Seite 2: »Killerspiele« = Kinderporno? - Michael Trier über haltlose Vorwürfe aus der Politik

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Katastrophale Wirkung

Politiker sind in solchen Situationen nicht zu beneiden. Von ihnen werden Handlungsfähigkeit und Antworten erwartet. Antwort etwa auf die Frage: »Wie stellen wir so etwas ab?« Da bieten sich PC- und Videospiele zum wiederholten Male als Sündenbock an. Dieses Medium ist den Politikern meist fremd, und auch sonst merkt kaum jemand, wenn Unsinn geredet oder manipuliert wird. Selbst der Vergleich mit Kinderpornografie scheint ihnen statthaft.

Doch das ist ein fataler Irrtum: Hunderttausende Spieler sind durch die Politikeräußerungen betroffen, fühlen sich diskriminiert. Und schauen darum bei der Diskussion umso genauer hin. Das Fatale: Selbst angesehene Journalisten und Medien mit einem seriösen Ruf machen grobe Fehler. Und plötzlich sehen Schüler zur Hauptsendezeit die Elite dieses Staates und deren Beraterstäbe Unsinn erzählen, falsche Behauptungen aufstellen oder zumindest voreilige Schlüsse ziehen. Das erschüttert nicht nur das Restvertrauen, dass diese Bevölkerungsgruppe noch in Politiker hat. Es grenzt sie aus, treibt sie umso tiefer in die eigenen Communitys, vermittelt ein katastrophales Bild von der Welt und den Regeln der Erwachsenen.

Forschung ist wichtig

Wir finden die Forschung nach der Wirkung von Medien auf die menschliche Psyche gerade in der Sucht- und Gewaltfrage enorm wichtig, beteiligen uns seit Jahren mit Reportagen, Diskussionsrunden und Interviews, reden mit Betroffenen und Eltern. Wir veranstalten regelmäßig Fortbildungen für Spieleverkäufer aus ganz Deutschland. Aber solche medialen Schnellschüsse wie wir sie nun wieder und wieder im Fernsehen und Zeitungen miterleben mussten, dieses Ausnutzen einer ungeheuren Tragödie entweder aus Ahnungslosigkeit (und damit Faulheit), oder gar um die eigene Sache voranzutreiben (Wahlkampfjahr), zeigt nicht nur einen Mangel an Respekt vor den Spielern und ihrem Medium, es ist darüber hinaus auch eine Verhöhnung der Opfer und der Überlebenden von Winnenden.

Wer einerseits eine Abwanderung der Jugendlichen in virtuelle Welten beklagt, muss sich andererseits endlich ernsthaft mit deren Lebenswirklichkeit auseinandersetzen. Nur so kann der Dialog gelingen, nur so werden Politik und die Berichterstattung in den tradierten Medien wieder glaubwürdig. Nur in einem solchen offenen Dialog auf Augenhöhe kann das gegenseitige Vertrauen hergestellt werden, das wir für die Ausgestaltung einer lebenswerten Zukunft brauchen. Denn die sehnen auch Spieler herbei -- viel mehr als noch ausgefeiltere virtuelle Welten.

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