Zwischen Storybombast und Identitätssuche

Ich habe mir Mühe gemacht das Spiel gerecht zu bewerten. Cyberpunk ist ein Spiel welches sich jedoch nur schwer bewerten lässt, da es in einer Identitätskrise...

von MALI3U am: 03.02.2021

Das Projekt Cyberpunk 2077 von CD Project Red ist bereits seit 2013 bekannt und hat daher auch über die Jahre eine unglaubliche Erwartungshaltung der Fans entwickelt. Ich muss persönlich sagen, dass ich bis vor 2020 noch nie von dem Titel gehört habe und daher relativ unvoreingenommen bin. Jedoch habe ich bereits mehrere Tests gelesen, welche von diversen Problemen berichten. Das hier wird wohl mein ausführlichster Test bisher und auch der Test, der mir wahrscheinlich am schwersten fällt. Denn ich muss sagen Cyberpunk 2077 ist ein Spiel an dem Sich die Geister scheiden. Was ist dran an den Vorwürfen? Und was kann Cyerpunk und was eben nicht?

 

Präsentation und Grafik: Gespielt habe ich wie immer auf der Xbox Series X. Hierbei bestand die Option zwischen einem Performance Modus mit 60fps und einem Optik Modus mit 30 FPS. Die Wahl fiel mir nicht schwer, da ich das flüssigere Gameplay definitiv der Optik vorziehe. 30 FPS halte ich dann doch für etwas gering und seitdem ich einmal auf der Konsole die 60 geknackt habe, möchte ich diese auch nicht mehr missen. Außerdem konnte ich keine eindeutigen Unterschiede zwischen den Modi ausmachen. Ein flüssigeres Bild wirkt zudem auch nachgewiesener Maßen einfach schärfer. Doch nun zur Optik. Cyberpunk ist einfach ein extrem schönes Spiel. Auch auf der Xbox. CD Projekt Red schafft es die Welt um Night City sehr schön in Szene zu setzen. Die Straßen sind eng, die Gebäude hoch und die Werbereklamen hellleuchtend. Das Spiel schafft es perfekt eine Szenerie a la Bladerunner darzustellen. Gerade in der Nacht kann das Spiel dann durch seine hervorragende Raytracing-Technik und Lichtpräsentation, Night City erst richtig zum Leben erwecken. Charaktermodelle sind außerdem gut animiert. Gerade Gesichtsausdrücke können gut beeindrucken. Ich sage hier können, da man an vielen Ecken und Kanten merkt, wann der Spieler seine Aufmerksamkeit auf die Gesichtsanimation legen soll und wann nicht. So kann es vorkommen, dass wir teilweise in leblose, unanimierte Gesichter blicken, wenn diese gerade nichts zu sagen haben. Doch trotzdem haben wir hier ein sehr anspruchsvolles Spiel mit tollen scharfen Texturen, teilweise sehr guten Gesichtsanimationen und einer hervorragenden Lichtpräsentation.

 

 

Ja das ist ingame und ja die Stadt kann man erkunden

 

Gameplay: Kommen wir zu einem Punkt, welcher viel diskutiert wird. Das Gameplay wird in vielen Reviews zwischen grundsolide und absoluter Trash beschrieben. Ich würde es einfach als unausgereift und überladen bezeichnen. Doch was haben wir hier. Cyberpunk bietet mit einem Skill- und Fähigkeitenbaum auf. So verbessern wir einzelne Parameter über den Skilltree und erlernen zusätzliche Fähigkeiten über den Fähigkeitenbaum. Aufgeteilt sind die Skills in Stärke, Reflex, Intelligenz, technische Fähigkeiten und Coolness. Eine Verbesserung der Stärke sorgt für mehr Gesundheit und mehr Nahkampfschaden. Der Reflexwert steigert eure Geschwindigkeit und erhöht die Wahrscheinlichkeit auf kritische Treffer. Die Intelligenz lässt euch schneller hacken, während technische Fähigkeiten euch mehr Optionen für verzwicktere Hacks ermöglicht und der Coolnesswert verbessert eure Schleichfähigkeiten. Hinzu kommen wie gesagt die unzähligen Fähigkeiten, welche auch noch ausgewählt werden können, sobald wir ein entsprechendes Level in den oben genannten Skills erreicht haben. Und als wäre das alles nicht genug, bekommen wir on top nochmal ein Verbesserungsmenü (Cyberverbesserungen) für kaufbare (ingame Währung) Körperverbesserungen, welche ebenfalls eine bessere Sicht, weniger Rückstoß etc. bieten. Also all das, was wir sowieso schon über den Fähigkeitenbaum erlernen können. Das System funktioniert, doch bekommt man wirklich nur wenige spielverändernde Fähigkeiten mit. Ich habe mich selbst ertappt, wie ich einfach 5 Level ausgelassen habe, da es für mein Spiel teilweise kaum ein Unterschied ausgemacht hat. Des Weiteren habe ich wohl kaum einmal freiwillig den RipperDoc (so heißen die Stellen wo man für bare Münze zusätzliche Verbesserungen kaufen kann) aufgesucht. 

