Knackig, düster und dennoch wunderschön

Heart Machines Debüt wartet mit flinkem Kampfsystem, bedrückendem Pixellook und elektronischem Soundtrack auf und nimmt sich dabei die Legend of Zelda Reihe zum...

von Synchro am: 01.03.2019

Das Action-RPG aus dem Jahr 2016 sieht sich nämlich als spirituellen Nachfolger der 8- und 16-Bit Ära - was man dem Spiel auch ansieht. Aus der isometrischen Perspektive heraus steuern wir den Protagonisten, der stets von seiner persönlichen Drohne begleitet wird, metzeln uns durch Gegnerhorden der verschiedensten Art, oder springen geschickt über diverse Plattformstrecken, um uns an deren Ende von Belohnungen überraschen zu lassen. Klingt vertraut? Soll es ja auch, so, wie Konzept und Parallelen stolz auf der Kickstarter-Seite prästentiert werden. In guter Zelda-Manier ist es dabei unser Ziel, verschiedene Gebiete nach Fragmenten abzusuchen, die gemeinsam das Tor zum Endgebiet zu öffnen. Um diese zu finden, laufen wir die unterschiedlichen Orte ab, stellen uns bewaffnet mit Schwert und Schusswaffe verschiedenen Gegnern, um hier wieder Schlüsselteile aufzusammeln, die dann den Weg zur örtlichen Obrigkeit freimachen, wonach wir dann wiederum besagte Framente in die Finger bekommen. So weit, so unkompliziert. Genau so unkompliziert verhält sich das Kampfsystem. Das Schwert lässt sich mit der einen Taste schwingen, die Schusswaffe mit der anderen Abfeuern. Gespielt werden will das Spiel am Besten mit Controller; das lassen die Entwickler den Spieler zumindest im Startbildschirm wissen.

Abgerundet wird das Kampfgeschehen mit der Möglichkeit, eine kurze Distanz zu sprinten. Das macht den Helden zwar nicht immun, lässt ihn aber gegnerische Angriffe und Geschosse besser ausweichen. In der Stadt, die dem Spieler als Rückzugsort dient, können wir unseren Charakter dann weiter verbessern. So benutzen wir Chipteile, die sich bei Gegnern oder hinter Rätseln auftreiben lassen, um zum Beispiel das Magazin unserer Waffe zu erweitern, oder eine neue Kampftechnik zu erlernen. Die  richtige Menge an Chips, mit denen sich die wichtigsten Upgrades erwerben lassen, findet man sogar ohne großes Durchstöbern der Gebiete. Für Komplettierer allerdings kann das Abtasten der Sprites zur lästigen Arbeit werden, besonders, da das Spiel in seiner Rätselgestaltung nicht konsequent bleibt. Mal werden unsichtbare Plattformen mit Symbolen auf dem Boden markiert, mal nicht. Mal hört man in der Nähe versteckte Belohnungen, mal wiederum nicht. Klar, so wild ist das nicht. Und erst recht nicht, wenn man von vornherein aufmerksam jeden Ort abklappert.

Welches Element mir allerdings die meisten grauen Haare beschert hat, sind die Sprint-Passagen. Hierbei muss man durch präzise Benutzung der Sprinttaste einen Weg entlang huschen, ohne sich auch nur einen Fehler zu erlauben, da sonst der frühzeitige Tod des Charakters einsetzt. Problem dabei: das Sprinten an sich ist eine ziemlich hakelige Angelegenheit. Sollte man nämlich auch nur einen Hauch zu früh oder zu spät dran sein, nimmt das der Figur entweder jegliches Tempo, woraufhin man im Gehtempo auf der kollabierenden Plattform anhält, oder lässt einen Sprint sogar mit einer Rutschpartie beenden, bei der man (so gut wie immer) vom Rand besagter Plattform saust, ohne das Schlittern auch nur ein Stück weit kontrollieren zu können. Zu meinem eigenen Glück sind diese Passagen eher eine Seltenheit, um sich jedoch an den vielen Waffen und Outfits bereichern zu können, bedarf es eines gekonnten Sprints.

Im Kampf selbst fallen diese Kritikpunkte nur beiläufig auf. Die Kämpfe sind stets übersichtlich, dank verschiedener, ortsgebundener Gegnertypen und den RPG-Elementen auch abwechslungsreich, nur könnte man auch hier ein wenig über den Spurt schimpfen, da dieser sich viel zu häufig mit dem Angriff in die Haare bekommt. Will heißen: Nach einem Sprint setzt immer eine winzig Pause ein, in der wir weder sprinten noch angreifen können, was dem Spieler in manchen Auseinandersetzungen die Fahrt rauben kann. Trotzdem sind die Gegner stets fair, aber auch fordernd. Da dem Spieler die Wahl gelassen wird, mit welchem der 3 (von 4) Gebiete er sein Abenteuer beginnen möchte, fällt die Lernkurve relativ steil aus, auch wenn die Herausforderung mit den richtigen Waffen und einiger Einarbeitungszeit schnell abschwächt. Erst durch die geschickte Kombination aus Angriff, Fernkampf und Rückzug gelangt man erfolgreich durch das Spiel. Soll aber nicht heißen, dass das Hyper Light Drifter allgemein einen niedrigen Schwierigkeitsgrad besitzt. Gerade die Bosskämpfe haben es für Neulinge in sich. Das Sterben und wiederholen ist somit keine Seltenheit. Sollte unser Held dann doch einmal ins Gras beißen, darf man den Kampf von einem der Checkpoints, die jeweils an den Eingängen der Sprites angesiedelt wurden, aufnehmen.

