Rückkehr einer Legende

Der Urgroßvater der Ego-Shooter ist zurück. Im Jahr 1992 schuf id-Software im Alleingang ein neues Genre. Nun soll der neue Teil beweisen, dass die Serie noch...

von nummer47 am: 07.09.2009

Der Urgroßvater der Ego-Shooter ist zurück. Im Jahr 1992 schuf id-Software im Alleingang ein neues Genre. Nun soll der neue Teil beweisen, dass die Serie noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Leider tut er das mit einer betagten Engine, aber das soll wohl gleich ein Verweis zum eigentlichen Spiel sein. Denn Wolfenstein ist OldSchool, aber auch konsequent genug?

Ein amerikanischer Schweinehund

B.J. Blazkowicz muss mal wieder die Welt vor den Nazis (in der dt. Version Wölfe) retten. Dazu reist er nicht etwa in die Nähe von Hohenwald, wo es einen echten Fels namens Wolfenstein gibt, sondern nach Isenstadt (sprich Eisenstadt), über dem ein Schloss thront, dass Spielern aus aller Welt bekannt vorkommen könnte. In Isenstadt schließt er sich dem Kreisauer Kreis an, der mehr mit den Nazis, als mit seinem bescheuerten Namen zu kämpfen hat. Dazu gesellt sich noch eine Gruppe, genannt Goldener Morgen, die wie alle etwas über die okkulten Versuche der Nazis herausfinden wollen. Die haben nämlich ein Portal in eine andere Dimension entdeckt und wollen mit der Kraft der schwarzen Sonne eine Waffe bauen, die den Krieg ein für alle mal zu ihren Gunsten entscheiden soll.

Alles 3D

Isenstadt ist Dreh- und Angelpunkt des Spiels. So wurde die Stadt in mehrere Sektoren unterteilt, von denen aus man die einzelnen Level erreicht. Die Level sind jedoch nicht von Anfang an frei geschalten, sondern man kann sie erst betreten, wenn man den nötigen Auftrag hat. So gaukelt Wolfenstein dem Spieler eine frei begehbare Welt vor, in der man tun und lassen kann was man will. Es wäre schön gewesen, wenn das auch auf das Speichersystem zutreffen würde, denn leider gibt es nur Checkpoints, die dafür aber fair gesetzt sind.
In der Welt von Wolfenstein muss keiner Angst haben, dass er sich verlaufen könnte. Als erster Teil der Serie bietet das Spiel dem Spieler eine Karte, auf der er selber sein nächstes gewünschtes Ziel markieren kann. Auf zur nächsten Mission oder doch vorher nochmal beim örtlichen Schwarzmarkt - dazu später mehr - vorbeischauen? Ziel auf der Karte festlegen und ein sehr gut funktionierender Kompass zeigt dem Spieler immer klar wo es hin geht.

Nach wenigen Spielminuten bekommt B.J. die Fähigkeit in eine andere Dimension zu wechseln. Dazu bedient er sich eines Medaillons, dass er im späteren Spielverlauf noch mit Kristallen verbessern kann. Aktiviert er das Medaillon, befindet er sich im sogenannten Schleier, der die Welt in ein gespantiges Grün taucht. Hier werden Feinde klar hervorgehoben und er kann sich einen Tick schneller bewegen. Später gibt es noch einen Schild, Zeitverschiebung und die Möglichkeit mit Waffen mehr Schaden anzurichten. Das Medaillon benötigt für diese Spielereien Energie, die allerorts aus Mauerwerken, Fußwegen oder sonstigem rinnt. Wir müssen B.J. nur in die Nähe eines solchen Pools bewegen und der Energievorrat füllt sich wieder.
Jede Fähigkeit des Medaillons lässt sich später, genauso wie die Waffen, noch verbessern. Dazu muss man den örtlichen Schwarzmarkt aufsuchen, der alle möglichen Upgrades anbietet. So richten Waffen mehr Schaden an, schießen präziser oder mittels Medaillon auch durch Stahl und Beton hindurch.

Auf dem Schwarzmarkt gibt es natürlich nichts umsonst. Hier heißt es - Nur Bares ist Wahres. Ähnlich wie im 92er Wolfenstein findet man in den Abschnitten allerhand Gold, was wiederum Geld in die Taschen spült. Eine nette Idee, aber die Suche nach den Schätzen gestaltet sich als langatmig, da man möglichst viel finden möchte um sich bessere Upgrades kaufen zu können. Hier wäre ein einfacheres Belohnungssystem besser gewesen.

