Zweifelsohne ist die S.T.A.L.K.E.R-Saga eine der bekanntesten im Shooterbereich überhaupt. Ein rund um das alte Atomkraftwerk in Tschernobyl spielendes Hauptspiel sowie zwei riesige Add-Ons, gespickt mit Horror-, Survival- und Rollenspielanleihen. Und da diese drei Spiele auf GOG gefühlt jede zweite Woche reduziert zu haben sind, schnappte ich irgendwann zu. Zuerst war natürlich das Hauptspiel dran, also „S.T.A.L.K.E.R. – Shadow of Chernobyl“. Dreimal habe ich nun das Relikt von Entwickler GSC durchgespielt, um einen möglichst großen Eindruck zu erhalten. Und nun ist meine Meinung zum Spiel komplettiert. Ich habe das Spiel sehr genossen. Und dennoch ist meine Wertung zum Teil deutlich niedriger als die der anderen Schreiber. Warum, lest ihr im Test.
Von einem, der auszog und wieder zurückgeschmissen wurde
In der Welt von „Shadow of Chernobyl“ (ich nenne es von nun an lediglich noch SoC) ist das mit Tschernobyl so eine Sache. 1986 ging das Atomkraftwerk schon einmal hoch. Und 2006 anschließend noch einmal. Doch während die erste Explosion „lediglich“ halb Europa verseuchte und zu einem Umdenken im Bereich Atomenergie führte, kam es nach der zweiten Explosion in der gesamten Gegend um das Atomkraftwerk zu sehr merkwürdigen Erscheinungen. Anomalien entstanden, merkwürdige Kraftfelder, deren Existenz sich durch keine Form der Wissenschaft erklären ließ. Und sie bildeten wertvolle Artefakte, welche ihrem Träger mächtige Eigenschaften verleihen mochten. Es dauerte nicht lange und zahllose Menschen begannen, illegal in die Zone einzudringen, um an die unglaublich kostbaren Artefakte zu gelangen. Dann tat sich der Mythos von einer Maschine auf, welche ihren Sitz direkt im Platz des alten Reaktorblocks 4 einnahm. Diese Maschine sollte dem, welcher sie erreichte, einen Wunsch erfüllen. Doch so wertvoll diese Artefakte waren, so gefährlich wurde es in der Zone. Jeder hatte sein eigenes Interesse. Söldner, Banditen, verschiedene Fraktionen der entstandenen S.T.A.L.K.E.R und dann noch das Militär, jeder versucht, für sich das Beste herauszukriegen und da wird keinerlei Rücksicht auf die anderen genommen. Zudem wimmelt es in der Zone von Mutanten und Strahlung. Merkwürdige psychische Barrikaden machen es den Menschen unmöglich, weiter in die Zone vorzudringen, ohne den Verstand zu verlieren. Und dann sind da noch die gefährlichen Anomalien. Ehe man sichs versieht, frisst die Zone einen auf und kotzt einen wieder aus, bevor man es überhaupt registriert hat.
