigkeit hat, und wir 10 Soldaten als Garnision stationiert haben, so haben wir 50% Unabhängigkeit. Da der König selbst auf der zweitleichtesten Schwierigkeitsstufe abnormal viele Soldaten hat, die uns alleine Zahlenmäßig um das dreifache überlegen sind, obwohl wir so viele Waffen haben, dass wir garnicht alle verwenden können, brauchen wir viele Soldaten als Garnision. Jedoch kann eine Siedlung nur begrenzt viele Siedler unterstützen oder uns geht die Nahrung aus. Damit können wir auch nur eine begrenze Anzahl an Soldaten als Garnision haben, oder wir können die Unabhängigkeit nicht ausrufen. Hier ist das Spiel unfair schwer.
Wenn es dann zum Unabhängigkeitskrieg kommt, dürfen wir zunächst unsere Verfassung bestimmen (also zum Beispiel Sklaventum erlauben). Das ist jedoch nur Augenwischerei, denn nach dem Krieg ist das Spiel sowieso gewonnen (auch wenn man weiterspielen kann). Der König rückt mit seiner Armee an und greift im Prinzip nur die Kolonien an, die am Wasser liegen. Dabei sind die Kämpfe animiert, jedoch bekommt man keine Rückmeldung warum welche Einheit wie gewinnt und wie stark sie ist und welche Boni/Mali sie hat. Das langweilt und artet in Rundenwegklickerei aus.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: schickes Wasser
  • Sound: Königsthemen
  • Balance: -
  • Atmosphäre: tolle Neue Welt Stimmung
  • Bedienung: aufgeräumtes Interface
  • Umfang: -
  • Startpositionen: immer neu
  • KI: versucht sich zu wehren
  • Einheiten: wie im Origianl, das reicht
  • Endlosspiel: Siedlung aufbauen motiviert
  • Grafik: hässliches Europa, unübersichtlich
  • Sound: Rest ist nervige dudelei
  • Balance: Wirtschaft, andere Nationen, König
  • Atmosphäre: -
  • Bedienung: unübersichtliche Hauptkarte
  • Umfang: nur zwei Mapscripts
  • Startpositionen: oft unfair
  • KI: dumm, dumm, dumm, dumm
  • Einheiten: Lebenspunkte
  • Endlosspiel: Original ist abwechslungsreicher

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

zu schwer

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 5, weniger als 10 Stunden



Kommentare(3)
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