Solide gemachter Survival Horror

  Die Story Alan Wake ist ein erfolgreicher Schriftsteller, dem der Ruhm aber ein wenig zu Kopf gestiegen ist und seit zwei Jahren unter einer akuten...

von Flori der Fux am: 30.09.2012

 

Die Story

Alan Wake ist ein erfolgreicher Schriftsteller, dem der Ruhm aber ein wenig zu Kopf gestiegen ist und seit zwei Jahren unter einer akuten Schreibblockade und bösen Albträumen leidet. Unzufrieden mit sich selbst und seiner Situation, macht er sich und seiner Frau Alice das Leben unnötig schwer. Nach einer nächtlichen Eskapade erkennt er, dass das Maß voll ist, und dass seine Frau und er dringend Ferien brauchen, abseits von Parties, abseits von Interviews und Showauftritten, abseits von allem.

So setzen sich die beiden ins Auto und reisen nach Bright Falls, einem verschlafenen Örtchen in den Bergen Washingtons, wo sie sich eine kleine Hütte am See gemietet haben.

Doch schon die Ankunft in Bright Falls droht, ihrem Wunsch nach Erholung einen Strich durch die Rechnung zu machen. Das fängt bereits bei der Überfahrt des Cauldron Lake auf der Fähre an. Alan ist am Steuer eingenickt, und wird von einem besonders fiesen Albtraum heimgesucht, in dem er erst von einem Axt bewehrten Wahnsinnigen, dann von einer zerstörerischen Finsternis durch die Nacht gejagt wird.

Zum Glück weckt ihn seine Frau Alice, denn der Anleger von Bright Falls ist nicht mehr fern, und Alice möchte gern vor Verlassen der Fähre noch ein Foto von Alan machen. Dabei wird Alan ausgerechnet vom Moderator des örtlichen Radiosenders gesehen und direkt zu einem Interview in das Studio eingeladen. Dem Autoren ist schon klar, dass die Nachricht seines Aufenthaltes in Bright Falls nicht lange ein Geheimnis bleiben wird.

In der Stadt angekommen, macht Alan bei einem Schnellrestaurant Halt, um dort die Schlüssel für das gemietete Ferienhaus in Empfang zu nehmen. Dort wird er erst von einer lebensgroßen Pappreklame seiner selbst, dann von einer hysterisch begeisterten Kellnerin begrüßt, die ihn natürlich sofort erkennt, weil sie doch sein größter Fan sei.

Freundlich-genervt werden ein paar Worte gewechselt, dann macht sich Alan auf zu den hinteren Räumen des Lokals, wo sich der Inhaber Mr. Stuckey aufhalten soll. Alan will nur die Schlüssel, und dann nichts wie weg. Nun, statt auf Mr. Stuckey trifft Alan auf eine alte, wie eine Witwe schwarz gekleidete und höchst mysteriöse Frau. Diese überreicht Alan einen Haustürschlüssel, und Alan und Alice machen sich auf den Weg.

Das Ferienhaus, welches die beiden vorfinden, ist noch viel hübscher, als es im Prospekt beschrieben war, liegt es doch nicht bloß "am" Cauldron Lake, sondern auf einer kleinen Insel "im" See! Perfekt! Also richtet sich das Paar häuslich ein und freut sich auf eine entspannte, stressfreie Zeit.

Die Harmonie findet zum Abend hin jedoch ein jähres Ende. Alice hoffte, der Urlaub würde Alan dazu beflügeln, wieder zu schreiben, und überrascht ihn mit einer Schreibmaschine, die sie von zu Hause mitgebracht hat.

Alan ist davon alles andere als begeistert. Geradezu wutentbrannt stürmt er aus dem Haus, um seine Ruhe zu haben und allein zu sein. 

Plötzlich hört er von draußen seine Frau schreien. Die Lichter sind erloschen, und Alice hat eine Phobie vor Dunkelheit. Ein lautes Poltern, und Alan rennt zurück zum Haus. Auf dem Weg wird er von einer  Gruppe Vögel attackiert. Wieder schreit Alice um Hilfe. Alan stürzt ins Haus und findet die Hintertür geöffnet. Der schwarze See ist aufgewühlt, von Alice keine Spur. Alan rennt auf den Bootssteg , sieht noch schemenhaft seine Frau in der Tiefe verschwinden, und springt.

Erneut erwacht Alan aus einem Albtraum, wieder sitzt er am Steuer seines Wagens, doch der hängt über einer Klippe und droht, in die Tiefe zu stürzen. Rechtzeitig klettert Alan aus dem Wagen. Nur mit einer Taschenlampe in der Hand läuft er durch die Dunkelheit. Er weiß nicht, wie ihm geschieht, er weiß nur, daß er seine Alice wiederfinden muß.

