Wenn etwas der Biss fehlt..

Vampire: Bloodlines ging als eines der besten, wenn auch bugverseuchtesten Rollenspiele im, nun nicht unbedingt üppig bedienten, Vampirgenre ein....

von Tsabotavoc am: 17.06.2018

Vampire: Bloodlines ging als eines der besten, wenn auch bugverseuchtesten Rollenspiele im, nun nicht unbedingt üppig bedienten, Vampirgenre ein. Entsprechend war dann, zumindest bei mir, die Erwartungshaltung hoch als Vampyr angekündigt wurde.

Was rauskam ist ein passables Spiel. Aber eben nicht mehr. Warum Vampyr so viel besser werden können zeigt dieser Test.

 

Kennen Sie den schon?

Kennen Sie den schon? Also da war dieser Arzt der Experte für Bluttransfusionen ist. Und der ist also ein Vampir...

Was anfängt wie ein schlechter Kneipenwitz ist das Schicksal unseres Protagonisten, Jonathan Reid. Frisch zurückgekehrt von der Front im ersten Weltkrieg werden wir offensichtlich von einem Vampir gebissen und verwandelt. Nachdem wir uns aus einem Leichenhaufen gebuddelt haben sind wir fortan getrieben von Blutdurst auf der Suche nach einer Heilung für eine Luxusvariante der spanischen Grippe die London fest im Griff hat. Zeitgleich suchen wir unseren Erschaffer und versuchen nicht von militanten Vampirjägern getötet zu werden. Das ganze wird gewürzt mit etwas Romantik, Geheimbünden und fertig ist der Storycocktail.

Man wird hier nichts erleben was es so oder anders nicht schon mal irgendwo gab. Die Story entfaltet sich hauptsächlich in Dialogen, wer aber die emotionale Tiefe von Life is strange erwartet wird enttäuscht werden.

 

Verschenktes Potenzial


Der Kampf ist im Prinzip ein stark abgespecktes Dark Souls das unter einer ziemlich miesen Balance leidet. Schusswaffen sind verglichen mit den Alternativen einfach zu schlecht. Ich habe, Resistenzen von Gegnern hin oder her, praktisch jeden mit einer Keule ins Koma geprügelt. Wenn ein Gegner am Boden liegt kann man sich ihm in bester Blutsaugermanier an die Kehle werfen und ihn aussaugen. Während man das tut ist man nicht nur absolut unangreifbar, nein die Ausdauer lädt sich auch wieder auf. Direkt danach gibt man dem Kumpan also wieder eins auf die Birne und... ich denke ihr wisst wie das Spiel abläuft.

Das Spiel gibt einem für einen einzelnen Gegner im Kampf praktisch keine Erfahrungspunkte. Ebenso bringt das heilen von Menschen keinen nennenswerten Zuwachs bei den XP. Wollen wir nennenswert stärker werden stehen uns zwei Möglichkeiten offen: Menschen aussaugen oder Grinden was das Zeug hält.

Grind for your Unlife!

Überhaupt dominiert in dem Spiel Grind und Lauferei. Ihr kommt euch wirklich vor als wärt ihr der einzige Hausarzt in London. Ihr klappert nach und nach 4 Distrikte ab und bekämpft konsequent die kleinen und größeren Wehwehchen der Londoner. Der eine hat eine Erkältung, der andere Kopfiweh und der letzte fühlt sich einfach nur soooo müde. Für alles kann Jonathan in seinen Unterschlupfen Medizin zusammenbrauen die er dann entsprechend verteilt.

Wenn ihr die Wehwehchen der Leute ignoriert, was geht, rutscht der Distrikt nach und nach ins Chaos. Das Ende vom Lied ist, dass ihr dadurch jede Menge Händler und Questgeber verliert.

Eine Schnellreisefunktion sowie eine vernünftige Möglichkeit die Karte von London zu beschriften fehlt konsequenterweise vollständig. Ihr werdet euch also regelmäßig verlaufen bis ihr euch irgendwann die Position aller NPCs auswendig gemerkt habt. 

London selbst ist wirklich stimmungsvoll in Szene gesetzt. Daher hatte zumindest ich die Schnellreisefunktion nicht wirklich vermisst. Wenn man dann aber sich mal wieder verläuft und ein Minimäuerchen einen daran hindert dorthin zu gelangen wo man eigentlich hin will ist das nervig.

Das ist insofern amüsant als Jonathan als Vampir sich teleportieren kann. Das funktioniert aber nur an vordefinierten Punkten im Spiel. Die Bewegungsfreiheit eines Dishonored kommt somit nie auf.

Was mir gefällt: Ihr könnt, wenn ihr wollt, praktisch jeden NPC im Spiel aussaugen. Mit entsprechenden Konsequenzen. Das Spiel geht trotzdem nicht kaputt. 

Nicht zu Ende gedacht

Während dem Spiel hatte ich permanent das Gefühl als würden die Entwickler keinen Gedanken komplett ans Ende führen können. Beispiel? Wenn ihr im Kampf gegen einen Boss sterbt werdet ihr in direkter Nähe wieder ins Leben erweckt. Allerdings ohne Blut. Damit man nun in den Bosskampf nicht komplett blutleer geht, und somit viele Fähigkeiten nicht einsetzen könnt, sind ein paar Ratten platziert die man aussaugen kann. 

Wer sieht da noch einen krassen Designfehler? Es ist einfach sinnfreier Leerlauf. Man hätte den Spieler doch auch gleich mit vollem Blut wieder erwecken können.

Das ist nur ein Beispiel für Dinge die nicht zu Ende gedacht wurden. Die Dialoge, so wunderschön mit Konflikten angereichert, entscheiden doch am Ende gar nichts. Habe ich die Möglichkeit die Ehe der Crossleys zu kitten? Nein. Kann ich dafür sorgen das die Ärzte im Pembrooke ihren Konflikt beilegen? Nein! Es wird immer nur angedeutet, an der Oberfläche gekratzt. Nie durchgezogen. Gefühlt jede zweite Idee und jedes zweite Konzept ist einfach nicht konsequent durchgezogen worden.

Und dennoch...

In seinen besten Momenten macht Vampyr einfach Spaß. Das Crafting, so simpel es auch ist, ist durchdacht und London ist stimmungsvoll in Szene gesetzt. Wenn sich Häuserfassaden in Regenpfützen spiegeln und Milizen die Häuser durchsuchen oder gar gegen Monster auf den Straßen kämpfen fühlt man sich wirklich in einer sterbenden Stadt. Man hätte mehr aus dem Spiel machen können. Aber ich fühlte mich am Ende des Tages nicht um mein Geld betrogen. Mein Fazit? Solides Actionrollenspiel welches Vampir- und Penny Dreadful-Fans durchaus Freude machen wird. Alle anderen sollten eventuell auf einen Sale warten.


Wertung
Pro und Kontra
  • Sehr atmosphärisch
  • Einige interessante Charaktere
  • Man kann praktisch alle NSC aussaugen
  • Steuerungsbugs mit der Tastatur
  • Viele Komfortfunktionen fehlen
  • Sehr viel Lauferei im späteren Spielverlauf
  • Kampfsystem leidet an schlechter Balance

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(1)
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