Nintendo hat vom Game Boy bis heute über 118 Millionen Einheiten verkauft. Mit Release der Konsole 1989 war das Unternehmen als Handheld-Übermacht in der Wahrnehmung vieler zementiert.
Es gibt allerdings noch viel, viel mehr Handhelds als nur Game Boy und DS, die den beiden teilweise technisch ziemlich überlegen waren. Vier davon stellen wir euch in chronologischer Reihenfolge in diesem Artikel vor.
Atari Lynx
Erscheinungsdatum: 1989
Verkaufte Konsolen: 3.000.000 (Quelle: retrovideospiele)
Als der Videospiele-Crash von 1984 passierte, forderte das Ereignis vor allem ein großes Opfer: Atari, das zuvor den Videospielemarkt dominierte. In Zusammenarbeit mit Entwicklerstudio Epyx wollte man fünf Jahre später etwas Neues probieren: tragbare Konsolen.
Handhelds waren per se nichts Unbekanntes, die meiste Hardware war allerdings bloß in der Lage, ein Spiel auszuführen wie beispielsweise Nintendos Game & Watch. Obwohl keine Premiere, sollte der Atari Lynx austauschbare Cartridges haben, einen 16-Bit-Prozessor und erstmals einen Farbbildschirm, der über 4.000 Farben darstellen konnte.
Atari ging auch ein vergleichsweise geringes Risiko ein: Epyx entwickelte Hard- und Software, Atari übernahm Marketing und Vertrieb. Prinzipiell war das Feld auch frei, denn auf dem Markt befand sich lediglich der Game Boy mit seinem popeligen Monochrom-Display. Eigentlich idiotensicher, oder?
Darum ist der Atari Lynx gefloppt: Obwohl der Lynx auf dem Papier in technischer Sicht deutlich überlegen war, hatte er keine Chance gegen den Game Boy. Zu luxuriös und am Markt vorbei. Rückblickend betrachtet lag das an mehreren Faktoren:
- Der Preis war mit 179,99 US-Dollar zu teuer (in Deutschland kostete die Konsole 399 D-Markt, laut Atarimusem). Zum Vergleich: Der Game Boy kostete gerade einmal 89,99 US-Dollar (oder 149 D-Mark in Deutschland)
- Die Batterielaufzeit war deutlich geringer als die des Game Boy.
- Der Game Boy kam zusammen mit Tetris im Bundle.
Sega Game Gear
Erscheinungsdatum: 1990
Verkaufte Konsolen: 11.000.000 (Quelle: Vice)
Den Sega Game Gear einen Flop zu nennen, wäre vermessen. Über elf Millionen verkaufte Einheiten sollte man nicht die Nase rümpfen.
Segas Game Gear war nicht nur ein Vorstoß auf den dominierten Handheld-Markt, sondern auch die erste tragbare Konsole des Unternehmens – was es umso beeindruckender macht, dass das Gerät mit dem Sega Master System, also einer stationären Konsole, im Kopf designt wurde.
Die Message war absolut klar: Nintendo mit purer Technik-Macht bekämpfen. Genau wie der Atari Lynx stellt der Game Gear mit einem 32-Bit-System 4.096 Farben dar und bot sogar einen beleuchteten Bildschirm, etwas, das erst 2005 (!) mit dem Game Advance SP Einzug bei Nintendos Handhelds hielt.
Darum ist der Game Gear gefloppt: Obwohl technisch dem Game Boy überlegen und sogar günstiger als der Atari Lynx (Einführungspreis in Deutschland: 299 D-Mark), ist der Handheld heutzutage, wenn überhaupt noch, wegen einer Tatsache bekannt: Er schluckt Batterien ohne Ende.
Mit sechs Batterien kam man circa 4 Stunden weit; der Game Boy benötigt nur vier und hielt 15 Stunden lang. Ratet mal, was Kinder lieber mit auf lange Autofahrten genommen haben.
Es wird allerdings noch ein anderer Grund gemunkelt. Mitte der 1990er Jahre befand sich Sega bereits auf dem absteigenden Ast, was die Hardware betrifft. Der Abstieg wurde durch die neue Sony PlayStation nur begünstigt. Der Game Gear verkaufte sich nicht schlecht, blieb aber meilenweit hinter dem Game Boy zurück – und irgendwo musste Sega die Axt ansetzen (SVG).