Im Wald findet Alan einzelne Seiten eines Manuskripts, das seinen Namen trägt, aber das er nie geschrieben hat. Er sammelt die Seiten ein. Es sind Seiten einer Horrorgeschichte, und schon bald muß Alan zu seinem Entsetzen feststellen, dass die Zeilen dieser Geschichte vor seinen Augen wahr werden. Wahnsinnige, mit Äxten bewaffnete Gestalten, halb Mensch, halb Schatten, setzen ihm nach, und nur das Licht seiner Taschenlampe hindert sie, ihn zu töten.

 

Das Spiel


Alan muß Hilfe finden, soviel ist klar. Zunächst nur mit einer Taschenlampe, später auch mit verschiedenen Waffen kämpft sich Alan durch die von Nebelschwaden durchzogene Nacht des forstwirtschaftlich geprägten Wald- und Berglandes von Bright Falls. Ständig stellen sich ihm zu Schatten mutierte Waldarbeiter in den Weg. Die Taschenlampe blendet sie, bremst sie, und wenn Alan den Extra-Bright schalter der Lampe drückt, verletzt es die Schatten sogar ein wenig, doch aufhalten tut es die von Dunkelheit Besessenen nicht - sicher ist Alan nur in beleuchteten Gebäuden und im hellen Schein von Straßenlaternen.

Letztere stellen überdies Alans angeschlagene Gesundheit wieder her und fungieren nebenbei als Speicherpunkte, denn freies Speichern gibt es bei Alan Wake nicht. Die Savepoints aber sind meist in recht fairen Abständen platziert.

In verlassenen Häusern finden wir Munition, bessere Waffen, z.B. Revolver und Jagdgewehre, und immer wieder Manuskriptseiten, die oftmals darüber Aufschluss geben, was uns noch bevorsteht.

Auch im Wald stoßen wir des Öfteren auf Notfallkästen, denen wir neben Munition auch Leuchtfackeln und Batterien für unsere Taschenlampe entnehmen können.

Leider setzen die Ranger Washingtons zum Wohle des Steurzahlers auf billige Discounterbatterien, denn bei Gebrauch der Blendfunktion unserer Handlampe sind diese binnen Sekunden leergelutscht. Auch die Leuchtfackeln halten nur wenige Sekunden, doch egal wie viele Besessene uns auch zu Leibe rücken wollen - das gleißende Licht der Fackeln hält sie auf Distanz.

Darüber hinaus hat jemand unbekanntes Markierungen hinterlassen, die nur im Lichte der Taschenlampe sichtbar sind und uns zu Verstecken mit nützlicher Ausrüstung führen. Erst spät im Spiel finden wir heraus, wer der unbekannte Helfer ist.

Haben wir einen größeren Abschnitt in der Finsternis überlebt, wechseln wir immer wieder zu Tagabschnitten, die vor allem der Fortführung der Hauptstory dienen. Bei Tage sind wir vor den Besessenen und der Macht der Finsternis sicher, finden sogar Verbündete in Form des örtlichen Sheriffs und unseres hippelig-überdrehren und doch treuen Freundes und Managers, der aus Sorge um seinen Klienten nach Bright Falls reist, nachdem Alan tagelang nicht erreichbar war.

Doch die nächste Nacht kommt bestimmt, und mit ihr das Grauen. Stets auf der Suche nach Alice, führt uns Alans Weg durch die Story meist über Waldwege. Gelegentlich steuern wir auch Fahrzeuge, um vorwärts zu kommen. Doch selbst dabei sind wir vor den Besessenen nicht sicher, die im Verlauf des Spiels schnell stärker und widerstandsfähiger werden.  Außerdem, Hitchcock läßt grüßen, werden wir immer wieder von Vogelschwärmen angegriffen. Dennoch beschränkt sich die Auswahl an Gegnern über das gesamte Spiel auf etwa ein halbes Dutzend verschiedener Typen, die dann aber immer zahlreicher auftreten und angreifen.

Das erste Drittel des Spiels beginnt noch als klassicher Survival Horror, in einer Form, die dem im Spiel immer wieder erwähnten Stephen King sicher gefallen hätte. Unsere dürftige Ausstattung, die Dunkelheit ,die Visionen, die unverhofft auftauchenden Besessenen, all der Nebel... das hat Schockerqualitäten im Stile von Silent Hill. Spätestens im zweiten Drittel aber treten die Gegner zu häufig auf, zu massiv, zu vorhersehbar. Hier starb ich viele Bildschirmtode, hier zählte nur noch Action, statt Grusel bloß noch die Abwehr immer gleicher Gegnertypen und die Hatz zum nächsten Speicherpunkt. Ab diesem Punkt entwickelte Alan Wake ein ganz gehöriges Nervpotential, und meine Motivation nahm beträchtlich ab.

