Macht Mechtig was her

Das Battletech-Universum, welches seinen Ursprung in den früheren 1980ern hatte, mag heutzutage kaum einem jüngeren Spieler mehr ein echter Begriff...

von Jcfr am: 13.06.2018

Das Battletech-Universum, welches seinen Ursprung in den früheren 1980ern hatte, mag heutzutage kaum einem jüngeren Spieler mehr ein echter Begriff sein. Schade, wird es von seinen Fans (zu denen ich mich auch zähle) doch als Games of Thrones des ScFi angesehen.

Da das Spiel des Entwicklers Harebrained Schemes  sich (abseits einer vagen Intro-Sequenz) allerdings kaum Mühe macht, den reichhaltigen Story-Hintergrund des Universums zu beleuchten, möchte ich mir vorab etwas Zeit nehmen um diesen einmal grob anzureißen: 

Im zweiten Millennium beginnt die Menschheit, sich in der Milchstraße auszubreiten.  Nach einer Epoche des Chaos und des Konflikts darüber, wer in der Galaxie das Sagen hat, entsteht der „Sternenbund“ unter der Leitung des Hauses Cameron. Eine goldene Epoche des Friedens entsteht, in welcher die Menschheit neue Technologien entdeckt… bis der Usurpator Stefan Amaris den letzten Erben der Camerons ermordet und die Herrschaft über den Sternenbund an sich reißt. Dies hat zur Folge, dass der Befehlshaber der Sternenbund- Verteidigungsstreitkräfte (kurz SBVS), Aleksandr Kerensky, einen Feldzug gegen Amaris und seine Unterstützer lostritt. Nach langen, blutigen Kämpfen obsiegt Kerensky und richtet Amaris hin. Allerdings entsteht dadurch ein Machtvakuum, das gleich mehrere Adelshäuser der „inneren Sphäre“ füllen wollen. Mit dem Ausbruch der Nachfolgekriege endet der Sternenbund. Kerensky, der nicht Teil des blutigen, intergalaktischen Bürgerkriegs werden will, führt den Großteil des SBVS ins unbekannte Exil. Über Jahrhunderte verwüsten die Kämpfe die innere Sphäre, wobei allerhand Wissen und Technologie verloren geht und zu „LosTech“ wird.

Im Zentrum dieser Konflikte stehen die „Battlemechs“ und ihre Piloten, sozusagen als „Ritter“ mit bis zu 15 Meter großen, schwerbewaffneten Rüstungen.

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Das Spiel selbst handelt zu Anfang des dritten Jahrtausends in der Zeit des dritten Nachfolgekriegs, allerdings nicht in der inneren Sphäre, sondern der „äußeren Peripherie“.  Selbige zeichnet sich hauptsächlich durch einen Haufen Kleinstaaten mit nur wenigen Machtblöcken aus. Chaotisch, unterentwickelt und geplagt von Piraterie.

Als Anführer eines Söldnerunternehmens  unterstützen wir in der Hauptkampagne die adlige Kamea Arano dabei, die Herrschaft über ihr Kleinreich von ihrem Onkel zurückzuerobern.

Was den Storyverlauf der Kampagne betrifft, so sollte man nicht allzu viel erwarten.  Die Geschichte erfüllt ihren Zweck, ist aber nicht gerade unheimlich packend und die Figuren bleiben, durch mangelnde Interaktionen, ziemlich blass. Einfluss auf den Verlauf der Story kann man auch nicht nehmen. Schade, wäre hier doch deutlich mehr Potential gewesen. Immerhin kann man aber nach Abschluss des finalen Handlungseinsatzes seine Karriere als Söldner in der Peripherie fortsetzen und weiter Missionen erledigen… falls man das will (doch dazu später mehr).

 

Atlas schlägt Catapult, Schach Matt

Battletech ist ein Runden-Taktik-Spiel.  Vor Beginn einer Mission stellt man seine „Lanze“ aus vier Mechs zusammen und bestimmt die Piloten (von denen man seinen eigenen zu Spielbeginn selbst kreieren darf). Dabei wirkt sich sowohl das Loadout der Mechs, wie auch der Rang der Piloten und die Beschaffenheit und Klimazone des Einsatzgebietes deutlich auf die Mission aus.