 

 

Bei Spielen wie Assassins Creed Odysee hatte man nur einen Fähigkeitenbaum, welcher einem zusätzliche Fähigkeiten erlernen lies, die dann aber auch tatsächlich neue Taktiken ermöglichten. Das haben wir bei Cyberpunk zwar auch, doch machen diese nicht so gravierende Unterschiede. Beispiel. Wir können manche Türen nur ab einem bestimmten Level an Stärke öffnen (gleiches gilt auch für technisches Verständnis). Haben wir dieses Level nicht, dann müssen wir meist einen anderen Weg einschlagen, welcher eine offensivere Taktik erfordert. Da die Gegner aber sowieso nur leichtes Kanonenfutter sind, macht es für uns kaum ein Unterschied ob wir Gang A nehmen und vllt. 1-2 Personen leise ausschalten bevor man bemerkt wird, oder ob wir direkt Gang B nehmen und die Gegner einfach komplett umholzen. Und wieso habe ich dann überhaupt noch ein Skilltree, wenn die wirklichen Gamechanger im Fähigkeitenbaum liegen? Oder doch eher bei den Cyberverbesserungen? Ihr seht, dass alles ist sehr verwirrend und irgendwann auch einfach zu viel des Guten. Hätte man das Ganze nicht zusammenfassen können? Dies hätte das Menü und das Verständnis der möglichen Funktionen/Verbesserungen definitiv schlanker und übersichtlicher gemacht. Man hätte zumindest ein Feature weglassen können um noch härter am Anderen zu arbeiten. So wirkt das System zu überladen und zu unausgereift. Manchmal ist weniger mehr.

 

Eine willkommene Abwechslung bzw. gute Lösung stellt hingegen das Gesundheitssystem dar. Mit steigendem Level haben wir auch einen größeren Gesundheitsbalken, was uns natürlich widerstandsfähiger für Angriffe macht. Sinkt der Balken auf 0 sind wir tot. Das ist soweit nichts neues. Jedoch bietet Cyberpunk keine automatische HP-Generation. Sinkt unser Balken, so müssen wir Medkits verwenden, welche uns zunächst direkt einen einmaligen Boost geben und dann über einen bestimmten Zeitraum langsam weitere HP-Punkte. Ich halte diese Lösung für ein sehr gutes Mittel, um im Kampf nicht overpowerd von 1 auf 200 zu springen. Gleichzeitig ist durch den direkten Boost nicht die unmittelbare Gesundheit gefährdet. Somit können wir im Kampf bleiben und sterben nicht, obwohl wir ein Medkit verwendet haben. Die Verfügbarkeit der Medkits richtet sich dabei natürlich auch nach Schwierigkeitsgrad. Jedoch habe ich zumindest das Gefühl, dass diese nicht immer ganz so rar gesät sind. Man hat für den Kampf also eigentlich immer genügend dabei.

 

Wie in einem echten Rollenspiel haben wir auch eine Tragekapazität. Trägt der Charakter zu viel, dann müssen Abstriche in der Beweglichkeit gemacht werden. Das Limit ist aber gleich zu Anfang so hoch gesetzt, dass man eigentlich sehr gut damit klarkommt. Erst sobald man anfängt wirklich alles mitzunehmen was man finden kann, wird die Traglast bemerkbar. Ich denke der Hauptaspekt liegt hier auch beim Verkaufen. Ohne eine Kapazität gäbe es keinen Grund Nebenmissionen etc. zu machen, da man genügend Geld durch den Verkauf von Waffen und anderen Gegenständen machen würde.

