So muss ein Horror-Schocker aussehen!

Alone in the Dark verlässt die Horror-Ecke, Silent Hill: Comecoming nimmt den Monstern den Schrecken durch sein neues Kampfsystem, Fear 2 erreicht nicht die...

von - Gast - am: 24.09.2009

Alone in the Dark verlässt die Horror-Ecke, Silent Hill: Comecoming nimmt den Monstern den Schrecken durch sein neues Kampfsystem, Fear 2 erreicht nicht die Grusel-Qualität des Vorgängers und Resident Evil 5 setzt vorrangig auf Koop-Action. Ist damit das Horror-Genre zurzeit ohne Reize? Keines Wegs, mit Dead Space gelang EA eines der besten Horror-Spiele der letzten Zeit.

Sich Vorbilder zu nehmen, ist recht vernünftig. Im Jahre 1996 hat sich das kleine Entwickler-Team Core Design, genauer gesagt Toby Gard, als Vorbild Indiana Jones genommen, ihn einer Geschlechtsumwandlung unterzogen, in Lara Croft umgetauft und in Tomb Raider durch verfallene Ruinen und Tempel geschickt. Dabei kam die größte, weibliche Videospiel-Ikone zur Welt, die auch außerhalb der Videospiel-Branche bekannt ist.
Anderes Beispiel: Blizzard ließ sich von den beiden vorzeitlichen Spielen Net Hack und Rogue inspirieren, haben es in eine zweckmäßige 2D-Optik gesteckt, es mit der Item-Sammelsucht versehen und dann mit Render-Filmchen garniert. Fertig war die Action-Rollenspiel-Referenz.
Dead Space hat auch Vorbilder, überwiegend aus dem Film-Bereich. Event Horizon, das Ding aus einer anderen Welt oder Alien, allesamt Klassiker aus dem Horror-Genre. Da stellt sich nun mal die
Frage: Kann Dead Space mit seinen Vorbilder mithalten? Schon nach wenigen Minuten kommt die Antwort: Ja! Und wie!

Isaac, ich bin´s

Manche Spiele beginnen verhalten, um dem Spieler Geborgenheit vorzutäuschen, um ihm sie mit einem Ruck wieder zu entnehmen und in das Spiel zu entlassen. Dead Space beginnt da schon ganz anders, von Anfang an wird Druck aufgebaut. Schon im Anflug auf die Ishimura gibt es eine Bruchlandung in die Schiffshülle und Isaac und seine Crew sind … Halt! Zunächst zur Story, damit man es versteht. Die USG Ishimura, das größte Raumschiff, genannt Planetencracker, seiner Klasse, hat einen Notruf abgeschickt, daraufhin wurde die USG Kellion ausgesandt, um die Ishimura zu warten. Auf der Kellion befindlich: Isaac Clarke, seines Zeichens Techniker, Alter Ego des Spielers und später auch Metzger. Seine Hauptmotivation ist gleich am Anfang klar, er will nach seiner Freundin Nicole sehen, die ihn um Hilfe bat. Doch gleich nach der (Bruch-)Landung wird das halbe Team zerfleischt, Isaac von den zwei Überlebenden getrennt und von den sogenannten Necromorphs gejagt. Der vermeintlich gefahrlose Trip entwickelt sich zu einem krankem Abenteuer.
Ein an sich normaler Wartungsflug wird zum Alptraum für die Wartungsmannschaft, das kommt doch bekannt vor? Richtig, Event Horizon behandelt das gleiche Thema! Nur, das es in Dead Space nicht ein aus der Hölle entflohenes Schiff für den Grusel verantwortlich ist, sondern eine Seuche, die die Crew-Mitglieder der Ishimura heimgesucht hat und sie in diese fiese Gestalten verwandelt hat, die nun auf dem Raumkreuzer ihr Unwesen treiben.
Hinter diesem Grundgerüst steckt, bei einem solchen Szenario nicht unbedingt Standard, eine unglaublich dichte Story, die vor allem mit einer Vielzahl von Wendungen und seinen toll gezeichneten Charakteren glänzen kann. Größtenteils dadurch ist man stets motiviert, im Spiel voranzukommen und das bezieht das Spiel sehr gut ein. Eine kleine Zwischenrede des Bösewichts (so viel Vorweg, neben Kendra, Hammond und Isaac gibt es weitere menschliche Überlebende) und man will schon wieder weiterspielen, um mehr von der Story zu erfahren. Einen Großteil der spannenden Atmosphäre zieht das Spiel aus seiner grandiosen Geschichte, die Erzählweise in Hologramm-Logs und Skriptsequenzen ist traumhaft gelungen und auch ansonsten überrascht die Story, schon fast der größte Pluspunkt am Spiel. Wäre da nicht die Atmosphäre.

