Seite 2: Grand Theft Auto 5 - Viel mehr als ein Spiel

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GTA gibt den Psychos das Rampenlicht

Und dann gibt's Trevor, den hintergangenen Ex-Partner von Michael mit dem Charme eines schießwütigen Hinterwäldlers. Er allein ist schon einer der Hauptgründe, warum das Storytelling von GTA 5 zum Besten gehört, was es seit langem in Computerspielen zu erleben gab. Trevor ist das personifizierte Chaos, ein Psychopath und Mörder. Er steht für all die Gewalttätigkeit, die Medienkritiker den Ballerspielen seit Jahren vorwerfen. Rockstar beweist Mut, eine Heldenfigur ins Rennen zu schicken, die nahezu kein Identifikationspotenzial mit sich bringt.

Wo bisherige GTA-Helden mit positiven Eigenschaften dafür sorgen sollten, das heillose Chaos, das man als Spieler anrichtet, moralisch zu entkräften, zeigt Trevor gerade diesen pseudo-tragischen Figuren à la Niko Bellic (GTA 4) und Johnny Klebitz (GTA 4: The Lost and Damned) den Mittelfinger. Er ist das Chaos, macht aber auch keinen Hehl daraus. Klar, mit Trevor haut Rockstar auch wieder ordentlich in die Skandalkerbe, polarisiert und provoziert. Das poliert das eigene Image, schließlich gibt's bekanntlich keine schlechte Publicity.

Das Fahrgefühl in GTA 5 ist wesentlich griffiger und direkter als im Vorgänger. Das Fahrgefühl in GTA 5 ist wesentlich griffiger und direkter als im Vorgänger.

Aber Trevor ist mehr als eine reine Schockfigur. Wirklich spannend wird er vor allem dadurch, dass sein Charakter so viele Fragen aufwirft, ohne dass uns das Spiel die Antworten aufs Auge drückt. Einerseits bedeuten ihm Menschenleben nichts, andererseits würde er sein eigenes für Michaels Familie geben, mal foltert er auf bestialische Weise einen Gefangenen, nur um an anderer Stelle wirklich um die Freundschaft zu Michael zu kämpfen.

Alle Hauptfiguren von GTA 5 tragen das Gute und das Böse in sich, schließlich ist das Spiel mit heller und dunkler Seite das übergreifende Hauptmotiv, sowohl in der Story als auch in der sonnigen, aber grausamen Spielwelt. Aber niemand verkörpert diesen Gegensatz so revolutionär drastisch wie Trevor, eine Figur, die man nicht lieben kann und die zu den herzlosesten Helden der Spielegeschichte gehört - aber trotzdem Gutes in sich trägt.

Die Geschichte von GTA 5 ist weit weniger linear als die des Vorgängers und wird vor allem durch die Dynamik der Figuren vorangetrieben. Ohne zu viel zu verraten: Allein die Tatsache, dass sich Michael und Franklin mit Trevor zusammenraufen müssen, sorgt für diverse abgedrehte Abenteuer. Mancher mag diese Erzählweise kritisieren. Es fehlt ein zentraler Antagonist, die Helden stürzen mehr oder minder von einer Situation in die nächste, und die Frage, was eigentlich der zentrale Plot ist, lässt sich gar nicht so leicht beantworten.

Aber wir halten genau diese Offenheit für die größte Stärke der Geschichte. Genau wie in den parodierten Popkultur-Facetten, der offenen Spielwelt, den zig Beschäftigungsmöglichkeiten und den chaotischen Figuren gibt's auch in der Geschichte keine klare Linie. Vielmehr muss der Spieler aus den hervorragend geschriebenen Dialogen und der Spielwelt seinen eigenen roten Faden spinnen - im Zeitalter formelhafter Open Worlds, die uns bei jedem Schritt an der Hand nehmen, ist das wunderbar befreiend.

Über GTA Online für PC gibt's bisher kaum Informationen. Über GTA Online für PC gibt's bisher kaum Informationen.

GTA ist Chaos

Alle drei steuerbaren Figuren haben eines gemeinsam: Sie scheren sich einen feuchten Kehricht um die Regeln. Michael bricht sie, weil er sich dadurch wieder wie ein echter Kerl und lebendig fühlen will. Franklin hingegen hat den Glauben an das System verloren und spielt deshalb nach eigenen Regeln. Trevor hingegen ... naja, Trevor liebt eben das Chaos. Und damit gelingt Rockstar ein Kniff: Fast jeder Spieler dürfte sich mit einem dieser drei Aspekte von Regelbruch identifizieren können.