 

Wo wir schon bei den Nebenmissionen sind. Diese besitzen allesamt eine kleine Story und eben dann die Aufgabe. Wie man sich jedoch denken kann, sind diese Aufgaben repetitiv und somit irgendwann schnell langweilig. Rette Person XY, hacke den Server XY oder eliminiere Person XY. Wir haben hier nichts was wirklich raussticht, doch spielen sich die Missionen allesamt vollkommen ok. Sie stellen wie in anderen Spielen eben die willkommene Abwechslung dar.

 

Doch nun zu den Waffen und dem Schießen. Cyberpunk spielt sich als klassicher FPS mit Ironsights und vielen automatischen Waffen. Dabei spielen sich die Waffen jedoch fast alle gleich. Es macht kaum einen Unterschied ob ich jetzt ein schweres MG, ein Sturmgewehr oder eine automatische Pistole in der Hand halte. Der Rückstoß ist bei fast allen gleich und der Schaden teilweise auch. Das ließ mich als alter CoD Veteran erstmal aufstoßen. Wir haben hier wohl einen der wichtigsten Gameplay-Aspekte und dann macht dieser kaum Spaß. Das Handling einer Waffe muss dem Spieler ein entsprechendes Feadback geben. Schaut man sich z.B. Titel wie Skyrim an, dann haben wir hier unterschiedliche Waffenklassen mit unterschiedlichen Vorteilen. Zweihandwaffen steuern sich mächtig, indem sie lange für einen Treffer brauchen, welcher dann aber ordentlich Schaden verursacht. Einhandwaffen sind dagegen schneller, verursachen dafür aber meist weniger Schaden. Anhand dieser Unterschiede kann der Spieler Taktiken entwickeln, welche mehr seinem Spielstil entsprechen, was ebenfalls den Wiederspielwert und natürlich auch den Rollenspielcharakter mehr vertieft. Natürlich gibt es immer imba Waffen, welche in keinem Verhältnis stehen, doch sind diese sehr selten. Da in Cyberpunk Rückstoß und Handling gleich sind, ändert lediglich der Schaden was am Endergebnis. Zusätzlich zu den verschiedenen Waffen die gefunden und aufgehoben werden können, gibt es noch die Möglichkeit Waffen zu verbessern und entsprechende Aufsätze auszuwählen. Den Punkt mit den Aufsätzen finde ich sehr gut, doch die Verbesserungen der Waffe sind wieder ein Punkt der einfach nicht hätte sein müssen. Wir haben hier erneut ein System das da ist nur um da zu sein. Mit den vorhandenen Waffen die man im Spiel findet lässt sich jeder Gegner und jede Gegnerschar ohne Probleme eliminieren. Wozu dann nochmal Zeit investieren um Loot zu finden, welcher dann für kleine Waffenverbesserungen eingesetzt werden kann? Auch hier halte ich dieses System für zu viel.

 

Ob dicke Schrotflinte, schweres MG oder doch kleine Pistole, der Rückstoß ist meist gleich

 

Wo wir schon bei Waffen und Schießen sind, müssen wir auch auf die entsprechenden Objekte eingehen auf die geschossen werden soll. Die Gegner in Cyberpunk sind meist sehr eindimensional und verhalten sich allesamt gleich. Es macht keinen Unterschied ob wir hier einen Ganoven von der Straße oder eine ausgebildete Eliteeinheit vor uns haben. Somit dienen die Gegner meist nur als Kanonenfutter um das Level zu füllen. Dabei stellen diese auch so gut wie nie eine Gefahr für den Spieler dar, was das Schleichen in den Leveln fast schon obsolet macht. Trotzdem kann man seinen Spaß in den Leveln haben. Denn wenn man zunächst versucht zu Schleichen macht es das Ganze viel spannender. Durch unsere verschiedenen Hackfähigkeiten, können wir Gegner ablenken oder direkt hacken, um so für Verwirrung oder eben Ablenkung zu sorgen. Das funktioniert in den meisten Fällen auch ganz gut, auch wenn ich teilweise in mehr als einer Mission das Empfinden hatte, dieses Level nicht alleine mit Schleichen beenden zu können. Für mich ein wenig unbefriedigend aber kann auch nur am eigenen Können liegen. Des Weiteren gibt es in manchen Missionen sogar Bosse. Ich hätte tatsächlich nicht erwartet, dass in einem solchen Spiel ein Boss aufwartet. Diese waren im Gegensatz zu der eher dümmlichen KI eine willkommene Abwechslung. Auch wenn wir hier wiederholende Angriffsmuster haben, machen die Kämpfe deutlich mehr Spaß als die meisten normalen Kämpfe. In diesen Kämpfen gilt es also das Muster zu analysieren und dann eine entsprechende Taktik zur Bekämpfung zu entwickeln. Hat spaß gemacht und mich wie gesagt wirklich angenehm überrascht.