Verstärkter Einsatz von Energiewaffen in Wüsten lassen Mechs schnell heiß laufen, während man in Polargebieten weniger Rücksicht nehmen muss. Zerklüftete Felsenlandschaften bieten viel Deckung gegen direktes Feuer und auf Monden ohne Atmosphäre laufen Wärmetauscher nur mit bedingter Effizienz.

Einschläge von Projektilen und Raketen mindern die Standfestigkeit eines Mechs und können ihn zum Umkippen bringen… und am Boden liegend stellen die Kolosse wehrlose Zielscheiben da. Manche Waffen treffen besser auf große Reichweiten, andere eher auf kurze Distanz… und läuft eine Maschine mal zu heiß, kann man getrost auch mal die Fäuste im Nahkampf sprechen lassen, bis die Wärmetauscher die Temperatur eingedämmt haben. Überhitzt ein Mech nämlich, findet ein Notfall-Shutdown statt um den Reaktor im Inneren vor einer Kernschmelze zu bewahren – was 2 Runden Bewegungs- und Wehrlosigkeit zur Folge hat.  Eingelagerte Munition kann zur Explosion gebracht werden, wenn Waffenfeuer die Panzerung durchschlägt – was potentiell fatal sein kann. Etc.

Battletech bietet eine enorme, taktische Tiefe und hält sich dabei erstaunlich detailliert ans Lore der Vorlage. Wer Rundentaktik ala Xcom und Riesenroboter mag, kommt hier ganz auf seine Kosten, zumal die Entwickler  ein erstaunlich breites Raster unterschiedlicher Mechs bieten.

 

Ein paar Mankos hat das Spiel dennoch: Leichte Mechs haben im späteren Spiel kaum mehr eine Daseinsberechtigung.  Hier haben die Entwickler verpasst, ihnen eine zusätzliche Rolle zu geben durch Dinge wie verbesserte Sensoren oder elektronische Störsysteme wie Wächter-ECM (wie es in Mechcommander der Fall war).

Das Leveln der Piloten ist sehr allgemein gehalten (Zielgenauigkeit, Zähigkeit gegenüber Verletzungen, etc.). Ich vermisse da die Perks aus  Mechcommander (Spezialist für Energiewaffen, Sprungdüsen oder Mechs einer bestimmten Gewichtsklasse).  Es gibt nur wenig Waffengattungen, was streng genommen zwar zum Lore der Zeit passt, dennoch hätte ich mir hier und da die Chance auf ein paar seltene LosTech-Waffen erhofft. Womöglich durch einen Schwarzmarkt oder Spezialmissionen für ComStar (da das Unternehmen ja dafür bekannt ist, LosTech zu bunkern).

Außerdem ist das Erbeuten neuer Mechs sehr zäh. Statt kompletten Maschinen birgt man Teile(Parts) von denen man jeweils drei gleiche braucht um einen neuen Mech in Betrieb zu nehmen.  Da es dieselben Mech-Bauarten aber in unterschiedlichen Variationen gibt, kann das schon mal eine ganze Weile dauern - vor Allem, wenn man es auf einen ganz bestimmten abgesehen hat. Auch deshalb, weil die Gegner in den Missionen zufällig zusammengemischt werden.

Hier hätte ich mir gewünscht, dass der Ruf, den man bei verschiedenen Fraktionen wie den „vereinigten Sonnen“ steigern kann, eine Rolle spielen würde, doch soweit ich es beurteilen kann, schaltet man lediglich Missionen höherer Schwierigkeitsgrade frei, anstatt Sonderangebote auf dem Markt.