Zurück nach Schloss Wolfenstein

Die Einsätze des Spiels schicken Herrn Blazkowicz mal in eine Kirche, ein Krankenhaus oder auf ein Schloss. Die Einsätze gestalten sich dabei überraschender Weise recht abwechslungsreich. Mal gilt es Gefangene zu befreien, mal Funktürme zu zerstören und manchmal soll man einfach herausfinden, was die Nazis im Schilde führen. Doch egal auf welchen Einsatz man Sie schickt, fordernd sind sie, dank der guten Gegner-KI alle. Ihre Gegner suchen hinter Mauern und Ecken Deckung und werfen Granaten - die man wieder zum Absender zurück schicken kann - gerne und punktgenau. Da die Standart-Gegner später noch von Magiern unterstützt werden, ist ein reger Einsatz des Medaillons unerlässlich. Allein mit Waffengewalt ist den bösen Deutschen in den höheren von 4 Schwierigkeitsgraden nicht mehr beizukommen.
Die Gegnerschar wird, so ist es bei der Serie Brauch, mit fetten Endgegnern garniert. Diese lassen sich nicht mit bloßer Waffengewalt ausschalten, denn hier ist Köpfchen gefragt. Da aber kein Endgegner ohne Schwachstelle auskommt, sind nur ungeübte Spieler überfordert.
Wird Agent Blazkowicz getroffen färbt sich der Bildschirmrand, wie von neueren Shootern gewohnt, langsam rot und man sollte in Deckung gehen. Nach einer kurzen Verschnaufpause kann es dann weitergehen, denn B.J. scheint mit Comicheld Wolverine verwandt zu sein. Seine Wunden heilen nach einiger Zeit wie von selbst und man kann sich wieder ins Gefecht stürzen. Das ist zwar spielerisch kein schlechter Punkt, aber in Anbetracht der Herkunft wären Medikits serientreuer gewesen.

Mein Leben! ( mit der alten Technik)

Das die Doom3-Engine schon einige Jahre auf dem Buckel hat, merkt man dem Spiel, dank der detaillierten Schauplätze, nicht unbedingt auf Anhieb an. In einigen Ecken des Spiels sieht man aber dann doch den Zahn der Zeit, der zum Beispiel an den Charaktermodellen genagt hat. Trotzdem kann der Titel einen stimmigen Look auf den Bildschirm zaubern und auch der Schleiereffekt kann vollends überzeugen, auch wenn er sich nach einigen Spielstunden etwas abnutzt. Überhaupt hat das Spiel viele knalligen Effekte, etwa wenn die 3 fiktiven Waffen zeigen was sie können und die Stärkste davon der BFG aus Doom Konkurrenz macht.
Wenn schon die Grafik nicht mehr mit heutigen Standards gänzlich mithalten kann, muss es wenigstens der Ton raus reißen. Die 8 Waffen des Spiels hören sich echt an, ohne den Hollywood-Touch auszulassen, die Musik kann mit einem gewissen OldSchool-Charme überzeugen und die Gespräche der englischen Sprecher regen hin und wieder, dank deutscher Floskeln, zum schmunzeln an.

Wolfenstein versucht einen Spagat zwischen alter Tradition und neuer Spielmechanik. Wo sind die Schlüssel die ich für den Levelausgang brauche? Wieso der Schwarzmarkt, der die Schatzsuche zur nervigen Angelegenheit macht. Und warum hat man in Deutschland alle Verbandskästen abgeschafft?
Ob man nun der Meinung ist, dass es zu viele Neuerungen gibt und die Tradition auf der Strecke bleibt oder dass es zu wenige gibt und Wolfenstein nur ein x-beliebiger Shooter ist, den man durch jeden anderen x-beliebigen Shooter ersetzen kann ... für mich war nach ca. 10-12 Spielstunden eines klar. Danke Raven Software für die Wiederbelebung der Legende.

Mehr Screenshots zum Spiel gibt es hier: Meine Wolfenstein-Bilder


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: schicke Effekte, stimmiger Stil
  • Sound: gute engl. Sprecher, knallige Waffensounds
  • Balance: 4 Schwierigkeitsgrade, faire Speicherpunkte
  • Atmosphäre: serientypische Mystikstory mit verrückten Nazis
  • Bedienung: Shooterstandart, bedienerfreundliches Menü
  • Umfang: ca. 10 Stunden Trashunterhaltung, Multiplayermodus
  • Leveldesign: abwechslunsreiche und detailierte Abschnitte
  • KI: wirft Granaten gerne und punktgenau, sucht Deckung
  • Waffen & Extras: upgradefähiges Arsenal, sinnvolle Fähigkeiten
  • Handlung: viele Zwischensequenzen treiben Story voran
  • Grafik: teils unschöne Charaktermodelle und lahme Texturen
  • Sound: dt. Soldaten sprechen englisch
  • Balance: schwankender Anspruch
  • Atmosphäre: Bedrohung ist nicht allerorts spürbar
  • Bedienung: kein freies Speichern
  • Umfang: kein Wiederspielwert
  • Leveldesign: Offenheit nur vorgegaukelt
  • KI: sucht aber auch hin und wieder Körperkontakt
  • Waffen & Extras: wenig Auswahl
  • Handlung: fantasielose Story - Potenzial verschenkt

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(5)
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