Das Steam Deck bietet eine einzigartige Chance, die ich 6 Monate übersehen habe

Redakteur Alex und Valves Steam Deck haben einen steinigen Weg hinter sich. Doch jetzt steht einer ewigwährenden Liebe nichts mehr im Weg.

Das Steam Deck: Für mich eine Liebe auf den vierten oder fünften Blick. Das Steam Deck: Für mich eine Liebe auf den vierten oder fünften Blick.

Vor gut einem halben Jahr durfte ich das Steam Deck für euch testen. Eine Liebe auf den ersten Blick war es damals jedoch nicht. Zunächst scheiterte Valves PC-Handheld noch an meinen sich monatelang auftürmenden Erwartungen. Aktuelle Triple-A-Titel lassen sich darauf einfach nicht in höchster Auflösung samt ebenso hohem Detailgrad spielen. Am Ende ist es sogar ziemlich weit davon entfernt.

Nicht, dass mir das nicht klar gewesen wäre, aber irgendwie hatte ich mir in meiner Vorfreude dann doch vorgestellt, Horizon Zero Dawn und Co. genau wie auf dem fetten Desktop-Rechner zocken zu können. Aber das macht nichts. Denn das Steam Deck hat andere Qualitäten abseits schierer Rechenpower.

Endlich konnte ich meinen Pile of Shame abtragen! Oder besser gesagt: Ich nahm mir vor, lange darin verschollene Indie-Perlen zu spielen. Und das noch dazu wie in meiner Jugend in den 1990er-Jahren, mit meinem heiß geliebten Game Gear – nur in deutlich besser.

Doch es kam ganz anders. Warum das Steam Deck schon wenige Wochen nach dem Test selbst Teil meines Haufens der Schande wurde, ehe ausgerechnet ein deutsches Indie-Spiel meine Leidenschaft wieder entfachte, erfahrt ihr in wenigen Augenblicken.

Es war eine andere Zeit und ich ein anderer Mensch

Das Steam Deck erschien aus meiner Sicht zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Wo eigentlich die ersten Krokusse des Frühlings sprießen sollten, gedeihten längst Sonnenverehrer wie Nelken und Rosen. Aber selbst wenn es Ende Februar noch Sturzbäche geregnet hätte, neue Gaming-Hardware gehört in meinen Augen einfach in den Herbst.

Ich hatte daher naturgemäß eher weniger Lust, abends, nach stundenlanger Büroarbeit, noch auf einen kleinen, in der Diagonale gerade einmal sieben Zoll messenden Bildschirm zu starren und zu zocken. Da verbrachte ich meine Freizeit doch viel lieber in freier Natur auf dem Rad.

Es gab jedoch auch störende, technische Details, die sich mir zunächst gar nicht so sehr aufdrängten, aber in den Wochen nach dem Test zum handfesten Problem wurden. Der Lüfter zum Beispiel. Das relativ gleichmäßige Surren nahm ich anfangs gar nicht als sonderlich störend wahr. Mit der Zeit wurde es mir aber dann doch lästig. Vor allem auch deshalb, weil ich nicht immer mit Kopfhörer spielen will. Schon gar nicht auf dem heimischen Sofa.

Alexander Köpf
Alexander Köpf

Redakteur Alex hat niemals einen GameBoy besessen, dafür aber einen Game Gear. Gerne denkt er an die Zeit zurück. Was es doch für eine Freude war, jeden Tag aufs Neue zu erwachen und an nichts anderes zu denken, als in Castle of Illusion durch Kaffee zu tauchen oder den Hammer als Donald Duck in The Lucky Dime Caper zu schwingen. Diesen Stellenwert hatte das Steam Deck für Alex bislang nicht.

Dazu kam die mangelhafte Implementierung von AMDs Skalierer FidelityFX Super Resolution, die einfach nicht so funktionierte, wie Valve es versprochen hatte. Nur wenn ein Spiel nativ mit FSR-Unterstützung ausgestattet war, konnte es vom Performance-Boost profitieren. Eigentlich sollte man FSR jedoch über ein Menü der Konsole für jedes Spiel mit ein paar wenigen Klicks aktivieren können, ohne sich durch unzählige Grafikeinstellungen wühlen zu müssen. Echtes Konsolen-Feeling eben.

Aber selbst, wenn alles ohne Probleme funktioniert hätte und es Oktober statt März gewesen wäre, ich hätte zu dem Zeitpunkt einfach nicht gewusst, was ich überhaupt spielen soll. Ich war noch viel zu sehr auf das Zocken am High-End-Desktop-Rechner geeicht. Einfach irgendeinen Blockbuster zu starten, nur weil er theoretisch schön anzusehen wäre, fiel aber flach. Denn darauf ist das Steam Deck schlicht nicht ausgelegt.

Versteht mich bitte nicht falsch, der Handheld liefert gemessen an der auf 15 Watt begrenzten Leistungsaufnahme Erstaunliches. Aber für aktuelle Triple-A-Titel muss ich da schlicht auf zu viele Annehmlichkeiten verzichten. Da geht es nicht um hehre Spielprinzipien, sondern vor allem um die Grafik. Und auch wenn ich einst ganz begeistert davon war, wie gut und flüssig 30 Bilder pro Sekunde aussehen können, auf die Dauer war und ist mir das dann doch zu wenig.

