Age of Empires Online im Test - Irrfahrt in die Free2Play-Antike

Viel (und beinahe gutes) Spiel für zunächst überhaupt kein Geld: Age of Empires Online offenbart im Test nicht nur einen gewaltigen Free2Play-Umfang, sondern auch ärgerlich viele Schnitzer im Spieldesign.

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Die Idee ist eigentlich ebenso simpel wie genial: das unverwüstliche Spielprinzip von Age of Empires, eine ordentliche Prise Online-Rollenspiel und das Ganze zumindest in der Grundausstattung gratis. Was soll da schon schiefgehen? Wer jetzt »unerwartet viel« gesagt hat, darf als Orakel nach Delphi ziehen - denn vom unverwüstlichen Spielprinzip einmal abgesehen, funktionieren viele elementare Aspekte von Age of Empires Onlinein der Release-Version entweder gar nicht oder noch nicht.

Dabei hinterlässt die schöne neue Online-Welt zunächst einen guten Eindruck. Okay, schön im herkömmlichen Sinne ist sie nicht, aber der drollige Comic-Look mit Anleihen bei Team Fortress 2wirkt stimmig und überrascht auch nach mehreren Spielstunden noch mit niedlichen Details und Animationen. Haben wir uns für ein Kulleraugen-Volk entschieden - aktuell stehen mit Griechen und Ägyptern zwei Zivilisationen zur Auswahl, weitere sollen per Updates folgen - landen wir in unserer Hauptstadt.

Kontrollbesuch mit neuer Wertung
Wir haben Age of Empires Online im Spätsommer 2012 einem Kontrollbesuch unterzogen (zum Artikel). Die zwischenzeitliche Umstellung auf ein echtes Free2Play-Modell und neue Inhalte schlagen sich in der neuen Wertung (73 statt 70) nieder.

Age of Empires Online - Screenshots ansehen

Dort lümmelt neben dem Palast ein weißhaariger Sokrates-Verschnitt mit einem dicken gelben Ausrufezeichen über der Birne, das wir sofort als universelles Quest-Symbol identifizieren, und schon stecken wir mitten in unserer ersten Mission.

Die KI findet nicht mal ihren Hintern

Auch bei den Echtzeit-Einsätzen gibt Age of Empires Online zu Beginn eine gute Figur ab. Kein Wunder, haben die Entwickler doch das bewährte Spielprinzip nahezu unangetastet aus den Vorgängern übernommen. Wer jemals ein Age of Empires gespielt hat, der findet sich auch in der Online-Variante in Windeseile zurecht, schickt Dorfbewohner auf Holz- und Nahrungssuche, zieht neue Gebäude hoch, bildet eine Armee aus und erinnert sich plötzlich an längst vergessene Tastaturkürzel und optimale Baureihenfolgen. Und da die anfänglichen Missionen als Tutorial dienen, kommen auch Neulinge prima klar. Endlich, denken wir nach den ersten drei, vier Einsätzen, endlich wieder Age of Empires!

Die Ernüchterung folgt prompt: Was ist denn mit der KI passiert? So strohdämlich war die doch früher nicht. Zugegeben: Als Age of Empires 3erschien, war Gerhard Schröder noch Bundeskanzler und viele Finanzexperten hielten es für eine ausgezeichnete Idee, Geld bei den Lehman Brothers anzulegen. Also spielt uns da eventuell die Nostalgie einen Streich? Nach einem kurzen Besuch des Dachbodens mit anschließender Installation des Klassikers wissen wir: nein, tut sie nicht. So unkoordiniert, passiv und teilweise geradezu selbstzerstörerisch ging die KI selbst im sechs Jahre alten Vorgänger nicht zu Werke.

Viel Taktik ist in den Schlachten nicht gefragt. Wer mehr Truppen hat gewinnt meist. Viel Taktik ist in den Schlachten nicht gefragt. Wer mehr Truppen hat gewinnt meist.

Ein Beispiel: Befehlen wir unserem Heer den Angriff auf einen feindlichen Wachturm, macht es sich eifrig an die Ausführung, das Bauwerk wankt und fällt, soweit brav gemacht. Aber sobald der anvisierte Wachturm zerstört ist, wird die ganze Truppe umgehend gehirnalbern. Anstatt die inzwischen angerückten feindlichen Bogenschützen und Speerkämpfer anzugreifen, dreschen unsere Soldaten munter auf Felder, Dorfbewohner und Lagerhäuser ein.

Konsequenz: Wer nicht wirklich jede Aktion seiner Truppen bis ins kleinste »nein, dieses Wohnhaus ist im Augenblick eher ungefährlich, greift stattdessen lieber den Axtkämpfer da hinten an«-Detail selbst festlegt und nebenbei höllisch aufpasst, dass die ganze Mischpoke aufgrund der unzureichenden Wegfindung nicht buchstäblich in die Pampa trödelt, der stellt irgendwann konsterniert fest, dass seine gigantische Armee soeben von ein paar mickrigen Keulenkriegern umgehauen wurde. Weil man ja diese ungeheuer gefährlichen Bauernhäuser zu bekämpfen hatte. Argh!

Die Missionen: Manchmal spannend, originell und fordernd

Im Zusammenspiel mit den passiven KI-Gegnern, die alle Jubeljahre mal ein Suizidkommando vorbeischicken, sorgt dieser übertriebene Zwang zum Mikromanagement dafür, dass wir die meisten Einsätze streng nach Schema F spielen: nämlich in aller Ruhe ein gewaltiges Heer auf die Beine stellen und die KI damit völlig strategielos überrollen.

Test-Video zu Age of Empires Online Video starten 5:39 Test-Video zu Age of Empires Online

Gerade in den ersten Stunden gestaltet sich Age of Empires Online deshalb zäh wie Schuhsohle. Nahezu jede Mission spielt sich identisch und wir verbringen einen erheblichen Teil unserer Zeit damit, sehr häufig auf den Button zum Einheitenproduzieren zu klicken.

Glücklicherweise bessert sich das Missionsdesign im weiteren Spielverlauf dramatisch; dennoch zündet Age of Empires Online nur dann so richtig, wenn es den kompletten Aufbau-Aspekt ignoriert und uns beispielsweise lediglich mit Wachtürmen und Dorfbewohnern bewaffnet Tower Defense spielen lässt oder ein ägyptisches Kamelrennen inszeniert. Das ist spannend, originell und tatsächlich fordernd; in den meisten klassischen Einsätzen hingegen müssen die Entwickler künstlich tricksen, um die Schwächen der KI wenigstens leidlich zu kaschieren.

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