Was fällt euch als erstes ein, wenn ihr an den Saturn denkt? Vermutlich sind es seine Ringe. Die machen den Gasriesen besonders und die Erde ... hat keine. Das könnte laut Forschenden der Monash University in Melbourne aber vor langer Zeit anders gewesen sein.
Die Wissenschaftler sind dabei einem Ereignis auf der Spur, das eines der schlimmsten Massenaussterben aller Zeiten erklären könnte. Denn egal wie prächtig die laut der Studie vom Boden aus sichtbaren Ringe aussahen, sie waren vor allem eines: gefährlich.
Wir stellen euch die weitreichende Theorie vor und nehmen euch dafür mit auf eine Weltreise, um ein uraltes Puzzle globalen Maßstabes zusammenzusetzen.
Ein spektakulärer Anblick mit Folgen
Wir müssen weit in die Vergangenheit reisen: ins Ordovizium, rund 466 Millionen Jahre vor heute. Bevor im Mesozoikum die ersten Dinosaurier aus ihren Eiern schlüpften, sollten da noch mehr als 200 Millionen Jahre vergehen.
In den Ozeanen, die den Großteil der Erde bedeckten, gab es bereits erstes komplexes tierisches Leben und Korallen. Was im Orbit geschah, bekamen die gar nicht mit: Die Erde hatte sich einen Asteroiden eingefangen - und der kam unserem Planeten zu nahe.
Der Gesteinsklumpen unbekannter Masse hatte die Roche-Grenze unterschritten und damit sein Schicksal besiegelt. Er zerbrach in Abermilliarden kleine Stücke, aus denen sich mehrere planetare Ringe rund um den Äquator formten.
Erklärung mit Video
Die Roche-Grenze beschreibt die Entfernung, bei der sich Fliehkräfte eines kleineren Objektes und Gravitation eines größeren Objektes exakt aufheben.
Überschreitet das kleinere Objekt die Roche-Grenze, wirkt die Gravitation aber stärker und zieht den Körper unaufhaltsam näher.
Beim Asteroiden heißt das: Mit jeder Umrundung reißen fortan Kräfte an dem Felsbrocken, bis er buchstäblich zerbröselt. Das Gleiche passiert auch mit Monden, die ihrem Planeten zu nah kommen.
Bei unserem Mond liegt diese Grenze übrigens bei rund 18.500 Kilometern Entfernung. Zum Glück für uns und ihn zieht er im Mittel etwa 380.000 Kilometer entfernt seine Bahn. Aber was wäre, wenn nicht? In folgendem Video zeigen wir solch ein Zerreißen mit anschließender Ringbildung anhand des Erdmonds.
Das Himmelspektakel zog laut der Studie weitreichende Folgen nach sich. Die Ringe schirmten einen Teil der Sonnenstrahlung ab, warfen einen regelrechten Schatten auf die Oberfläche. Hierdurch kam es zur Abkühlung und in der Folge zu globalen Vergletscherungen. Vor 440 Millionen Jahren mündete der Temperaturabfall in einem der umfassendsten Massenaussterben der Erdgeschichte. Ihm fielen fast 9 von 10 Arten zum Opfer.
Wissenschaftlich ist das Aussterben bereits vielfach belegt, doch wird sein Auftreten bisher meist mit einzelnen Einschlägen, einem Gammablitz oder auch Vulkanismus in Verbindung gebracht.
Wo sind die Erdringe hin?
Wo sind die Ringe denn abgeblieben? Kein Ring bindet sich ewig an seinen Planeten. Mit der Zeit büßen die unzähligen Objekte durch Reibung mit der Atmosphäre Geschwindigkeit ein. Ihre Umlaufbahn senkt sich in der Folge ab. Jeder Ring tritt so irgendwann als ein schier ewig währender Schauer aus bröselndem Gestein oder verdampfendem Wasser in die Atmosphäre ein.
Die Forschenden tendieren zu einer Existenzdauer der Erdringe zwischen 30 und 40 Millionen Jahren - und das passt genau zu den vermuteten Grabstätten der Ringe. Denn es bleibt ja die Frage: Wie kommt das Team aus Australien zu dieser Theorie?
Ein globales Puzzle
Längst nicht alle Bestandteile der einstigen Ringe verglühten, bevor sie den Erdboden erreichten. Etliche schlugen ein und hinterließen unverkennbare Spuren – allerdings über die komplette heutige Erde verteilt, wie Datierungen von Kratern zeigen: Von der Antarktis, über Arabien, Australien, Südamerika oder Südchina bis hinauf ins Baltikum.
Moment, das passt doch gar nicht zu Ringen am Äquator?! Wenn die Brocken irgendwann heruntergekommen sind, dann müssten sie doch eher in den Tropen zu finden sein und nicht in hohen wie niedrigen Breiten?
Hier kommt die Zeit ins Spiel: Seit dem Ordovizium haben sich die Erdplatten über weite Distanzen bewegt, damals sah die Erde völlig anders aus.
Zum Glück gibt es Modelle, die die Zeit zurückdrehen. In der Darstellung seht ihr das Ergebnis:
Schaut euch die bunten Punkte links auf den beiden Landmassen Lau
und Bal
an. Dort lagen vor rund 450 Millionen Jahren die Orte, an denen man die Krater der sterbenden Ringe vermutet. Sie alle liegen nahe am damaligen Äquator.
Eine weitere Bestätigung könnte zudem ein Blick in die Zukunft sein. Denn auch unser Nachbarplanet Mars wird in einigen Jahrmillionen Ringe erhalten: Sein Mond Phobos wird sich dann so weit annähern, dass er die Roche-Grenze überschreitet und mit der Zeit zerbricht.
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