1 Diese vorgerenderten Sequenzen machen nicht viel vom Spiel aus, sind aber ganz gut gemacht.
Und offensichtlich hat es auch den Charakter erwischt, welchen ich übernehme. In einem der „Death trucks“ transportiert, ist er im Gegensatz zu allen anderen noch am Leben- und hat sein Gedächtnis verloren. Ein Händler rettet ihm das Leben. Auf seinem Arm sind lediglich ein „S.T.A.L.K.E.R.“ und ein „Kill Strelok“ tätowiert, weshalb er den Namen „Der Gezeichnete“ oder im Englischen „Marked One“ erhält. Doch was sagen diese Dinge aus? Wer ist dieser Strelok überhaupt? Was hat ihn in die Zone geführt? Das alles gilt es herauszufinden, doch die Antworten sind wesentlich komplexer, als man zu glauben vermag. Und auf dem Weg zu ihnen erwarten den Gezeichneten enorme Schwierigkeiten…
Diese Geschichte, welche so einige unerwartete Twists mit sich bringt, ist größtenteils sehr spannend erzählt. Ich muss mich durch eine riesige Welt schlagen und mir die Antworten dabei auch teilweise selbst zusammenpuzzeln. Mittels Cutscenes im Filmformat wird die Geschichte an den wichtigsten Punkten vorgetragen, der Rest ist dabei hauptsächlich in Textform wiedergegeben. Dadurch ist es einem Spieler möglich, das Ganze auch getrost zu überspringen, ich rate allerdings davon ab, denn die Welt von SoC ist sehr tief und detailreich aufgebaut. Man giert nach immer mehr Informationen, man ist immer mehr darauf versessen, was den Gezeichneten nun eigentlich ausmacht und wer er überhaupt ist. Das wird sehr gut vorangetragen, das Spiel schafft es dabei, durchweg an der Stange zu halten und bläht die Geschichte nicht so unnötig auf, dass es zu simplen Fortbewegen durch Quests wird. Die wenigen Charaktere, die es gibt, wirken überzeugend, sind aber dennoch klare Nebencharaktere, der Fokus liegt ganz klar auf er Reise des Protagonisten.
Sagen wir es einmal so: Storyfanatiker werden mit SoC nicht unbedingt glücklich, doch macht es mit der großen Tiefe und auch der Atmosphäre sehr viel Spaß. Es gibt viele Hintergrundinformationen und sogar mehrere Enden (öffnet die Augen für die Wahrheit…), sodass am Ende vielleicht kein Dragon Age, aber doch ein hoch interessant gestricktes Spiel herauskommt.
Im Leben eines Gezeichneten
Um das Gameplay von SoC zu beschreiben, habe ich diesmal einen etwas anderen Ansatz gewählt. Vielleicht versteht ihr die gewählte Aufteilung…
Suche und finde
Das gesamte Spielareal südlich des Atomkraftwerks ist in mehrere und äußerst große Level aufgeteilt. Jedes dieser Level birgt seine eigenen Gefahren und Besonderheiten. Das Level „Cordon“ besteht hauptsächlich aus einer langen Straße, einem Dorf und einigen kleinen Anlagen. Das Level „Garbage“ hingegen ist, wie es der Name schon andeutet, hauptsächlich aus riesigen Müllbergen zusammengesetzt und voller Radioaktivität. Später kommen Level aus gewaltigen und verlassenen Industriekomplexen und sogar Untergrundlabors hinzu. In diesen Leveln kann ich mich frei bewegen, allerdings gibt es viele Feinde, Anomalien und die Strahlung. Je weiter ich im Spiel vorankomme, desto schwieriger wirds. Der Widerstand wächst also, je weiter man sich Richtung Atomkraftwerk bewegt.
Überall in diesen Leveln lassen sich die Hinterlassenschaften toter Stalker oder Feinde finden. Oft werden diese markiert, dennoch ist es manchmal eine Herausforderung, an diese wertvollen Kisten oder Rucksäcke zu gelangen. Doch es lohnt sich, denn darin befinden sich Güter aller Art, die man immer gebrauchen kann. Besonders wertvolle Gegenstände sind aber oft nicht extra verzeichnet und man muss sie richtig suchen. Daher sollte man im jeden Level die Augen aufhalten…
Traue nur dir selbst
Das Questdesign von SoC versetzt keine Berge. Man nimmt eine Quest an, tut das, was man zu tun hat, läuft wieder zurück und kassiert die Belohnung.