Schließlich bin ich von 120 Hertz und mehr bis in alle Ewigkeiten verdorben. Von den höchsten Grafikeinstellungen ganz zu schweigen. So versank Valves eigentlich gelungener PC-Handheld schließlich nicht nur in meinem Haufen der Schande, sondern auch tief in meinen Gehirnwindungen. Und das trotz der guten Argumente, die eigentlich ganz klar für das Steam Deck sprechen.

Dann überraschte mich eine neuerliche Wende

Auf dem Bild hier ganz bewusst nicht zu sehen: Das deutsche Indie-Spiel Omno. Auf dem Bild hier ganz bewusst nicht zu sehen: Das deutsche Indie-Spiel Omno.

Bis vor wenigen Wochen hatte ich also praktisch gar nicht mehr an das Steam Deck gedacht. Und wenn, dann nur im Rahmen meiner Arbeit als Redakteur, wenn jemand zufällig darauf zu sprechen kam. Doch dann ploppte wie aus dem Nichts ein Test zu einem deutschen Indie-Titel in meinem täglichen Nachrichten-Feed auf – Omno.

Bis dahin hatte ich von dem Ein-Personen-Projekt nie etwas gehört, aber der märchenhafte Grafikstil der rätselhaften Spielwelt mit ihren mysteriösen Bewohnern zogen mich direkt in ihren Bann. Omno war für mich in dem Moment genau das, was das legendäre Castle of Illusion auf Segas Game Gear war: eine Eintrittskarte in eine neue Welt. Spiel und Handheld verschmolzen zu einer symbiotischen Einheit, der ich meine Zeit schenken wollte. Die Neugier und Abenteuerlust des zwölfjährigen Alex war sofort geweckt.

Neben Omno habe ich mittlerweile auch zahlreiche andere, fantastische Indie-Titel wie Dead Cells oder Celeste für mich entdeckt. Im Grunde einfach all jene Spiele, die ich auf dem Desktop-PC jahrelang verschmähte, die aber genau das bieten, was auch Omno vermag: eine neue, für mich völlig frische Spielerfahrung.

Mein Fehler bestand schlicht darin, das Steam Deck nicht wie eine Konsole mit eigenständigen Spielen zu sehen, sondern wie eine Erweiterung für meinen PC. Ich wollte mich offenbar nicht wirklich auf etwas Neues einlassen, sondern Altbekanntes lediglich in einer neuen Umgebung entdecken. Doch das wahre Potenzial des Steam Deck liegt in seinen Konsolen-Genen. Am Ende ist es meiner Meinung nach dann eben doch viel mehr Nintendo Switch als PC.

Mit dieser Erkenntnis im Hinterkopf durchwühle ich mittlerweile meine Steam-Bibliothek ebenso wie den Shop. So landen Spiele wie das fantastische Gris in meinem Warenkorb, die ich zuvor völlig übersehen hatte. Und endlich ist es ist wieder genau wie früher: Ich wache morgens auf und freue mich direkt darauf, am Abend das Steam Deck anzuschmeißen. Ich habe Valves PC-Handheld erst jetzt richtig begriffen.

Steam Deck im Test: Eine komplizierte Liebe Video starten 16:58 Steam Deck im Test: Eine komplizierte Liebe

Wie ist mein Eindruck nach einem halben Jahr?

Natürlich ließ ich es mir im Zuge der endlich in voller Pracht aufkeimenden Liebe nicht nehmen, auch mal einen Blick unter die Haube zu werfen. Was hat sich in den letzten sechs Monaten alles getan? Ist das Steam Deck besser geworden?

Und ja, Valve hat durchaus an der ein oder anderen Stellschraube gedreht. Der Lüfter heult zumindest gefühlt nicht mehr ganz so laut auf. Selbst wenn ich ein aufwendiges Triple-A-Spiel starte, hält sich die Geräuschkulisse der Kühlung vergleichsweise zurück. Der Umfang an für das Steam Deck optimierten Spielen ist ebenfalls gewachsen. Und der Client, also die Oberfläche, ist immer noch genauso intuitiv und übersichtlich, wie er es schon vor einem halben Jahr war.

Einziger Wermutstropfen ist und bleibt FSR: AMDs Performance-Boost lässt sich immer noch nicht für jedes Spiel aktivieren. Schade, damit würden sich viel mehr Titel mit flüssigen Bildraten spielen lassen! Außerdem könnte eine Akkuladung deutlich länger halten. Hier sollte Valve endlich in die Pötte kommen.

Meinen derzeitigen Eindruck schmälert das allerdings nicht. Insgesamt liefert Valve ordentlich ab. Das Steam Deck ist ein gelungenes System, das nach einem halben Jahr zwar immer noch die eine oder andere Ecke und Kante aufweist, aber dennoch deutlich runder geworden ist. Dass es mir jetzt so viel besser gefällt als damals, hat aber gar nichts mit der Technik an sich zu tun, sondern mit meiner Einstellung.

So abgedroschen es klingen mag: Das Steam Deck ist, was wir daraus machen!

Wie sieht es bei euch aus? Besitzt ihr ein Steam Deck und wenn ja, wie viele Spiele habt ihr schon darauf gespielt? Welche Aspekte gefallen euch an dem Handheld, welche stören euch? Schreibt uns eure Meinung zu diesem Thema gerne in die Kommentare!

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