Schaurig kaltes Erlebnis auf einem Eisbrecher

Nordpol, 27. März 1981. Der russische Junior-Forschungsassistent Alexander Nesterov begibt sich auf den Weg zum Atomeisbrecher North Wind, um zu...

von Firewind am: 16.12.2012

Nordpol, 27. März 1981. Der russische Junior-Forschungsassistent Alexander Nesterov begibt sich auf den Weg zum Atomeisbrecher North Wind, um zu untersuchen, was 1968 auf dem riesigen Schiff passiert ist. Wie kam es zu diesem Unglück? Was geschah mit dem Kapitän und seiner Crew?

 

Mit seinem Hundeschlitten fährt Nesterov mitten in einem höllischen Schneesturm. Da vorne! Endlich ist das Ziel zu sehen, doch plötzlich bricht das Eis unter ihm zusammen, er stürzt in die Tiefe. Kaum wieder auf den Füßen, setzt er schnell seinen Weg fort, aber wo geht es nur lang? Einer der Schlittenhunde hat sich anscheinend losgelöst, bellt ihm laufend zu und hilft ihm, den richtigen Pfad im Schneechaos zu finden. Endlich gelangt Alexander hoch oben über eine Lücke in den riesigen Eisbrecher. Und ab hier beginnt sein eisiges Abenteuer erst so richtig.

 

Gameplay

 

Das Wrack ist ein einziges großes Labyrinth und unser Wissenschaftler muss sich erst mal zurechtfinden. Mit einer Taschenlampe, die er zufällig findet, bringt er ein wenig Licht ins Dunkel. Mit langsamen Schritten bewegt sich unser Charakter durch die engen Gänge. Man kann förmlich die eisige Kälte spüren, was nicht zuletzt am doch ganz schönen Leveldesign liegt. Eisblumen zieren die Wände, Eiszapfen hängen an der Decke und der Bildschirmrand wirkt wie angefroren.

 

Während seiner Mission stößt Nesterov des öfteren auf tote Crewmitglieder, die sehr seltsam rot leuchten. Mit Hilfe seiner sogenannten Mental-Echo-Fähigkeit kann er die letzten Momente der Personen erleben und versuchen, den Fehler in der Vergangenheit rückgängig zumachen oder ihn zu verhindern. So müssen wir beispielsweise einen Brennstab auswechseln, ein Feuer im Maschinenraum löschen oder auf einen Tauchgang gehen. Auf diese Weise erfährt man auch nach und nach, welche Szenen sich auf dem Eisbrecher abgespielt haben. Stirbt man einmal bei so einem Versuch, probiert man es eben erneut. Leider kann man während dieser Szenen nicht speichern. Sehr nett gemacht: Einmal schlüpfen wir sogar in die Haut eines Eisbären, der vor Jägern aus einer Höhle fliehen muss. An anderer Stelle muss man aus der Sicht einer Kuh hilflos in einem Schlachterhaus zusehen, wie eine Kuh nach der anderen mit einem Fallbeil geköpft wird und der Körper in einen Schacht fällt, ehe einem dasselbe Schicksal ereilt.

 

"Die alte Isergil", eine Kurzgeschichte des russischen Schriftstellers Maxim Gorki, in der in einem Wald ein Stamm mit ihrem Anführer Danko lebt, der einen Fehler begeht und verraten wird, dient als Parallelgeschichte, die an die Erlebnisse auf dem Schiff angelehnt ist. In zahlreichen Notizen und Zeichnungen, die wir im Laufe des Spiels finden, lesen wir die Einträge des Kapitäns und Auszüge aus Gorkis Erzählung und finden heraus, dass es dem Kapitän genauso ergeht wie Danko.

 

Zu Beginn muss sich der Forscher mit seinen bloßen Fäusten wehren, später findet er jedoch Schlagwaffen wie Vorhängeschlösser, Ventile oder eine Axt. Das Kampfsystem erinnert stark an Condemned. Aber dabei bleibt es nicht. Alexander muss auch zu den Waffen greifen. Darunter befinden sich die Tokarev, die PPSh-41, die Nosin-Nagant und eine Leuchtpistole. Mit dem Patch, den man sich installieren sollte, haben die Entwickler auch eine sehr originelle Waffe eingebaut, den sogenannten Wasserwerfer. Für mittlere bis kurze Entfernungen eine buchstäblich coole Waffe, die so manchen Gegner umbringt. Man benötigt dafür nur genug Eiszapfen, die als Munition dienen. Es tauchen zwar nie mehr als ein oder zwei Gegner gleichzeitig auf, dennoch sollte man sehr sparsam mit der Munition umgehen, sonst muss man am Ende wohl oder übel mit Nahkampf auskommen und das kann gerade gegen bewaffnete Gegner mit dem Tod enden. Und da unser Held kein Soldat, sondern Forscher ist, geht das Nachladen seeeehr langsam. Ein Fadenkreuz fehlt natürlich auch, also muss gut gezielt werden, damit jeder Schuss sitzt.