Dass es unserem Protagonisten ohnehin schon nicht allzu gut geht, lassen die stimmigen, allerdings durchweg verwirrenden und kryptischen Cutscenes am Anfang schon deutlich werden. Von einer tödlichen Krankheit geplagt und von düsteren Erinnerungen heimgesucht, kämpft sich unser Held durch die Welt, um durch das Wissen und die Technologie uralter Völker nach Erlösung zu suchen. Mehr kann ich an dieser Stelle nicht sagen - nicht, weil ich sonst in Spoilerterritorium gelangen würde, sondern weil die Hintergrundgeschichte des Spiels schlichtweg zu kryptisch ist, um daraus eine klare Geschichte kristallisieren zu können. Dieses Prinzip umfasst dabei nicht allein die Story, auch manche Gameplay-Inhalte wollen so einfach nicht erklärt werden, wie das Betätigen von manchen Schaltern durch spezielle Waffen, oder das Aufdecken von unsichtbaren Plattformen. Auch wird nie wirklich erklärt, wer der Charakter überhaupt ist. Während alle anderen freundlich gesinnten Einwohner des Landes anthropomorphe Tiere darstellen, ist die Herkunft unseres Helden nicht wirklich deutbar. Nur das gelegentliche Husten und Blut Aufstoßen des Charakters erinnert uns daran, dass wir uns durchgehend an der Schwelle zum Tod befinden.

Dargestellt wird das alles in einer wunderschönen Pixeloptik, die den Look eines The Legend of Zelda: A Link to the past in das 21. Jahrhundert überträgt. Dabei ist nicht nur die Optik an sich eine Augenweide für Retroliebhaber, besonders die unterschiedlichen Biome hauchen dem Spiel Abwechslung und Leben ein. Während die isometrische Perspektive im dichten Wald eher zweidimensionale Areale erzeugt, erscheint das Vogelreich in den Bergen durch die tollen Hintergründe und das vertikale Leveldesign fast schon dreidimensional. Jedoch ist die Welt von Hyper Light Drifter nichts für Zartbesaitete. In vielen Ecken stapeln sich blutige Leichenhaufen und auch die Kämpfe mit diversen Gegnern erzeugen nicht selten gewaltvollen Bilder. Begleitet wird das Abenteuer durch fantastische Elektromusik der Marke Disasterpeace. Mal ruhig und gelassen,dann wieder aufbrausend und anfeuernd, auf der anderen Seite wiederum verrückt und chaotisch: eine bessere Wahl hätte Entwickler Heart Machine nicht treffen können. Dagegen klingen manche Soundeffekte wie die der Schusswaffen, oder das Aufsammeln von Medipacks, wie im letzten Jahrhundert feststeckende Handygeräusche.

Alles in Allem ist das Indiespiel mit seinen sechs Stunden Spielzeit in der Hauptstory, einigen Stunden mehr für Nebensächlichkeiten wie das Vervollständigen der Kleidersammlung oder dem Aufwerten aller Waffen, in jedem Falle sein Geld wert. Und überhaupt: Das Spiel bietet neben freischaltbaren Schwierigkeitsgraden außerdem einen Bossrush-Modus, ebenfalls mit steigendem Härtegrad - ein Schmaus für alle, die auf eine Herausforderung aus sind. Auch mit mancherlei Wermutstropfen, wie der hakeligen Sprintsteuerung und der kryptischen Story (manche mögen ja sogar Gefallen daran finden!), überzeugt Hyper Light Drifter auf ganzer Linie. Dafür sind die präzise Steuerung im Kampf sowie die Augenweiden, die das Spiel an manchen Ecken für einen bereithält zu gut. Und vom Soundtrack ganz zu schweigen!

 


Wertung
Pro und Kontra
  • Schnelles und leicht zu erlernendes Kampfsystem
  • Abwechslungsreiches Leveldesign
  • Wundervolle Optik
  • Fantastischer Soundtrack
  • Gute Menge an optionalen Beschäftigungen
  • Für manch einen zu hoher Schwierigkeitsgrad
  • Hakelige Steuerung für Sprint und Schusswaffen
  • Story zu kryptisch
  • Kaum Hilfe oder Erklärung
  • Sammelaufgaben teils lästiges absuchen der Areale

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



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