 

Erfolgreich aus der Mission geflüchtet, können wir uns dann in Night City (und Umland) frei bewegen. Night City ist eine großartig designte Stadt und wie bereits eingangs erwähnt hat man das Gefühl durch eine futuristische Stadt a la Bladerunner zu fahren. Besonders interessant ist dabei auch die Umsetzung des Layouts, denn NightCity ist nicht wirklich sehr breit, sondern eher hoch. Die Spielwelt ist sehr vertikal aufgebaut, was natürlich auf die zukünftige Platzarmut der urbanen Gebiete anspielt. Ich finde dies sehr clever umgesetzt. Openworld typisch ist die Stadt dann natürlich noch mit ein wenig Leben gefüllt. Gerade in manchen Sequenzen z.B. wenn es regnet und ich gerade in Downtown bin, lädt diese tolle Szenerie einfach nur ein bisschen zum Rumlaufen und Erkunden ein. Ein Manko dabei ist jedoch die fehlende Interaktion mit der Welt. In GTA V ist es uns möglich diversen Aktivitäten nachzugehen. Wir können Bowlen, Dart spielen und und und.In NightCity entfällt dies fast größtenteils. Lediglich einige wenige Interaktionen (z.B. mit leicht betuchten Damen) sind möglich. Schade eigentlich. Mir hätte gefallen zu sehen wie die Entwickler die Freizeitbeschäftigung der Zukunft gestaltet hätten. Zur Erkundung der Stadt fällt die Wahl natürlich meist auf ein Auto oder eben ein Motorrad. Hier würde ich jedem empfehlen die Kameraperspektive auf die Außenansicht zu wechseln und erstmal langsam zu fahren, denn die Fahrzeuge steuern sich teilweise wie auf Schmierseife. Bei der ersten Fahrt hatte ich ein Fahrgefühl a la GTA 5 oder 4 erwartet, doch es fühlte sich eher nach einer Fahrt in Medal of Honor Warfighter an. Für ein Feature, dass so oft im Spiel verwendet wird, hätte ich mir eine genauere Steuerung gewünscht. Auch das Geschwindigkeitsgefühl kommt nicht so richtig auf. Doch das ist zweitrangig, da die Straßen von Night City wie bereits erwähnt so eng sind, dass man ohnehin nicht schnell durch diese durchfahren kann. 

 

Ein weiterer Punkt im Gameplay ist das Polizei- oder Wantedsystem. Wie bei GTA bekommt ihr Sterne, wenn ihr Bewohner von NightCity verletzt oder tötet. Das System funktioniert eigentlich auch gut, doch nervt es, dass offensichtlich vor der eigenen Nase die Polizisten spawnen. Ich weiß ja nicht wie man sich das in der Zukunft vorstellt, aber ich habe meine Bedenken, dass wir im Jahre 2077 bereits teleportieren können (naja ist ja anscheinend eh gängig in nc ;) ). Deshalb muss man, sobald man nur aus Versehen eine Person verletzt (z.B. durch sein Auto weil es sich so schlecht steuert - kommt häufiger vor), schnell das Weite suchen und rennen oder fahren was das Zeug hält. Mit der schlechten Fahrzeugsteuerung leider ein Grund warum man nicht so gerne Distanzen mit dem Auto zurücklegt. Übrigens wirft die KI sich auch ganz gerne mal vor den Wagen, was es dann natürlich noch angenehmer macht zu fahren.