Ich wünschte, ich könnte mit dir reden

Auch hier kann man die Ähnlichkeit zu Event Horizon nicht ganz von der Hand weisen, aber den Vergleich dazu muss Dead Space nicht scheuen. Wenn Isaac in den engen Korridoren entlang schlendert, die Kamera in der Verfolgerperspektive ihm hinterher, seinen Plasma-Cutter am Anschlag, plötzlich Geräusche in den Schächten vernimmt und dann aus heiterem Himmel ein solches Ungetüm vor seinen Augen aus einem eben solchen Schacht entspringt, dann reicht das an die klaustrophobische Stimmung des Vorbilds heran, mit einer ordentlichen Portion Adrenalin und Schockeffekt als Beilage.
Überhaupt kann sich Dead Space in dieser Disziplin mit allem messen lassen, was Klang und Namen im Horror-Genre hat, auch in der Spiele-Industrie. Dead Space hat seine lauten, mit Adrenalin geschwängerten Momenten, in der selbst dem größten Hardcore-Zocker die Schweißperlen auf der Stirn stehen und der Puls weit über 160 ist. Dann hat Dead Space seine leisen, subtilen Momente, bei der die Spannung zum Schneiden dicht ist und jedes noch so kleine Geräusch den Herzstillstand bedeuten würde.
Dabei wird die Atmosphäre gnadenlos gut vom Sound unterstützt, mit der richtigen Hardware vorausgesetzt kommen die ohnehin fast perfekten direktionalen Effekte noch besser zur Geltung. Musik wird kaum eingesetzt, um das Gesamtbild aus Grafik und Atmosphäre nicht zu zerstören, aber wird an gezielten Momenten mal schwächer, mal stärker eingesetzt um die Wirkung noch zu verstärken.
Isaac ist kein ausgebildeter Soldat, er ist Techniker. Dementsprechend muss er den Monstern ohne schweres Kriegsgerät entgegentreten, er muss das benutzen, mit dem er umgehen kann und unmittelbar in der Nähe ist. Abgekupfert vom Horror-Klassiker Alien von 1979 wird die beklemmende Stimmung dadurch noch intensiviert, Isaac ist kein Übermensch und das ist dem Spieler stets klar. Er kämpft um das Überleben mit den knappen Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen und das ist blendend gut umgesetzt, vor allem auf höheren Schwierigkeitsgraden.

Es tat mis alles so schrecklich Leid

Aber Dead Space besteht nicht nur aus Atmosphäre und Story, auch eine, wenn auch sehr blutige, Gameplay-Idee steht dahinter: Das Strategic Dismemberment, zu deutsch: Das strategische Zerstückeln der Gegner. Um die Gegner möglichst effektiv und ohne großen Munitionsverlust auszuschalten sollte man darauf abzielen, ihre Gliedmaßen Stück für Stück vom Körper abzutrennen. Was sich einfach anhört, gestaltet sich in der Praxis weitaus schwieriger.
Die Gegner bewegen sich flink, rennen auch auf den Spieler zu oder bereiten auch auf anderen Wegen Schwierigkeiten. Neben der Standard-Variante des Necromorphs namens Slasher, das noch am ehesten an einen Menschen erinnert, gibt es noch weitere Varianten. Etwa der kleine, mit Tentakel-Armen bestückte Lurker, der auch aus der Ferne angreift und bis auf die Tentakel keine Gliedmaßen hat, oder der gewaltige Brute, den man nur mit Stase und ordentlich Munition klein kriegt.
Stase? So mancher Spieler ist gewohnt, die Zeitlupe einzuschalten, Dead Space aber drückt ihm die Stase-Funktion in die Hand, mit der er seine Umgebung eine zeit lang extrem verlangsamen kann, sowohl Gegenstände als auch Gegner. Wie man es sich denken kann, benutzt man die Stase nicht nur im Kampf, sondern auch um Rätsel zu lösen oder schnell zuschlagende Türen zu verlangsamen, um unversehrt hindurch zu gehen. Im Verbund mit dem Kinese-Modul, das mit dem Gravitron aus Half-Life 2 zu vergleichen ist (und gleich noch ein weiteres Vorbild!), entstehen so kleine Kopfnüsschen, die zwar nie wirklich herausfordernd sind, allerdings Abwechslung in den ansonsten monotonen Spielverlauf bringen, denn außer dem Zerstückeln gibt es kein weiteres tragendes Spielelement im Spiel.