Darüber hinaus decken die im Spiel kritisierten und parodierten Aspekte unserer Kultur im Längs- und im Querschnitt die gesamte Gesellschaft ab, jeder wird zumindest ein paar bekannte Facetten entdecken - beispielsweise das soziale Netzwerk LiveInvader, das sich im Lauf des Spiels auch auf dem Smartphone-Markt etablieren will und Unmengen loyaler Anhänger um sich schart, die es kaum abwarten können »anzudocken«. Und wie bei gutem Humor ist es auch hier ein Riesenspaß, in diese festen Strukturen reinzugrätschen.

Das neue San Andreas ist etwa 12-mal so groß wie das aus GTA San Andreas. Das neue San Andreas ist etwa 12-mal so groß wie das aus GTA San Andreas.

So verfolgen wir einmal als Michael einen Tennislehrer, der es mit unserer Frau getrieben hat, bis zu dessen Villa samt Bergterrasse. Während er uns von oben verhöhnt, befestigen wir prompt unseren Pickup per Seil an den Trägerpfeilern der Terrasse und reißen ihm die Bude ein. Indes schleicht sich Franklin heimlich ins Haus einer Promi-Diva, um sie beim Inszenieren eines Sex-Tapes zu filmen, das die Dame zwecks Publicity »versehentlich« im Netz veröffentlichen will - in der Folge entlarven wir ihre faulen Machenschaften.

Dafür wohnt Trevor zeitweise beim Cousin seines zurückgebliebenen Kumpels Wade, einem schüchternen Hafenarbeiter unter der Fuchtel einer herrschsüchtigen Ehefrau. Zu verfolgen, wie der irre Chaot Trevor dessen Leben auf den Kopf stellt, sodass Wade in eine Kloake gestopft und sein Cousin unter anderem von Söldnern verprügelt wird, ist so witzig, wie es tragisch ist.

GTA mit neuer Perspektive

In punkto Identifikation sind wir außerdem gespannt, wie sich die neue Egoperspektive auf die Spielerfahrung auswirkt. Bereits in der Next-Gen-Konsolenversion erhöht die neue Sichtweise spürbar das Mittendrin-Gefühl, denn durch die korrekte Simulation von Armen, Beinen und Blickverhalten spüren wir jeden Aufprall und jede Handlung unmittelbar.

Wenn wir beispielsweise gegen eine Laterne fahren, wird unser Kopf ordentlich durchgeschüttelt; in der Cockpitansicht müssen wir derweil an jeder Kreuzung nach links und rechts schauen, um keine Unfälle zu bauen, und bei einem heftigen Schwinger geraten wir ins Stolpern und müssen erst wieder Balance gewinnen, bevor wir den Gegner erfassen können. Es ist ein geschicktes Designelement, das uns noch tiefer reinzieht ins sonnige Los Santos. Auf den Konsolen bezahlt man diese Erfahrung jedoch mit einer vergleichsweise trägen Bedienung, die sich stark auf automatisches Zielen verlässt.

Hier liegt eine große Chance, aber auch eine große Gefahr für PC-Version. Große Chance, weil ein GTA in der Egoansicht mit den Stärken einer präzisen Maussteuerung eine schier großartige Erfahrung werden kann, die es so noch nie gegeben hat. Große Gefahr, weil das sich natürlich auf die Spielbalance auswirkt und die Schießereien tendenziell zu leicht machen könnte. Ein Umstand, den Rockstar eigentlich nur mit mehr Gegnern oder weniger Gesundheit relativieren kann. Trotzdem glauben wir, dass die neue Perspektive eine der spannendsten spielmechanischen und atmosphärischen Bereicherungen werden könnte.

Neue Aktivitäten: Kakteen suchen Zu den neuen Aktivitäten gehören die versteckten Drogen-Kakteen, die wir in der Wüste auftreiben.

Wirkung abwarten 27 dieser unscheinbaren Peyote-Pflanzen lassen sich in San Andreas finden.

Als Vogel durch die Lüfte gleiten Die Wirkung ist heftig: Unsere Spielfigur verwandelt sich in ein Tier - beispielsweise in einen Vogel.

Für die PC-Version liefert Rockstar außerdem ähnlich wie im Vorgänger einen handlichen Editor, mit dem sich Spielszenen aufzeichnen, editieren und wahlweise per Social Club oder Youtube hochladen lassen. Wer seine spektakulärsten Momente also mit der Welt teilen will, kann das in GTA 5 bequemer denn je tun - welche Features der Editor genau haben wird, lässt sich allerdings noch nicht sagen.

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