Nokia N-Gage
Erscheinungsdatum: 2003
Verkaufte Konsolen: 3.000.000 (Quelle: GamePro)
Schaut man sich Nokias ersten und einzigen Vorstoß in die Handheld-Gamingwelt so an, fällt einem sofort die Ähnlichkeit zu Nintendos Game Boy Advance auf. Dabei ist das N-Gage so viel mehr als nur eine Daddel-Pille.
Das Gerät ist eine Mischung aus Spiele-Konsole und Handy. Das Beste aus beiden Welten war es allerdings nicht, denn während man hochkant telefoniert, spielt man im Querformat.
Nun gut, im Smartphone-Zeitalter sind unsere Handys echte Tausendsassa, aber 2003 war der Gedanke vom Telefon als Konsole noch deutlich avantgardistischer – aber wie Slash Gear schreibt, glaubte Nokia an das Projekt und schenkte dem N-Gage 2004 sogar noch mal eine Revision.
Darum ist das Nokia N-Gage gefloppt: Dass man beim Telefonieren ein wenig komisch aussah, hätten viele sicher verschmerzen können, aber hinzugesellten sich zwei Design-Aspekte, die Spieler Nokia nicht verziehen haben.
- Der Bildschirm war schmal. Der Game Advance setzte auf einen breiten Bildschirm, das Nokia N-Gage auf einen Hochkant-Screen – und das machte Spiele sehr viel schwerer, weil man schlichtweg weniger sah.
- Spiele wechseln war umständlich. Glaubt es oder nicht: Um die Games, welche auf SD-Karten-artigen Kassetten gespeichert waren, auszutauschen, musste man die rückseitige Klappe abnehmen.
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Natürlich war auch der Preis ein entscheidender Faktor. Ja, der N-Gage war, mal wieder, dem Game Boy Advance technisch überlegen, doch beim Preis von 299 US-Dollar griffen viele Spieler lieber zur Nintendo-Konsole, die rund 130 Euro zu der Zeit kostete.
Es sei auch noch erwähnt, dass Sony 2005 mit der PSP einen bockstarken Handheld nachlegte und den letzten Nagel in den N-Gage-Sarg schlug. Wollt ihr einen ausführlichen Bericht lesen, schaut in Linhs Special zum Nokia N-Gage.
Sony PSP Go
Erscheinungsdatum: 2009
Verkaufte Konsolen: -
Sony hat mit der PSP Go sein Bestes gegeben, Nintendos Praktiken zu imitieren, aber ist damit leider fehlgeschlagen. Nintendo ist nämlich Meister darin, immer wieder neue Iterationen von bereits erschienen Handhelds auf den Markt zu werfen (und wenn jemand Zweifel hat: schaut euch den Game Boy Micro an).
Die PSP Go ist nämlich eine neue Variante der PSP und mit insgesamt 80 Millionen verkauften Einheiten kann man Sony nicht vorwerfen, dass sie versucht haben, noch mehr aus dem Handheld zu holen.
Auch in unserem vierten Fall war die Hardware der von Nintendo überlegen. Mit der PSP Go war Sony übrigens auch sehr mutig: Der Handheld besaß keine physischen Spiele, alles lief über Downloads. Man hatte also immer seine Spielbibliothek dabei, ohne einen Koffer voller Games mitzuschleppen.
Darum ist die PSP Go gefloppt: In der Historie von Sony – und Handhelds als solches – nimmt die PSP Go einen seltsamen Platz ein. Technisch gesehen war die Konsole 2009 schon etwas angestaubt und wurde 2011 auch von der PSP Vita abgelöst werden. Das führte laut Techradar dazu, dass manche Händler die Konsole gar nicht erst in ihr Sortiment aufnahmen.
Hinzu kam die Tatsache, dass die PSP Go nicht abwärtskompatibel war. Für PSP-Besitzer gab es also keinen Grund, sich die Konsole zu kaufen. Für die wäre die neue Konsole also ein Downgrade.
Dem gegenüber stand Nintendo, dessen Handhelds meist einen Spieleschacht der Vorgängerversion enthielten (mit Ausnahme des DSi). Download-only war zur damaligen Zeit undenkbar.
Aber auch Nintendo ist nicht ohne Fehl und Tadel. Es gab genügend Flops und seltsame Gadgets der Japaner.
Es gibt noch unzählige unbekannte und vergessene Handhelds mehr, über die es wert wäre, zu schreiben. Für den Moment bleibt abzuwarten, ob Nintendo mit der Switch 2 seinen Höhenflug, der mit der Switch erneut begann, fortsetzen kann.
Hattet ihr einen der Handhelds zu Hause? Schreibt es gerne in die Kommentare.
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