 

Doch kommen wir zu einem absoluten Gamebreaker. Die vielen und wirklich vielen Bugs die dieses Spiel hat. Ich hatte in mehreren Reviews schon dazu gelesen und konnte mir nicht vorstellen, dass das Spiel wirklich so unfertig ist. Bereits nach wenigen Minuten konnte ich klare und deutliche Fehler im Spiel bemerken. Ob es die Teleportation von NPCS oder mir in der Welt ist, HUD-Probleme, Soundbugs oder einfach nicht nachladende Texturen. Diese Bugs zerstören die Immersion des Spiels. Selbst nach Updates teleportieren sich ständig NPCS oder ich durch die Gegend. Sogar in Zwischensequenzen. Zusätzlich hat das Spiel echt Probleme mit der Zielerfassung von Objekten. Gerade kleine Objekte. Wenn ich z.B. auf einem Tisch ein wenig Geld sehe und gleichzeitig Burger, Hotdogs und ein Parfum, schafft es das Spiel oft nicht zu erkennen, dass ich offensichtlich das Geld will. Das hat zur Folge, dass ich auf den Tisch klettere, mich in der Hocke neben den Tisch stelle und mit der Kamera wild hin und her Schwenke, nur um an das Geld zu kommen. Das End vom Lied? Entweder ich muss alles vom Tisch nehmen oder ich verliere die Geduld und hau ab. Hier müssen die Entwickler klar nachliefern. 

 

Musik/Ton: Die Musik in Cyberpunk reicht von sehr gut bis nervtötend. Es gibt teilweise echt schöne Stücke die die tolle Inszenierung der Stadt und der Mission untermauern. Doch dann gibt es auch gleichzeitig wieder Stücke, welche an den 2000bpm Bass von Battlefield 4 erinnern. Solche Sequenzen find ich nicht nur nervtötend, sondern mein Herz schlägt aus Aggression noch schneller. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das irgendeine Person in diesem Jahr oder im Jahr 2077 feiert. Und das schlimmste dabei ist, dass es nur eine Sequenz für die Untermauerung eines Kampfes gibt, welche dann noch im Dauerloop läuft. Eine EINZIGE. Ich bin echt teilweise grob genervt von der Musik. Wenn man schon nur einen Loop oder nur ein Stück hat, dann muss dieses Großartig sein. Auch hier erinnere ich mich gerne an Titel wie Skyrim zurück. Keine Abzüge gibt es in der Vertonung. Ich habe die deutsche Version gespielt und bin wirklich begeistert. CD Project Red konnte tolle Synchronsprecher (JA auch die von Keanu Reeves) verpflichten und diese machen ihren Job großartig. Emotionen kommen deutlich rüber. Alleine das Zuhören von Gesprächen macht schon Spaß und lässt einen mehr in die Welt eindringen. Gleiches gilt für den Umgebungston. Die Stadt wirkt voll (Wenn auch Visuell nicht immer so voll) und lebhaft. Wir können vielen Gesprächen lauschen, welche ebenfalls gut vertont sind. 

 

Kampagne: Letzter und wahrscheinlich stärkster Punkt des Spiels ist die Story. Anfangs haben wir die Wahl zwischen 3 Hintergründen (Origins). Konzerner, Nomade oder Streetkid. Ich hab mich für das Streetkid entschieden. Einen wirklichen Unterschied macht die Auswahl jedoch nicht. Bereits nach wenigen Minuten treffen sich die Storylines quasi am selben Punkt und der Ursprung des Spielers ist nie wieder von Bedeutung. Einziger Unterschied sind manchmal ein paar zugeschnittene Gesprächsoptionen, welche aber keine anderen Möglichkeiten etc. eröffnet. Doch nun wirklich zu Story. Cyberpunk schafft es seine Story unglaublich gut aufzubauen. Das liegt in erster Linie am sehr gutem Storyboard. Also dem was dem Spieler nach und nach präsentiert wird. Jeder Spieler macht sich ja zu Beginn und während des Spiels eine Vorstellung davon, wie das Spiel enden könnte. Und zunächst dachte ich wirklich, dass wir einfach nur den Nobody spielen, welcher sich wie in GTA hochkämpft und am Ende an der Spitze steht. Cyberpunk spielt am Anfang erst bewusst mit dieser beliebten „from zero to hero“ Storyline, um diese dann kunstvoll zu zerschlagen. Die Story schafft es uns gut geschriebene Charaktere zu präsentieren, welche uns ihre Sichtweise auf Night City sowie deren Wünsche und Vorstellungen darlegen. Dies zeigt uns gleichzeitig auf, warum diese Charaktere so handeln. Das macht die Empathie dieser leichter und für den Spieler somit auch zugänglicher. Zusätzlich hat CD Project Red auch wirklich was aus dem Setting gemacht. Es gibt genügend Spiele (COD, Battlefield…) die uns ein „neues“ Szenario vermitteln, doch in diesem neuem Szenario findet schlussendlich die gleiche Problematik statt. Beispiel: CoD. In CoD haben wir egal ob in Black Ops, Ghosts oder ein Infinite Warfare, einen Bösewicht der die Weltherrschaft möchte. Vorgehen, Leben, Gedanken und Dialoge unterscheiden sich nur minimal, was das Spielgefühl der meisten CoD Kampagnen auch so ähnlich macht. Cyberpunk spielt tatsächlich mit dem Setting, implementiert dieses in die Story und sorgt somit für eine angenehme Überraschung. Als letzen positiven Punkt kann ich die Geschwindigkeit des Spiels nennen. Cyberpunk ist wie eine Berg- und Talfahrt. Wie haben teilweise viel Action und viele Schießereien, dann aber auch wieder Szenen, in denen wir uns Minuten lang mit anderen Charakteren in einer Bar etc. unterhalten. Das Spiel lässt so wieder Ruhe einkehren um die Story anzutreiben und gleichzeitig die Action beladenen Szenen stärker wirken zu lassen. 