 

Geld regiert die Welt

Zwischen den Missionen ist man damit beschäftigt, seine Söldnertruppe zu managen. Neben der Reparatur und Umrüstung der Mechs, sowie dem Aufleveln der Piloten heißt das vor allem, auf das Konto Acht geben. Alle dreißig Tage ist ein Finanzbericht fällig, bei dem die laufenden Kosten (Wartung, Gehälter, Reise), abgezogen werden. Da die Startsumme nicht gerade üppig ausfällt bedeutet das am Anfang vor allem eines: gut haushalten!

Verletzte Piloten können nicht kämpfen, beschädigte Maschinen erschweren jeden Einsatz und lange Reisen können tief in die Tasche gehen. Zugleich bedeuten mehr Piloten und Mechs aber auch immer mehr Gehaltsausgaben und Wartungskosten. Nette Sache: Man kann bei Einsatzverträgen aushandeln, ob man mehr Wert auf Credits oder Beute legt.

Im späteren Spiel fällt der Wirtschaftspart allerdings deutlich flacher und wird zunehmend vernachlässigbar. Meistens bekommt man mehr als genug Beute und Geld pro Mission… und fallen die Kosten doch mal ungeahnt höher aus (weil vielleicht die gesamte Lanze schwerste Schäden erlitten hat), kann man immer noch einen der vielen, eingelagerten Mechs, die man nicht mehr braucht, verkaufen.

 

Missionen zum Schädelspalten  

Ok, die Missionen… Ich muss ganz ehrlich sagen, hier ist Battletech am Schwächsten. Zum einen hakt es am Missionsdesign. Selbiges fällt nämlich ungeheuer repetitiv und generisch aus. Die Missionsziele sind im Grunde immer dieselben:

-Töte Gegner/Lanze X

-Erobere Punkt X

-Zerstöre Convoy bevor Punkt X erreicht wird

-Beschütze Convoy bis Punkt X erreicht wird

-Zerstöre X Gebäude in Anlage X

-Beschütze Anlage X (Selten, kommt aber vor)

-Exfiltriere  Person X aus Bereich X

Obendrein ist die Kartenvielfalt nicht gerade groß. SEHR schnell wird man Maps wiedererkennen und ahnt bereits, wo sich die Gegner befinden und aus welcher Richtung die feindliche Verstärkung kommt. Gerade Letzteres hängt mit Punkt Zwei zusammen: Dem Balancing.

Der Schwierigkeitsgrat der Missionen ist durch sogenannte „Schädel“ gekennzeichnet. Da die Zahl und Tonnage der feindlichen Einheiten aber zufällig bestimmt wird, kommt es vor, dass die Balance sehr unausgereift ist.

So kann es passieren, dass man mit einer leichten Mechlanze gegen eine gleichstarke antritt… oder man begegnet drei angeschlagenen Mittelschweren… oder einem Schweren in perfektem Zustand. Außerdem ist das mit der Verstärkung so eine Sache. Gerade in späteren Töte-X-Missionen kriegt der Gegner meistens Nachschub in Lanzenstärke… und meistens trifft diese (Auf Grund der kleinen Karten) viel zu früh ein. So hat man noch mit zwei oder drei Gegnern zu kämpfen, wenn einem die Verstärkung in die Flanke fällt. Viel zu oft musste ich gegen zahlenmäßige Übermacht kämpfen… und die KI neigt dazu, ihr Feuer auf einzelne Einheiten zu bündeln, was bedeutet, dass mindestens eine meiner Maschinen regelmäßig umgeworfen wird und der Pilot dadurch Verletzungen anhäuft.

Manchmal war es gar effektiver, die eigentlichen Missionsziele zu ignorieren und zunächst die Verstärkung abzufangen.    

Diese Unausgewogenheit macht teilweise auch nicht vor den Story-Missionen halt (obwohl Zahl und Art der Feinde dort von vornherein feststehen). Zumindest sind die Hauptmissionen abwechslungsreicher als der Rest. Dennoch hätte ich mir mehr erhofft.  Nebenmissionen mit Storyhintergrund – passend zu meinen Piloten oder gar Missionsketten für besonders mächtige, seltene Beute. Allein das taktisch anspruchsvolle Gameplay hält das Missionsdesign halbwegs aufrecht.

