Wir empfangen aus den Tiefen des Alls ein Signal, das Problem: Da ist scheinbar nichts – jetzt haben Forscher herausgefunden, was sich dort verbirgt

Ein Teleskop mit Blick zur richtigen Zeit ins scheinbare Nichts entdeckt Unerwartetes. Inmitten der Düsternis wartet ein winziger Gigant.

Eine mysteriöse Radioquelle im All beschäftigt erneut die Forscher. Die Lösung liegt in einer uralten, winzigen und leuchtschwachen Galaxie, die weit oberhalb ihrer erwarteten Bedeutung auftritt. (Symbolbild-Quelle KI, Adobe Firefly) Eine mysteriöse Radioquelle im All beschäftigt erneut die Forscher. Die Lösung liegt in einer uralten, winzigen und leuchtschwachen Galaxie, die weit oberhalb ihrer erwarteten Bedeutung auftritt. (Symbolbild-Quelle KI, Adobe Firefly)

Ein Blitz unter vielen, er weckte zunächst kaum Aufmerksamkeit. Doch auf den zweiten Blick stutzten die Forscher, denn das Signal dürfte es nicht geben. Es kommt nämlich aus dem schieren Nichts des Kosmos – und wiederholt sich regelmäßig.

Jetzt haben Wissenschaftler entdeckt, woher es stammt. Allerdings vertiefen die Erkenntnisse das Rätsel eher, anstatt es befriedigend zu lösen: Die Heimat des Signals zeichnet nämlich vor allem aus, uralt, geradezu winzig und düster daherzukommen.

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Gigantischer Ausbruch von einem galaktischen Zwerg

Vor einigen Jahren war FRB 20190208A nur einer von vielen. Forscher hatten ihn zusammen mit rund zwei Dutzend weiteren sogenannten Fast Radio Bursts (FRBs) (zu Deutsch: Schnelle Radioblitze) während einer Untersuchung des Sternenhimmels entdeckt. Doch im Gegensatz zur restlichen Kohorte fiel er besonders auf.

Fast Radio Burst (FRB): Als FRBs werden starke Ausbrüche im Radiospektrum katalogisiert. Sie können sich wiederholen oder einmalig auftreten. Ihre Ursachen sind derzeit noch Gegenstand intensiver Erforschung.

Auch wenn FRBs nur wenige Millisekunden andauern, setzen sie in diesem Zeitraum mehr Energie frei als unsere Sonne in über einem Jahr. Nur deshalb stechen sie selbst über extrem große Distanzen deutlich aus all dem Chaos hervor.

Denn obschon sich das Team bei seiner Position recht sicher war, entdeckten sie dort… Nichts. In keinem Datensatz fanden sie eine denkbare Ursprungs-Umgebung für solch ein Phänomen, das als komplette Klasse an Objekten in den vergangenen Jahrzehnten in den Fokus vieler Radioastronomen gerät.

Eine neue, besonders gründliche Untersuchung mit einem leistungsstarken optischen Teleskop förderte nun etwas Kleines, Dunkles und Altes zutage: eine Zwerggalaxie. Irgendwo aus ihrem Inneren stammen die Radiosignale von FRB 20190208A. Es wäre die masseärmste sowie dunkelste Galaxie, aus der wir jemals einen FRB beobachtet haben. Ihr Alter liegt wohl als sieben Milliarden Jahren.

Wie regelmäßig sich die Strahlungsausbrüche wiederholen, ist derzeit noch unklar. Während einer rund 40-stündigen Beobachtungskampagne über zwei Jahre hinweg gingen den Forschern zwei Blitze ins Netz.

Zwerggalaxie: Sie sind nicht trennscharf von regulären Galaxien oder den noch kleineren Kugelsternhaufen zu unterscheiden. Generell gelten sie aber als masseärmer sowie folgen quasi einer größeren Galaxie als Trabant. Im Hinblick auf ihre Zahl dominieren sie allerdings: Sie sind nach aktuellen Werten rund um den Faktor zehn häufiger anzutreffen als größere, massereichere Galaxien wie die Milchstraße.
Wobei auch wir im galaktischen Maßstab eher in einer kleineren Vertreterin leben. Im Vergleich zu unserer Nachbargalaxie Andromeda verblasst unsere Heimat.

Sie und eine uns recht vertraute Zwerggalaxie, die Große Magellansche Wolke, befinden sich mit uns seit Milliarden Jahren in einem kosmischen Tanz. Es galt lange als sicher, dass Andromeda Magellan auf eine Kollision mit der Milchstraße zusteuern. Bei einer der beiden melden Forscher inzwischen aber Zweifel an:

Was genau die Radioblitze im Fall von FRB 20190208A hervorruft, kann allerdings nicht mit letzter Gewissheit geklärt werden. Am wahrscheinlichsten stecke laut den Wissenschaftlern aber wohl ein sogenannter Magnetar dahinter. Das ist eine extreme Variante von Neutronenstern (Leichen einstiger massiver Sterne).

Zwerggalaxien beherbergen […] einige der massereichsten Sterne im Universum. Wenn diese Sterne sterben, geschieht dies nicht leise, sondern sprengt den Himmel in Kernkollaps-Supernovas. Diese kollabierten Kerne entwickeln sich dann zu stark magnetisierten Neutronensternen, sogenannten Magnetaren. Es klingt fast poetisch. Wenn die massereichsten Sterne sterben, lösen sie einige der energiereichsten Explosionen im Universum aus; und dann schießen die Überreste dieser Explosionen möglicherweise weiter ins Leere und erzeugen wiederholt FRBs.

Danté Hewitt, Universität von Amsterdam gegenüber Sciencealert

Jenseits des Entstehens einzelner FRBs könnte der Neuentdeckte deshalb ein Hinweis dafür sein, dass Zwerggalaxien sogar besonders gute Jagdgründe für wiederkehrende Radiosigale darstellen. Eventuell spielt ihre Nähe zu den größeren Galaxien, in deren Scherkraftfeld sie gefangen sind, eine zentrale Rolle.

Denn durch Kollisionen oder durch die schiere Kraft der Gravitation und damit verbundene Gezeitenwirkungen der größeren Galaxien könnten in den Zwergen Prozesse, wie Sternbildungen angestoßen werden.

Erkenntnisse wie die über die vermeintlich unscheinbare Zwerggalaxie zeigen, wie viel wir über den Kosmos noch zu lernen haben. Doch, dass wir regelmäßig zu immer neuen Ergebnissen kommen, die unser Verständnis herausfordern, unterstreicht Mal für Mal, wie Forschung funktioniert – oder wie es Professor Harald Lesch gerne ausdrückt: Wir irren uns empor!

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