Es gibt Storyquests, die führen durch ganz Tschernobyl und bringen nur bedingt Entlohnungen. Interessanter sind da schon die Nebenquests von verschiedenen NPCs. Sei es, dass man eine bestimmte Auftragsperson ermorden, etwas Bestimmtes beschaffen oder einem Dorf bei der Verteidigung helfen soll, die Aufgaben sind dabei immer echt simpel gestrickt, die Belohnungen aber verlockend. Oft weiß man nicht, was man bekommt, manchmal ists Geld, manchmal wertvolle Munition oder gar Artefakte. Sehr interessant ist hier, dass man Quests auch ablehnen oder verbocken kann. Das wird mit der Tatsache kombiniert, dass nicht jede Quest beliebig oft angenommen und abgelehnt bzw. verhauen werden kann. Hat man sich zu oft zu viel Zeit gelassen oder ist die Zielperson durch etwas Bestimmtes draufgegangen, was ich nicht verhindert habe, wars das. Man muss also selbst wissen, ob es die Quest wirklich wert ist…
2 So viel zu tun. So viel generisch. So viel auf Dauer nervig.
Dann gibt es noch die Quests zwischen den verschiedenen Fraktionen der S.T.A.L.K.E.R. (Duty und Freedom). Es kann sein, dass es die Beziehungen mit der einen Fraktion verschlechtert, wenn ich der gegnerischen helfe. Und je nachdem, wie es sich entwickelt, kann dies sogar Auswirkungen auf das Ende des Spiels haben. Insgesamt hätte hier aber mehr getan werden können, denn ich kann mich keiner Fraktion anschließen und auch keinen wirklichen Einfluss auf den Krieg zwischen den beiden Fraktionen nehmen. Das ist auf jeden Fall verschenktes Potential. Dennoch liegt es allein in meiner Entscheidung, was zu tun ist… denn ich weiß nicht, was das, was ich tue, letztendlich bewirkt. Ich muss meinem Bauchgefühl vertrauen.
Zuletzt gibt es dann noch die generischen Quests, die immer wieder zur Verfügung stehen. Sie sind kaum anders aufgebaut als normale Quests, schnell erledigt und für das schnelle Geld da. Das ist ganz nett, aber da die Gegner immer wieder nachspawnen und ich nicht gefragt werde, ob ich die Quest auch wirklich annehmen will, sondern mir diese einfach reingewürgt wird, empfand ich das nach einiger Zeit als ziemlich nervig, denn schnell ist das Questbuch mit Kram zugemüllt, mit dem man sich nicht weiter beschäftigen will. An der Stelle hätte der Entwickler nachbessern müssen.
Letztendlich wirkt das Questdesign gewohnt, mehr auch nicht. Das schadet dem Spiel nicht, kommt ihm aber auch nicht zugute.
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Anomalien und Artefakte
Die Zone ist ein einzigartiger Ort, und das liegt an den Anomalien und ihren Ausgeburten, den Artefakten. Quer über die Level verteilt gibt es diverse Anomalien, die sich in Form und Erscheinung allesamt verschieden sind, die aber eines teilen: Wer ihnen zu nahekommt, gibt den Löffel ab. Elektroanomalien jagen mir mehr Strom in die Birne als es jeder Blitz tun wird, Gravitationsanomalien quetschen mich zu einem ekelhaften Fleischhaufen zusammen. Sie sind überall und man kann sich nicht gegen sie zur Wehr setzen, außer ihre genaue Grenze abzuschätzen.