 

Erschieß jemand den Kameramann

Die Technik… uff, was kann man da sagen? Nun, um es freundlich auszudrücken: man merkt das es dem Titel an Polishing fehlt. Ladezeiten fallen manchmal recht lang aus und ich hab den Eindruck (und laut Steamcommunity nicht als Einziger) dass das Spiel mit der Zeit zum Memory-Leak neigt. Nach ein paar Stunden wurd’s regelrecht zum Ramfresser, wie es seinerzeit auch bei DAO bei mir der Fall war.

Ein, zwei gelegentliche Abstürze hatte ich auch zu verzeichnen, ansonsten sind mir allerdings keine größeren Bugs aufgefallen. Texturen und Detailgrad gehen für ein Strategiespiel inOrdnung. Die Effekte von Explosionen, zerbröckelnden Gebäuden und schmelzender Panzerung sind zudem ganz nett.

Was mich aber von Beginn an genervt hat, ist die cineastische Kamera. Gut, ok, Harebrained Schemes, ich sehe, was eure Absicht war. Das Spiel sollte durch all die Kamerafahrten cineastischer und epochaler wirken… im Endeffekt zieht es aber nur die Runden unnötig in die Länge und killt den Gameflow. Daher war das auch das Erste, was ich restlos im Optionsmenü abgeschaltet hab.

Nichtsdestotrotz: allein der Gedanke den Unfug zu implementieren ist so, als würde man Slowmotion in ein Schachspiel einbauen. Boah, Dude, Sieh nur, wie der Bauer voll in Zeitlupe den Läufer schlägt! Echt voll Krass! Und jetzt zieht der Turm auch noch nach E4 während die Kamera eine Rundfahrt um ihn macht – verschärft!

Als würde man einen Vogelflug-Modus  für die Übersichtskarte von Civilisation einbauen. BRAUCHT KEIN MENSCH.

 

Fazit:

In jungen Jahren habe ich die Battletech-Romane verschlungen und noch heute wünschte ich mir HBO würde sich das Battletech-Universum genauer ansehen (immerhin sind sie ja bald mit GoT durch).

Battletech - das Spiel - schafft es, die Atmosphäre einzufangen und hält sich erstaunlich genau ans Lore. Herausgekommen ist ein vielschichtiges Runden-Taktik-Spiel, deren Missionen abseits der Handlung leider aus dem 0815-Zufallsgenerator zu stammen scheinen und das ein wenig mehr Optimierung vertragen könnte. Grundsätzlich bietet es aber ein starkes Fundament für DLC-Kampagnen  in der Zukunft auf die zumindest ich mich freuen würde (Skirmish hält mich einfach nicht auf Dauer bei der Stange).

Final könnte man sagen: Wer Xcom liebt und Riesenpanzern nicht abgeneigt ist sollte ruhig mal einen Blick wagen

 

Edit post Patch 1.1.0:

Mit dem neuen Patch ist es möglich, die Schwierigkeit genauer anzupassen. Viel verbessert wird dadurch nicht wirklich... zumindest, wenn man weiter auf "normal" spielt. Das Balancing ist immer noch mies, weil "Verstärkung" in Missionen (nach wie vor) viel zu oft stante pede eintrifft. 

Zwar kann man die Schwierigkeit jetzt individueller einstellen, elegant ist die Lösung aber nicht. Nochmals Harebrained Schemes: "Verstärkung" sollte sich immer erst NACH dem ersten Feindkontakt aufmachen - nicht davor! Was ist so schwer daran, nach dem ersten Schusswechsel einen Timer aufploppen zu lassen mit "Verstärkung trifft in X Runden ein"? 


Wertung
Pro und Kontra
  • taktisch anspruchsvoll
  • leichter Einstieg
  • fängt die Atmosphäre der Vorlage ein
  • große Auswahl an Mechs
  • Balancing unausgewogen
  • Missionen von der Stange
  • technische Mängel

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher schwer

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 100 Stunden



Kommentare(13)
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