Der Spielverlauf ist streng linear. Kommen wir zu weit vom Weg ab, schickt uns das Spiel gleich eine Horde Besessener entgegen. Gefahrenstellen umgehen oder umschleichen? Fehlanzeige.

Unsere Feinde sind mitunter recht zäh, dabei schnell, tödlich und gerade bei größerer Zahl wahrhaftig hart zu bezwingen. In vielen Situationen kommen wir mit Waffengewalt nicht weiter, da hilft dann nur Rennen, oder eine Leuchtfackel nach der anderen. Apropos rennen, Alan Wake ist schlank und Mitte bis Ende 30. Etwa mein Alter. Ich hab's nicht so mit Sport, bin schnell aus der Puste, aber glaubt mir, wenn mir eine Horde beilschwingender Irrer auf den Fersen wäre, ich würde rennen! Alan hingegen ist nach gut 20 Metern ausgepowert und quält sich vorwärts, als hätte er einen Marathon hinter sich. Sowohl unrealistisch als auch ätzend. Überhaupt stellt sich die doch recht konsolige Steuerung in brenzligen Situationen nicht unbedingt als hilfreich heraus, ist etwas träge und hakelig.

Zudem sind nahzu permanent Batteriewechsel für die Taschenlampe und Nachladen unserer Waffe nötig. Gerade mit letzterem läßt sich Alan gerne Zeit. Oft genug habe ich dann wutentbrannt den PC ausgeschaltet und es für den Abend gut sein lassen.

Dann aber schließlich, mit Beginn des letzten Drittels, nahm die Story wieder Fahrt auf, sowie einige drastische, unerwartete Wendungen. Es ging wieder vorwärts, und das recht flott und beeindruckend. Ab da machte mir Alan Wake wieder sehr viel Spaß. Der Gruselfaktor steigerte sich zwar nur minimal, dafür die Spannung umso mehr. Das Finale schließlich hatte durchaus Gänsehautcharakter, war nicht schwer aber hätte tatsächlich einem Stephen King Roman entnommen sein können. Toll!

 

Präsentation


Man merkt Alan Wake die Konsolenherkunft schon an. Charaktere, Animationen, Wasserdarstellung sind nicht auf aktuellem Stand. Nichtsdestotrotz ist die Grafik wirklich sehr ansehnlich, gerade bei Tageslicht bieten die Wälder, Berge und Seen Washingtons einen wunderschönen Anblick, bei dem man gern einen Moment inne hält und genießt. Auf guten Mittelklasserechnern läuft das Spiel flüssig, und auch die Soundkulisse bietet keinen Anlass zur Kritik. Immer wieder kommentiert Alan das aktuelle Geschehen und seine Gedanken aus der Erzählperspektive, was der romanhaften Storyführung sehr zuträglich ist.

 

Fazit


Ich habe Alan Wake zusammen mit der autonom laufenden Erweiterug "Alan's American Nightmare" für etwa 7€ bei Steam erworben. Keine Frage, dafür habe ich eine Menge guter Unterhaltung bekommen. Auch der durchschnittliche Ladenpreis von etwa 30€ ist nicht zu viel. Alan Wake fängt erstklassig an, verkommt in der Mitte schmerzlich zum zähen Shooter mit Antiheld als Protagonisten, bis die Motivation fast auf null sinkt, schafft dann aber wieder den turn around und wird nochmal richtig spannend. In Summe macht das einen absolut soliden, wenn auch längst nicht perfekten Survival-Horror-Titel, der viele und sehr deutliche Anleihen aus Stephen King und Hitchcock-Stories, Twin Peaks und Silent Hill in sich vereint. Leider ist Alan Wake ein wenig kurz geraten - in weniger als 20 Stunden scrollt bereits der Abspann über den Bildschirm.

 

 


Wertung
Pro und Kontra
  • + Stephen King inspririerte Story
  • + tolle, romanhafte Inszenierung
  • + starker Einstieg, spannendes Ende
  • + günstiger Preis
  • - konsoliges Handling
  • - streng linear
  • - nerviger "Held"
  • - im zweiten Drittel starker Motivationsabfall
  • - relativ kurz

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(1)
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