 

Und jetzt kommen wir zu einem Punkt, welcher sonnst wahrscheinlich in keiner Review auftaucht. Wie spielt sich das Spiel eigentlich bzw. wie erlebt man es? Dieser Punkt variiert wahrscheinlich auch von Spieler zu Spieler, doch haben wir hier ein Spiel, welches einem die Entscheidungsfindung nicht leicht macht. Cyberpunk besitzt eine offene Spielwelt und viele RPG-Elemente. Wahrscheinlich zu viele. Doch macht das verzwickte System einem während dem Spielen was aus? Meistens nicht. Macht es einem was aus, dass die OpenWorld meist nur Fassade ist und es nicht wirklich viele Interaktionen mit dieser gibt? Nein, auch das macht wahrscheinlich den meisten nichts aus. Grund dafür ist eben auch wieder mal die Story. Cyberpunk erzählt diese so gradlinig, dass jeder wahrscheinlich wissen möchte wie es weitergeht. Da wir sowieso nicht viel Interaktion mit der Welt haben, rennen wir meist von Mission zu Mission und erledigen diese. Vergleichen wir den Titel mit GTA, haben wir ein komplett anderes Spielgefühl. Bei GTA ging es mir oft darum, wie mein Charakter aussieht, welches Auto er fährt und welche Waffen ich besitze. Bei Möglichkeit, konnte ich auch ein Haus erwerben. Das alles hat Spaß gemacht, weil es das Spiel eben zugelassen hat und diese Möglichkeiten bestehen. Außerdem ist die Story von GTA einfach nicht so fesselnd wie die von Cyberpunk. Wozu führt das also? In Cyberpunk ist es mir einfach nicht wichtig wie mein Charakter aussieht, da ich ihn eh nie sehe (Außer im Menü). Es ist mir nicht wichtig welches Auto ich fahre, da diese sich eh meist gleich fahren. Die Stadt dient eigentlich nur als Leinwand für die Story. Und das ist in diesem Fall eigentlich völlig ok. 

 