Ich wünschte ich könnte mit ...

... irgendjemandem reden

In 11 von 12 Kapiteln im Spiel ist man in der Ishimura unterwegs und das hört sich schlimmer an, als es ist. Die verschiedenen Bereiche, in denen man geschickt wird, unterscheiden sich teilweise deutlich. Im Gewächshaus findet man allerlei Pflanzen, in dem Schiff-Hangar trifft man auf gewaltig große Areale und auf der Krankenstation ist alles medinizisch steril gehalten, von denen Blutflecken hinterher mal abgesehen. Hin und wieder gibt es aber auch wirklich originelle Einfälle wie die Zero-G Abschnitte, in denen keine Gravitation herrscht und man dadurch durch den Raum fliegen kann oder die luftlosen Gebiete, wo Isaac durch seinen Anzug-internen Sauerstoff-Tank atmen muss und wenn dieser leer ist, geht ihm die Luft aus. Teilweise überschneiden sich auch beide Bereiche, in denen Zeitdruck und Schwerelosigkeit herrscht und falls dann sich auch noch Monster zum Kämpfen bereitstellen, wird es richtig knifflig.
Die Aufgaben in den Levels reichen von normalen *Sammel das und setz es dort ein*- über *töte das gewaltige Riesenvieh*- bis hin zu *bring das Teil wieder zum Laufen!*-Jobs. Die Aufgaben erteilen dem Spieler die Kollegen Kendra und Hammond, die zwei Überlebenden vom Anfang, über Logs. Diese kurzen Zwischensequenzen sind stets ins Spiel integriert, sie werden als Hologramm vor Isaacs Augen projiziert und man ist so nicht komplett auf das Zuschauen beschränkt. Dieses Element zieht sich durch das gesamte Spiel, es gibt nie kein Interface, die Werte sind immer aus dem Spiel heraus zu erkennen. Beispielsweise befindet sich die Lebensanzeige an Isaacs Rücken, gleich daneben der Vorrat an Stase. Wie viel Munition in einer Waffe noch steckt, wird beim Anlegen der Waffe eingeblendet, selbst Inventar und co. werden nur als Hologramm dargestellt, man kann sich währenddessen weiterbewegen. Nur an Speicherpunkten (Dead Space besitzt weder eine freie noch eine automatische Speicherfunktion) und im Shop wird das Spiel zum Menü, ansonsten kommt es ohne HUD und Ähnliches aus.

Es bricht alles zusammen

Erledigte Gegner lassen immer mal wieder etwas liegen, mal ist es Munition, seltener auch Medipacks und häufiger Credits. Diese kann man beim Shop verwenden, um Sachen einzukaufen, beispielsweise Stase-Packs, um die Stase zu regenerieren, einen höheren Anzug-Level, der unter anderem mehr Inventar-Slots bereitstellt, und auch Waffen. Das Standard-Chirurgie-Werkzeug, der Plasma-Cutter, ist und bleibt im ganzen Spiel die einzige Waffe, die man finden kann. Die restlichen müssen gekauft werden, zudem verfügt jede Waffe über zwei Feuermodi. Der normale Cutter verfügt über einen horizontalen sowie einen vertikalen Schnitt, das Impulse-Rifle verschießt von einem Gewehr gewohnt schnelle Schüsse hintereinander oder viele Kugeln auf einmal und im gesamtem Raum verteilt. Obwohl manche Waffen viel stärker wirken, ist man allein mit dem Plasma-Cutter besser beraten, denn durch die Feuermodi ist man selbst auf den stärksten Gegner vorbereitet, dafür sammelt man die meiste Munition ein und wenn sie mit Upgrades versehen ist, entwickelt sie sich zum Allrounder.
Und gleich der nächste Punkt, die Upgrades. In den Levels verstreut liegen Energieknoten, die man für teuer Geld auch im Shop erwerben kann, mit denen an Werkbänken die Waffen aufgerüstet werden können. Es ist aber im Spiel nie möglich, alle Waffen und Gegenstände hochzurüsten, von der Balance her sehr gelungen. Es empfiehlt sich ständig einen oder zwei Knoten bei sich zu haben, erst mit ihnen kann man in jeden der Räume gelangen, teilweise verlangen sie nach einem solchen “Schlüssel“.