3 Sekunde. Ich muss mal kurz sabbern gehen.
Doch, das, was sie hervorbringen, ist essentiell zum Überleben. Anomalien werfen immer wieder Artefakte aus, und je nach Art der Anomalie werden auch unterschiedliche Artefakte geboren. Ein Artefakt bringt mir immer einen bestimmten Bonus, aber auch einen Nachteil mit sich. Da gibt es viele Beispiele. Das Artefakt „Stone flower“ beispielsweise kreiert ein Kraftfeld, welches mich resistenter gegen Kugelschaden werden lässt, allerdings verstrahlt es mich. Das Artefakt „Thorn“ kann da abhelfen, erhöht es doch die Blutbildung massiv und entstrahlt damit seinen Träger, allerdings erhöht es auch den Blutungsschaden stark. Und so geht es weiter. Ich muss an dieser Stelle genau entscheiden, wie ich meine Präferenzen lege, die Artefakte haben schon bald einen wichtigen Einfluss auf das Spielgeschehen. Maximal fünf davon darf ich gleichzeitig benutzen und daher kann ich kombinieren, wie ich Lust und Laune habe. Und da es von den meisten Artefaktsorten mehrere Stufen gibt, werden diese Dinger mit der Zeit immer und immer stärker und wertvoller. Das eine Artefakt mag mich am Anfang noch kaum entstrahlen, aber schon bald finde ich eines, das saugt mir die Strahlung schneller auf ein schwarzes Loch Materie. Manche Artefakte haben sogar nur positive Effekte. Aber sie sind sehr, sehr rar. Daher muss ich stets die Augen aufhalten, wenn ich etwas Besseres haben will. Das resultiert schon fast in einer Suchtspirale, denn es könnte immer noch ein geileres Artefakt geben, das mir noch mehr Vorteile bringt. Das motiviert richtig stark und ist richtig cool umgesetzt worden. Kombinieren, suchen, verkaufen, wieder kombinieren und immer stärker werden. Das macht Laune!
Leichtigkeit sei dein Freund
Doch in Tschernobyl warten nicht nur Artefakte. Ein Gezeichneter, wie ich es bin, braucht viel andere Dinge zum Überleben. Das fängt ganz klassisch bei Medipacks gegen geringe Gesundheit an. Komische Spritzen befreien mich von Strahlung (oder, alternativ kann man auch einfach Wodka saufen- ja, richtig gelesen, Wodka hilft auch gegen Strahlung!) und was zu essen brauche ich auch ab und zu, denn sonst siehts schlecht mit der Ausdauer und auch mit meiner Gesundheit aus. Und dann brauche ich noch Munition und am besten auch gleich Waffen dazu, denn das Klima in Tschernobyl ist rau.
Nicht zuletzt eine Rüstung, von diesen gibt es mehrere Varianten, von der einfachen Lederjacke bis hin zum fetten Exoskelett ist alles dabei. Die Dinger schützen vor mehreren Arten von Schaden (Kugel-, Bisswunden etc.) und unterscheiden sich sehr oft. Der luftdichte Laboranzug hilft prima gegen alles, was mit Strahlung oder Anomalien zu tun hat, muss gegen Militärpanzerungen aber klar den Kürzeren ziehen, was Kugelsicherheit betrifft. Umgekehrt hilft mir die Militärweste in stark verstrahlten Gegenden weniger gut weiter.
Da kommt letztendlich eine Menge an Zeug zusammen, welches ich rumzuschleppen habe. Es gibt aber ein Problem dabei- alles hat ein Gewicht. Munition, Waffen, Fressen, das alles drückt auf den Rücken. Und ich mag ein Gezeichneter sein, ein Lastesel á la Fallout bin ich jedoch nicht. Und die 50 Kilogramm werden sehr viel schneller erreicht, als man denkt. Überschreitet man den Wert, wird anfangs „nur“ die Ausdauer massiv eingeschränkt, ab 60 Kilo und mehr kann ich dann gar nicht mehr laufen. Daher sollte ein Stalker immer mit so wenig Krempel wie möglich unterwegs sein und den Rest einfach beim nächsten Händler verticken. Ich kann mit jeder Person handeln, doch nur Händler haben unendlich viel Kohle im Safe. Geldprobleme? So häufig, wie ich mit allem möglichen Krempel beladen reinging und leicht wie eine Fee wieder rausschwebte, konnte ich die gar nicht kriegen. Aber hey, ein Händler hat auch manchmal ganz heiße Ware auf Lager…
