Das Blockbuster-Dilemma.
Am 13. November hat Assassin’s Creed Unity innerhalb weniger Stunden Millionen von Dollar vernichtet, und zwar an der Börse. Nicht wegen schlechter Verkaufszahlen wohlgemerkt. Grund ist viel mehr der gewaltige Shitstorm, der an diesem Tag über Ubisoft hineinbricht. Die Community wütet in den sozialen Medien über die technischen Probleme und den frechen Ingame-Shop, die Investoren reagieren prompt und lassen den Kurs der Ubisoft-Aktie um fast zehn Prozent einbrechen. Eine Katastrophe, zumindest für Ubisoft.
Damit bezieht ausgerechnet das Spiel des November-Blockbuster-Reigens die meiste Prügel, bei dem der Entwickler zumindest produktionstechnisch das meiste Risiko eingeht. Erstmals Verzicht auf die alten Konsolen, komplett neu entworfene Kampf- und Schleichmechanismen, die bis dato belebteste und detailreichste Stadt in einem Computerspiel. Und die Blockbuster-Kollegen? Call of Duty: Advanced Warfare liefert auch dieses Jahr bis auf Nuancen wieder genau das, was ein Call Duty eben so liefert. Dragon Age: Inquisition beeindruckt zwar technisch (wenn auch mit Hilfe der seit Jahren bewährten Frostbite-Engine), wählt aber spielerisch einen verhältnismäßig bequemen Mittelweg aus den Serienteilen 1 und 2. Und Far Cry 4 könnte bei aller vorhandenen Qualität bös gesagt auch ein Vollpreis-Addon zum Vorgänger sein.
Damit möchte ich Assassin’s Creed Unity keinesfalls in Schutz nehmen, schließlich bekommt es auch bei uns »nur« eine 76 – eine Ohrfeige für einen Titel mit diesen Ambitionen. Aber das Beispiel Unity zeigt, in welchem Dilemma die Blockbuster-Entwicklung heutzutage steckt. Je mutiger und technisch anspruchsvoller das Vorhaben, desto größer das Risiko, nach drei Jahren harter Arbeit letzten Endes zu scheitern und anschließend so richtig eins auf die Mütze zu kriegen. In Zeiten von dreistelligen Millionenbudgets und tausendköpfigen Entwicklerteams ein Risiko, das – so steht zu befürchten – die großen Publisher nach dem Beispiel Unity künftig noch seltener eingehen werden. Und das wäre eine größere Katastrophe als jeder Aktieneinbruch, zumindest für uns Spieler.
Sie sehen schon: Ich hätte mir kaum einen spannenderen Monat aussuchen können, um meinen neuen Job bei der GameStar anzutreten. Für mich schließt sich damit der Kreis. Vor genau 14 Jahren habe ich als Trainee und »Kadett Klinge« meinen Dienst beim Raumschiff GameStar angetreten – in der festen Überzeugung, beim besten Magazin mit dem besten Team zu arbeiten. An dieser Überzeugung hat sich bis heute nichts geändert.
Gemeinsam mit meinen Kollegen werde ich den von Jochen Gebauer eingeschlagenen Weg konsequent fortführen. Nämlich das bestmögliche Magazin für all diejenigen zu machen, für die Spiele nicht nur eine gelegentliche Freizeitbeschäftigung sind, sondern noch ein richtiges Hobby. Und als solch ein Magazin möchten wir Sie auch auf die Spiele neugierig machen, für die Sie sich unter normalen Umständen vielleicht nicht interessieren würden. Deshalb haben wir mit dieser Ausgabe die Spielenamen-Überschriften durch aussagekräftigere und hoffentlich neugierig machende Headlines ersetzt. Um welches Spiel es bei »Freiheit, Gleichheit, Technikprobleme« geht, sollte ja spätestens nach dem Lesen dieses Editorials kein großes Geheimnis mehr sein.
Viel Spaß beim Lesen und Spielen!
Heiko Klinge
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