Es ist kaum zu glauben, was hier vor ...

... sich geht

Das ungefähr 12 stundenlange Spiel setzt dem Spieler keine Hindernisse vor, einzig und allein die umstrittene Online-Aktivierung samt begrenzter Installationszahl wecken Unmut, ansonsten gibt es wenig zu meckern, auch von grafischer Seite nicht. Bestechend gut sind die Lichtspielereien, die ordentlich Atmosphäre bringen. Wenn ein trügerischer Lichtschein durch das Bild zuckt und plötzlich einen Schatten in Form eines Necromorphs hinterlässt, dann wirkt das stark auf die Grusel-Stimmung. Zudem sind die ekeligen Monster, die vom Design her teilweise stark an den Film-Klassiker “Das Ding aus einer anderen Welt“ anmutet, sehr detailliert gelungen und ihre teils kranken Animationen gut eingefangen. Auch Isaac hinterlässt trotz des dicken Anzugs einen guten Eindruck im Bereich der Animationen, allerdings sind die Texturen seines Panzers ein wenig schwammig, aber das nimmt man billigend in Kauf, vor allem in Hinsicht der Hardware-Anforderungen. Selbst auf älteren Rechnern sieht das Spiel noch gut aus und läuft flüssig, das rundet die ganze Sache noch deutlich ab.
Apropos abrunden: Wer Angesichts der brutalen Spiel-Idee automatisch zur englischen Version greift, verpasst nicht nur die vorbildliche deutsche Synchronisation, sondern muss sich wieder belehren lassen, das man auch einfach zur deutschen Version hätte greifen können, denn diese ist komplett ungeschnitten durch die USK-Prüfung gekommen und somit auf dem gleichen Stimmungs-Niveau des englischen Äquivalents.

Ist schon seltsam, so ein kleines Ding..

Dead Space schockt, Dead Space setzt unter Druck, Dead Space, lässt einen nicht mehr schlafen, aber besonders überrascht Dead Space. Aus dem Nichts zaubern die Entwickler von EA´s Redwood Shores Studio einen Horror-Schocker, der die Messlatte kommender Grusel-Hits erstaunlich weit nach oben gelegt hat und sich in die Hall of Fame der Horror-Games einreihen kann. Die monotone Spiel-Idee kann man dem Spiel getrost verzeihen, die Atmosphäre, die Soundkulisse und die Story entschädigen dafür umso mehr. Aber ein Wermutstropfen bleibt: Isaac sagt im gesamtem Spiel-Verlauf kein Wort, das hat er sich wohl bei Mr. Freeman abgeschaut. Daran kann man wohl erkennen, das sich Vorbilder nehmen dann doch nicht immer vernünftig ist.


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: tolle Lichteffekte, gelungene Animationen
  • Sound: atmosphärische Soundkulisse, direktionale Effekte
  • Balance: stets machbare Herausforderungen, Upgrades
  • Atmosphäre: schaurige Stimmung, geniale Skriptereignisse
  • Bedienung: Hologramm-Menüs, sehr präzise mit Gamepad ...
  • Umfang: 12 Stunden Kampagne
  • Leveldesign: Abwechslungsreiche Schiffsorte, Schwerelosigkeit
  • KI: Monstertypisches Verhalten, eigene Bewegungsmuster
  • Waffen & Extras: taktisches Zerschneiden, Stase + Kinese
  • Handlung: spannende Wendungen, interessante Charaktere
  • Grafik: schwammige Anzug-Texturen
  • Sound: -
  • Balance: manche Waffen unnötig
  • Atmosphäre: -
  • Bedienung: ... mit Maus ungenau, kein freies Speichern
  • Umfang: mäßiger Wiederspielwert
  • Leveldesign: -
  • KI: keine intelligenten Gegnertypen, Gegner-Recycling
  • Waffen & Extras: unnötige Waffen
  • Handlung: -

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



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