Kugelhagel samt Kratzwunden
Und das Zeug, das ich nutze, hab ich auch bitter nötig. Wo ich langtrete, will mir jemand ans Leder. Seien es Söldner, sei es das Militär, seien es andere Stalker oder Haufen von Mutanten, sie alle hassen mich. Zum Glück kann ich mich wehren. Ich darf immer eine Primär- und eine Sekundärwaffe gleichzeitig in der Schnellauswahl tragen und dann geht es ran an den Speck. Anfangs habe ich nichts anderes als eine popelige kleine 38er-Pistole und eine abgesägte Schrotflinte, bald kommen aber Maschinenpistolen, Sturmgewehre, Schrotflinten und Scharfschützengewehre hinzu. Oft verwenden Waffen verschiedene Munitionstypen, NATO-Waffen verwenden beispielsweise 5.56-Millimeter-Munition, russische Sturmgewehre greifen auf 5.45 zurück. Auf manche Waffen lassen sich Aufsätze wie Visiere oder Schalldämpfer schrauben, das kann Vorteile im Kampf bringen. Etwas störend ist an dieser Stelle, dass die meisten Waffen tatsächlich Sturmgewehre sind. Andere Waffentypen kommen im Spiel erst ziemlich spät. Scharfschützen oder Nahkämpfer gucken hier also etwas doof aus der Wäsche. Auch etwas komisch- Waffen gehen mit der Zeit kaputt und blockieren dann häufiger, können aber nicht repariert werden. Das ist übrigens auch bei Rüstungen so. Das hat insofern einen interessanten Sinn, als dass man nicht Ewigkeiten mit denselben Items rumlaufen kann, aber gerade die Rüstungen verschleißen schneller, als einem lieb ist. Und dann nicht reparieren können? Doof.
4 Diese Viecher... ich sage nichts Weiteres. Ihr werdet sie hassen.
Das grundlegende Shootergameplay ist halt so, wie mans von den meisten Shootern kennt. In Deckung bleiben, langsam vortasten, anvisieren, möglichst auf den Kopf ballern, nachladen, weiter vorrücken. Granaten sowie ein Messer können mir noch weiterhelfen. Die menschlichen Gegner verhalten sich dabei manchmal klug, manchmal aber auch blöd wie Bohnenstroh. Sie flankieren gerne und bleiben oft in Deckung, aber oft halten sie auch blöd ihre Köpfe raus und von alternativen Waffen wie Granaten scheinen sie auch nicht gehört zu haben. Und welche Art von Gegner man bekämpft, das wirkt sich nicht auf deren Verhalten aus. Das ist definitiv verschenktes Potential.
Die Monster sind da schon interessanter. Die hässlichen Mutanten haben ganz unterschiedliche Angriffsmuster. Snorks, verkrüppelte und verstrahlte Menschen, sind flink und springen mir gerne ins Gesicht. Bloodsucker machen sich unsichtbar, stürmen dann auf mich zu und beißen richtig stark. Und es gibt noch viel mehr von solchen Viechern. Die sind alle cool designt und konnten mir durchaus auch Angst einflößen. Super gemacht!
Erfahrenheit und dennoch kein Erbarmen
Doch eines steht gleich fest. Ich kann noch so viele Waffen mit mir rumschleppen, noch so dicke Anzüge tragen, noch so mächtige Artefakte besitzen, ich beiße dennoch schneller ins Gras als ich denken kann. SoC ist hart, teilweise verdammt hart und das sage ich als mittlerweile ziemlich erfahrener Zocker. Meistens reichen wenige Kugeln oder Bisse und ich bin weg, von Anomalien ganz zu schweigen. Und dann gibts noch Blutungsschaden, Strahlung, Hunger und so viele andere Sachen.