Die Zahl der verschiedenen Kreaturen lässt sich zwar an einer Hand abzählen, doch dafür sind sie schaurig gut gestaltet. Anfangs haben wir es mit eher harmlosen und dummen Gegnern zu tun, später werden sie dafür umso gefährlicher.

 

Eine große Besonderheit des Spiels: Anstatt wie in anderen Spielen nach Medipacks oder Schmerzmitteln zu suchen, muss der Held nach Wärmequellen Ausschau halten, z.B. Feuer, Lampen, Heizungen oder heiße Rohre, erkennbar am roten oder weißen Glühen. Je nach Kältegrad der Umgebung (erkennbar an der äußeren Anzeige links unten) sinkt die Gesundheit des Charakters. Hält er seine Hände an die Wärmequelle, lädt sich seine Gesundheit und seine Ausdauer wieder auf. Da wird es einem schon beim Zuschauen richtig warm.

 

Da man die ganze Zeit auf einem riesigen Eisbrecher verbringt, ist natürlich auch nicht so viel Abwechslung geboten, was das Leveldesign betrifft. Der Aufbau ist ziemlich linear gehalten, man kann sich also nicht verirren. Dennoch gibt es ein paar sehr schöne Abschnitte und Schreckensmomente. In den letzten paar Kapiteln hab ich mich dann sogar ein paar mal gefragt: "Wie ist denn das jetzt möglich?" Besonders außergewöhnlich fand ich den "Endgegner" (sofern man ihn so nennen kann), den wir am Schluss besiegen müssen.

 

Es gibt zwar nur einen Schwierigkeitsgrad, doch dieser ist sehr fair gehalten. Einige Male musste ich zwar schon ins Eis... Pardon... ins Gras beißen, aber das war nicht allzu tragisch. Das Spiel speichert in regelmäßigen Abständen an bestimmten Stellen, man kann jedoch auch selber jederzeit frei speichern, das fand ich auch sehr gut.

 

Grafik

 

Schön anzusehen sind besonders die Auftaueffekte, etwa wenn die Eisblumen an den Wänden schmelzen und das Schmelzwasser runterfließt oder die Eiszapfen beginnen abzubrechen. Auch die Animationen der Charaktere und Gegner überzeugen. Allerdings ist der hohe Hardwarehunger nicht gerechtfertigt, denn die Grafik wirkt insgesamt doch ein wenig veraltet. Auf meinem Rechner (i5-760, GTX 660, 8 GB RAM) lief das Spiel meist bei 30 fps, selten bei 60.

 

Sound

 

Das Heulen des Windes, das Knarzen und Quietschen der schweren Türen, die grusligen Laute der Gegner beim Erscheinen, all das trägt zu einer hervorragenden Soundkulisse in Cryostasis bei. Auch die deutschen Sprecher klingen wirklich sehr gut. Auf Hintergrundmusik wurde gänzlich verzichtet, lediglich an einer Stelle lauschen wir einem Liedchen am Plattenspieler, am Ende bei den Credits vernehmen wir eine wunderschöne russische Musik. Großartig!

 

Fazit:

Brrr, das war ein echt eisig kaltes Erlebnis! Mit Cryostasis haben die ukrainischen Entwickler von Action Forms ein außergewöhnliches First-Person-Survival-Horror-Spiel erschaffen. Wer auf dumpfes Geballere und Nonstop-Action steht, ist hier vollkommen falsch. Cryostasis setzt auf eine dichte Atmosphäre und eine wunderbar erzählte Story. Ein echter Geheimtipp, den man sich einmal näher anschauen sollte.


Wertung
Pro und Kontra
  • - schöne Effekte
  • - sehr gute deutsche Sprachausgabe
  • - nie zu schwer
  • - freies Speichern, autom. Speicherpunkte
  • - einfache Bedienung
  • - 18 Kapitel
  • - Schlagwaffen und alte Schusswaffen
  • - zwei Handlungen, sehr schön erzählt
  • - sehr hoher Hardwarehunger
  • - nur ein Schwierigkeitsgrad
  • - kaum Wiederspielwert
  • - teils sehr öde Abschnitte
  • - anfangs eher dumme Gegner

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(6)
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