Fazit: An Cyberpunk scheiden sich die Geister. Ich weiß jetzt auch wieso. Einerseits schafft es das Spiel mit einer erfrischend guten Story und einer tollen Inszenierung eine gewisse Immersion zu schaffen. Wir fragen uns stetig wie es weitergeht und fiebern teilweise mit dem Charakteren mit. Andererseits ist das Spiel einfach überfordert mit dem was es sein möchte. Möchte es ein FPS sein? Möchte es ein RPG sein? Cyberpunk will zu viel. Es fühlt sich daher einfach überladen an. Wieso muss ich eine Waffe upgraden, wenn doch einfache Aufsätze gereicht hätten? Wieso muss ich einen Skilltree haben und gleichzeitig einen Fähigkeitenbaum plus ein Verbesserungsmenü für Cyberfähigkeiten, wenn diese kaum einen Unterschied machen bzw. sich die Verbesserungen sogar überschneiden? Wieso setzt Cyberpunk an so vielen Punkten an und denkt gleichzeitig nicht an die wirklich wichtigen Sachen. Balancing und Optimierung. Während des Schreibens ist mir einfach aufgefallen, dass der Leser dieses Tests denken könnte, dass das Spiel ja grotten schlecht sein muss. Dies ist aber definitiv nicht der Fall. Die Sachen die Cyberpunk gut macht, kann man eben einfach nur kurz anmerken bzw. ist es schwer dieses Gefühl zu umschreiben. Die Inszenierung der Stadt und der Story sind hervorragend. Getrübt wird diese Erfahrung eben mit den oben angesprochenen Punkten. Es wurde versucht so vieles umzusetzen, dass diese Mechaniken teilweise unfertig, unüberlegt oder deplatziert wirken. Meine Frage ist, warum diese dann aber überhaupt im Spiel enthalten sein müssen. Bei der Entwicklungszeit bleibt die berechtigte Frage, ob denn niemand mal über das Projekt geschaut hat und gefragt hat, ob das geschafft werden kann. Die vielen Ansätze erklären dann für mich auch die diversen Fehler im Spiel und nicht zu letzt die schreckliche Portierung auf Xbox One und Playstation 4. Und genau aus diesem Grund fragen viele Spieler und Tester (mich eingeschlossen), ob man nicht statt der unzähligen Mechaniken und Features, nicht einfach ein bisschen Optimierung hätte betreiben können. Für mich ist Cyberpunk 2077 ein gutes Spiel, doch wie oben beschrieben ist es eben schwer zu sagen was dieses gute Gefühl ausmacht. Cyberpunk versagt für mich als OpenWorld Titel, weil die Welt um NightCity zu wenig bietet um nachhaltig was in dieser erleben zu können (In GTA V konnte man auch noch Stunden nach dem Ende der Story durch die Stadt fahren und hat durch das Storytelling der Stadt immer wieder neue Erlebnisse geschaffen). Cyberpunk versagt für mich auch auf dem Gebiet eines Rollenspiels, weil die vielen Features und Zusätze einfach keinen nachhaltigen oder wirklich bemerkbaren Vorteil bringen. Alles wirkt austauschbar und motivierte mich zumindest nicht was an meinen Fähigkeiten zu ändern. Auch hier schlage ich gerne den Bogen zu Skyrim. Einem Spiel, bei welchem ich darauf wartete ein neues Level zu erreichen, um endlich neue Features freizuschalten. Cyberpunk versagt jedoch nicht im Punkto Storytelling und Präsentation. Wer schön auf dem Pfad der Story bleibt und nicht zu weit nach rechts oder links blickt, der wird in die Geschichte förmlich hineingezogen. Und auch nur dann funktioniert NightCity als OpenWorld. Wer ein Spiel ähnlich wie GTA sucht wird enttäuscht sein. Wer ein Spiel a la the Witcher sucht, wird ebenfalls enttäuscht sein. Unvoreingenommen ist Cyberpunk jedoch ein gutes Spiel mit vielen Ecken und Kanten. 

 

So. Jetzt habt Ihr meinen Test auch endlich geschafft. Ich denke man merkt an vielen Teilen der Review wie hin- und hergerissen ich von diesem Spiel bin. Diese Version ist bestimmt auch die hundertste oder so. Es ist eben an vielen Stellen schwer das Spiel zu bewerten. Die vielen Elemente sind eben einfach teilweise unfertig oder schlecht umgesetzt. Dann kommt hingegen wieder die Frage auf, ob diese überhaupt wichtig für das Spiel sind. Als nächstes kommt man wieder darauf, ob diese dann im Spiel enthalten sein müssen usw. usw. Man kommt vom hundertste ins tausendste und und und. Ich hätte auch noch so viel mehr zu dem Spiel sagen können. Die Frage ist, ob dies dann überhaupt noch relevant ist. Muss ich noch mehr auf kleine Details des Rollenspielcharakters eingehen, nur um später zu sagen, dass es eigentlich gar kein richtiges Rollenspiel ist bzw. diese Elemente kein Impact auf das Spiel haben? Ich denke nicht. Ich habe in meiner Review versucht die großen und ausschlaggebenden Punkte anzusprechen, diese in einen Kontext zu stellen und Vergleiche bzw. Erklärungen zu finden. Das ist mir hoffentlich ganz gut gelungen. Hoffentlich konnte ich unentschlossen bei der Wahl weiterhelfen und vllt. findet sich der ein oder andere Spieler in dieser Review wieder.


Wertung
Pro und Kontra
  • - Story
  • - Vertonung
  • - Inszenierung
  • - Grafik
  • - Teile der Musik
  • - viele Bugs
  • - viele unnötige Features
  • - Fahrzeuge
  • - Ohne Story hat OpenWorld nichts zu bieten

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Oft, regelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



Kommentare(1)
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