Das Balancing wirkt an manchen Stellen aber auch etwas merkwürdig. Gegner halten zig Kugeln aus und tragen die gleiche Ausrüstung wie ich. Und ich bin nach einer Salve weg vom Fenster. Das wirkt schon manchmal etwas komisch, wenn ein Bandit mit nix als einer Lederjacke bekleidet zwei Schrotpatronen frisst und immer noch nicht tot ist, aber ich drei, vier Pistolenkugeln abkriege und mindestens schwer verwundet bin. Und wenn ich einem Soldaten ein ganzes Magazin eines Sturmgewehrs in den Kopf pumpe und der gerade mal verletzt wird, aber ich mit stärkerer Panzerung nach wenigen Schüssen das virtuelle Zeitliche segne, dann ist das geradezu suspekt. Das bessert sich gegen Ende des Spiels etwas, aber gerade anfangs kann es extrem frustrierend sein.
5 Mag der Gegner noch so weit weg sein, mich erwischt er trotzdem. Kann ich das auch? Natürlich nicht!
Medipacks und Bandagen helfen weiter. Die langsame automatische Gesundheitsregeneration hilft nach kleinen Kämpfen weiter. Doch gegen solch heftige Gegner hilft nur Skill. Und Glück. Wer SoC spielt, muss schnell sein, gewitzt und immer die Position wechseln und selbst dann ist nicht garantiert, dass er es überlebt. Zum Glück kann man frei speichern und auch beliebig viele Speicherslots erstellen.
Renne und stirb
Es gibt daneben noch ein paar andere Krankheiten, die SoC plagen. Da das Spiel zum Großteil auf Open World setzt, wären solche Sachen wie Schnellreise mehr als angebracht. Die gibt es aber nicht. Ja, richtig gehört. Im riesigen Tschernobyl darf ich alles per pedes erledigen und das dauert. Es ist ziemlich ärgerlich, wenn ich eine Mission annehme und dafür gleich mal durch drei Level rennen darf. Dann spawnen unterwegs noch haufenweise Gegner nach und zack, man ist auf dem Weg gestorben. Ich weiß nicht, wieviel Zeit des Spiels ich damit verbracht habe, für irgendwelche Aufträge durch die Level zu rennen, aber es war definitiv zu viel. Da können die paar Artefakte, welche ich auf dem Weg aufsammele, auch nicht wirklich trösten, das Gerenne nervt und ist alles andere als spannend.
Zeit überspringen kann man übrigens auch nicht. Wer im Spiel also lieber tagsüber als mitten in der Nacht zockt, hat Pech gehabt.
Damit dürfte das Wesentliche erklärt sein. SoC hat sehr viele spaßige Systeme, die super funktionieren. Coole Gegner, das wilde Sammeln von Artefakten, immer bessere Ausrüstung, viele Level… das macht richtig Laune. Allerdings trübt sich der Eindruck recht oft, denn das ewige Gerenne, das manchmal merkwürdige Questdesign und die Balance versauen die gute Laune doch schon öfter. Doch der wichtigste und auschlaggebendste Punkt kommt noch. Dazu noch mehr.
Von Schönheit und Sterben
Die Zone. Die Gegner. Die heruntergekommenen Level. SoC ist ein düsteres Spiel. Alle hassen mich, niemandem kann ich so wirklich trauen, hinter jeder Ecke lauert der Tod. Doch gleichzeitig sind da Artefakte, diese unerklärlichen und so wertvollen Dinger. Tschernobyl ist eine Goldgrube und eine Falle des Todes zugleich. Und SoC kann das perfekt rüberbringen. Es belohnt mich, überschüttet mich geradezu mit Gold und im nächsten Moment lässt es mich keuchend und blutend in die Ecke kriechen, in der Hoffnung, dass die Gegner nun von mir ablassen. Solch eine Atmosphäre sieht und fühlt man nur selten. Und da sind noch mehr Sachen. Dunkle Gänge voller Monster lassen mich fast in meine Hosen… ihr wisst, was ich meine. Das verlassene und tote Prypjat lässt mich angesichts des menschlichen Scheiterns schaudern. Gegner jagen mir den Schweiß auf die Stirn. Ja, SoC ist ein Spiel der Emotionalitäten und weiß gekonnt damit umzugehen. Ich bin allein. Und muss mich gegen alle schlagen. Doch da winkt etwas am Ende, eine Sache, die all dies wert ist. Und das motiviert mich.
6 Die Elektroanomalie ist nicht das Einzige, was hier drin lauert...
Wer einen Shooter erleben möchte, der auf Beklemmung, Angst und so etwas wie einen Goldrausch setzt, der muss SoC unbedingt ausprobieren. Das Gemisch in diesem Spiel ist einfach einzigartig und noch nie habe ich so etwas bei irgendeinem anderen Spiel beobachten können. Alleine hierfür lohnt sich ein Blick in das Spiel.
Klingt ja also alles ganz gut. Geschichte, Gameplay, Atmosphäre… wo liegt nun der Hund begraben? Das klärt sich jetzt im nächsten Teil.
Die Käferplage von Tschernobyl
Getestet wurde auf zwei Systemen:
Kartoffel (i5-2510M, 6 GB RAM DDR-3 sowie Geforce GT 540 M mit 2gb DDR3-VRAM)
sowie
Teilchenbeschleuniger (i7-6700k ohne Übertaktung, 16 GB RAM DDR-4 sowie KFA2 GTX 1070)
Zuerst zur Grafik. SoC setzt auf die eigens von GSC entwickelte X-Ray-Engine, welche im Jahr 2007 noch auf DirectX9 bzw. 8.1 sowie Shader Model 3.0 setzte. Die grafische Qualität ist ganz in Ordnung. Die Sicht ist weit, die Beleuchtung kann überzeugen und auch die Texturen sehen für das Jahr ganz ordentlich aus. Ein paar Wettereffekte und HDR hübschen das noch auf. Die Level sind optisch abwechslungsreich gestaltet, Vegetation und sonstige Modelle sind auch ganz nett. Das mag nicht an Brocken á la Crysis heranreichen, für die sehr geringen Hardwareanforderungen reichts aber allemal. Bloß die Animationen hätten etwas besser sein können, allen voran die Gesichter der Charaktere sehen sehr beschränkt aus. Wenn andere Charaktere reden, sieht das teilweise aus, als würden sie einfach eine Fressluke rauf und runter bewegen. Hmm… ein Teil des alten Teams sitzt doch jetzt beim Metro-Entwickler… kommen die lahmen Gesichtsanimationen der Metroreihe etwa daher…?
Auch der Sound ist in Ordnung, die Waffen könnten etwas fetter klingen, aber der Rest ist in Ordnung und auch der Soundtrack hat so einige nette Sachen dabei.
Das eigentliche Problem (und das ist es, was ich die ganze Zeit andeutete) sind allerdings nicht Grafik oder Sound. Es sind die Bugs. Denn von denen hat SoC so unglaublich viele, dass ich teilweise das Gefühl hatte, eine Betaversion zu zocken. Und das auf der „neuesten“ Spielversion!
Manchmal waren es Grafikbugs. Manchmal waren Sounds nicht richtig zu hören oder selbst dann, wenn Gegner schon tot waren. Das ging alles noch. Doch manchmal glitchten Gegner durch Wände und knallten mich so ab. Nicht cool. Gegner sterben und verschwinden sofort, das ist auch unschön. Und jetzt gehts erst richtig los. Ich lade einen Spielstand und teleportiere mich aus dem Level raus, sodass ich es nicht mehr betreten kann. Quests lassen sich nicht abschließen, weil Gegner einfach weg sind oder weil sie auf merkwürdige Arten sterben, die das Spiel wohl nicht als Tode anerkennt. Und manchmal funktionieren Quests einfach nicht, obwohl ich alles richtiggemacht habe. Die Helligkeit des Spiels ist plötzlich komplett anders, weil ich es neugestartet habe, teilweise ist das Wetter plötzlich komplett anders. Kugeln fliegen durch Wände durch, durch die sie nicht fliegen sollten. Das Spiel stürzt beim Laden ab. Es stürzt bei Quests ab. Und manchmal stürzt es einfach so ab. Manchmal sterbe ich einfach an Ort und Stelle, ohne Fremdeinwirkung. Und allgemein wirkt das Spiel einfach unsauber programmiert. Manchmal betrete ich einen Level und direkt neben mir spawnen haufenweise Gegner, die mich aus dem Anzug pflücken, bevor ich überhaupt in Deckung rennen kann. Das Ganze hat sich wortwörtlich bis zum Ende gezogen, weil die Credits am Ende fehlerhaft formatiert waren und mit vertikal statt horizontal angezeigt wurden.
7 Liebend gerne würde ich hier die Beleuchtung und die Wandtexturen bewundern. Aber das Spiel will das irgendwie nicht.
Es mag sein, dass das Spiel auf modernen Systemen nicht mehr perfekt läuft. Doch viele der oben genannten Probleme konnte ich auf beiden Rechnern nachvollziehen. Das Spiel ist schon an sich schwer. Und wenn dann solche Sachen hinzukommen, wird es einfach nur noch nervtötend. Ich habe diese Momente, in welchen ich am liebsten die Tastatur in den Bildschirm geschmissen hätte, leider viel zu oft gehabt, das habe ich in so krasser Form bei kaum einem anderen Spiel erlebt. Warum, GSC? Warum so viele Bugs? Warum habt ihr das Patchen so früh eingestellt?
Fazit
Lang habe ich mit mir gehadert, welche Wertung ich dem Spiel geben sollte. Denn es macht sehr viele Sachen richtig. Die Geschichte ist toll, das Setting begeistert, die Atmosphäre genial und auch das Gameplay macht richtig Spaß. Und trotz all der Sachen wie fehlender Schnellreise, hohem Frustrationsgrad, zweifelhafter Balance, etwas merkwürdigem Questdesign, fehlender Schnellreise und noch einigen weiteren Kleinigkeiten hätte das Spiel locker eine 85 kriegen können, denn es hat ein Gerüst, wie es kaum ein anderes Spiel hat.
Doch letztendlich ist es die gnadenlos versaute Technik, die dem Spiel streckenweise das Genick bricht. Zu oft haben Bugs mich zum Brüllen gebracht, zu oft hätte ich das Spiel am liebsten von der Platte geschmissen, weil irgendeine Quest nicht lief oder es in einem wichtigen Moment einfach abrauchte. Der Ansatz „Ich belohne und bestrafe dich zugleich“ trifft nicht nur auf das Spielprinzip, sondern leider auch auf den ganzen Rest zu, gerade hinsichtlich der Technik. Zu oft musste ich mich einfach durchquälen. Und auch die Balance ist streckenweise ziemlich fragwürdig.
Ich habe mich deshalb dazu entschlossen, wegen der maroden Technik sieben Punkte abzuziehen, sodass das Spiel letztendlich bei 78 Punkten steht. Versteht das bitte nicht falsch, das Spiel ist grandios und für jeden Shooterfan oder Zocker, der auf Atmosphäre und ein cooles Setting steht, absolut empfehlenswert, daher kann ich trotzdem eine Kaufempfehlung abgeben. Doch haut euch Mods drauf (das Spiel besitzt einen ganz guten Mod-Support), welche das Gameplay abrunden und auch einige Probleme fixen. Denn ohne diese braucht ihr viel, viel Frustresistenz. Und das ist bei einem eigentlich so tollen Spiel doppelt schade. Vielleicht sind die Add-Ons hier durchdachter.
Achtung: Momentan Abwertung des Spiels um sieben Punkte wegen maroder Technik.
Bilder:
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5 http://www.posidyn.com/games/stalker/stalker-02.jpg
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