Das All. Unendliche Weiten – und so viele Planeten, die man besuchen könnte. Den Traum der Menschheit, irgendwann die Erde zu verlassen und auf dem Mars (oder einem anderen Himmelskörper) zu leben, gibt es nicht erst seit gestern. Immerhin suchen wir bereits fleißig nach Möglichkeit für Wasser auf dem roten Planeten.
Im Laufe der Raumfahrt hatten Wissenschaftler und Unternehmen einige wilde, wie spektakuläre Ideen, fremde Planeten zu kolonisieren – die sich leider als pure Science Fiction entpuppt haben. Wir stellen euch fünf davon vor.
1. Die S.R. 183 Lunar Observatory Study
Das Rennen zum Mond entschieden die US-Amerikaner für sich; Neil Armstrong war der erste Mensch, der ihn betrat. Einer der größten Ängste der damaligen Zeit: Eine der irdischen Supermächte könnte auf dem Erdtrabanten eine Militärbasis errichten. Immerhin regierte der Kalte Krieg auf der Erde.
Damals waren Weltraumflüge noch Militärsache, kein Wunder also, dass die US Airforce bereits einen Plan ausgeheckt hatte, noch bevor die Wissenschaft überhaupt soweit war: die S.R. 183 Lunar Observatory Study (die ihr in einem PDF nachlesen könnt).
Das Papier wurde 1960 veröffentlicht, kurz nach der Gründung der NASA. Es zeigt einen detaillierten Zeitplan sowie das erforderliche Personal, das nötig ist, um eine Basis auf dem Mond zu errichten.
Witziger Zufall: Die Inbetriebnahme der Basis fiel auf das Jahr 1969, dasselbe Jahr, in dem der erste Mensch schließlich den Mond betreten würde. Da die US-Amerikaner heute noch keine Basis auf dem Mond besitzen, hat sich dieser Plan also niemals erfüllt.
1961 brüteten die USA übrigens über dem nächsten Plan. Mit dem Lunar Expedition Plan (wieder als PDF) wollte das Land seine Macht im All zementieren – und somit das Space Race gegen die UdSSR gewinnen. Bloß weiß bis heute niemand, ob die überhaupt versuchten, eine Basis auf dem Mond zu errichten.
2. Project Horizon
Zeitgleich zur US Airforce, arbeitet auch die US Army (Weltraum war immer noch Militärsache, gell?) an einem Plan für eine Mondbasis. Und der war deutlich ambitionierter
- 1966 sollten 12 Personen eine Mondbasis besetzt haben.
- Alle sollten bewaffnete Soldaten sein.
- Die Basis sollte unterirdisch gebaut werden und aus Zylindern bestehen, die ins Mondgestein eingelassen waren.
- Zum Schutz vor Strahlung sollten die Zylinder mit Mondregolith bedeckt werden.
Achtung, es wird noch bizarrer: Die Mondbasis sollte ihr eigenes Atomkraftwerk haben. In den Wohnquartieren der Soldaten sollte eine normale Atmosphäre herrschen, sodass die sich darin in Alltagskleidung bewegen können. Die Basis sollte sogar teilweise autark sein.
- Wasser- und Abfallrückgewinnung
- Luftrecycling
- Hydroponischer Pflanzenanbau
Der Stützpunkt sollte über Kommunikationssysteme verfügen, die möglicherweise auch dazu dienten, die UdSSR auszuspionieren, und sogar Atomwaffen wurden angedeutet.
Mehr zum Project Horizon lest ihr auf Futurium.
3. Der Weltraum nach Gerard K. O’Neill
Anfangs waren viele Menschen skeptisch, ob es überhaupt möglich sei, ins Weltall zu reisen. Nun, wir haben bewiesen, dass es geht und bereits in den 1970ern keimte die Hoffnung auf, man könne dort oben auch leben.
Auftritt: Professor Gerard K. O’Neill von der Princeton University. Er war einer der Ersten, der formuliert hat, was es bräuchte, damit die Menschheit im Weltall leben konnte. Sein Papier mit dem Titel »The Colonization of Space« könnt ihr heute noch lesen – oder anschauen, zu welchem Ergebnis der Professor kam:
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In seiner wissenschaftlichen Arbeit schreibt er von sogenannten »Lagrange Points«. Er beschreibt sie als »Sweet Spots« im Weltraum, die angeblich zwischen großen Körpern mit starken Gravitationsfeldern existieren sollten.
Er behauptete, dass diese Überschneidung von Gravitationsfeldern dafür sorgen würde, dass ein Weltraumhabitat für Menschen stationär und stabil bliebe. Das von ihm benannte L5 stellt einen dieser stabilen Punkte im Erde-Mond-System dar und wäre laut O’Neill ein guter Kandidat zur Besiedlung gewesen.
Das Design eines solchen Habitats seht ihr im Video oben. O’Neill nannte es ein »Island 3 Habitat« und es besitzt folgende Eigenschaften:
- Es besteht aus zwei massiven, gegenläufig rotierenden Zylindern, die jeweils zwischen 5 und 20 Meilen lang sind. Durch die Rotation sollte eine künstliche Schwerkraft entstehen.
- Kolonien sollten genügend Häuser für zwischen zehntausend und einer Million Leute beherbergen.
- Als Material sah O’Neill solches vor, das es bereits im Weltraum gab, wie etwa Asteroiden.
Aus heutiger Sicht ist auch das Science Fiction, aber mit dem Wissen der damaligen Zeit ist es dennoch sehr beeindruckend, wie gut durchdacht O’Neills Modell war.
4. Mars One
Das Mars One-Projekt ist noch vergleichsweise jung. Ein niederländisches Unternehmen versprach 2012, dass es Menschen auf den Mars schicken würde, um dort zu leben – bis spätestens 2023.
Da sich auf dem Mars bisher nur Roboter herumtreiben, können wir mit Sicherheit sagen: Das hat nicht geklappt. 2019 ging das Unternehmen nämlich pleite.
Der größte Knackpunkt von Mars One: Es war als One-way-Trip geplant. Auf zum Mars, aber nimmermehr zurück! Immerhin haben sich 200.000 Freiwillige gemeldet, von denen am Ende noch 100 übrig geblieben waren, die auch tatsächlich ein Astronautentraining absolviert haben.
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Auf dem Papier klang der Plan von Mars One eigentlich relativ gut.
- Zuerst sollten unbemannte Missionen Versorgungsgüter und Roboter auf dem Mars abwerfen. Diese hatten dann den Auftrag, einen geeigneten Ort für eine Kolonie finden.
- Alle zwei Jahre sollten vier Marsbewohner auf den Roten Planeten geschickt werden, welche dann die Basen nach und nach aufbauen würden.
- Geld wollte das Unternehmen durch Reality-TV-Inhalte einnehmen, denn alles vor Ort sollte dokumentiert werden.
Am Ende scheiterte es am lieben Geld, denn das gesamte Projekt entpuppte sich als so immens teuer, dass es schlichtweg nicht realisierbar war. Das haben zwei Studenten des MIT errechnet, wie Business Insider damals berichtete.
5. Fliegende Städte auf der Venus
Unsere letzte Station ist zugleich auch die bizarrste. Sowjetische Sonden brachten bereits in den 1970ern Gesteinsproben von der Venus auf die Erde und die zeigten: Der Planet war noch lebensfeindlicher als das australische Outback.
Wenig später stellten sowjetische Wissenschaftler fest: Obwohl der Planet absolut unbewohnbar ist, scheint eine Atmosphäre den Planeten zu umgeben, die in Druck und Temperatur der der Erde ziemlich nahekommt. Und da ist es gedanklich ja nicht mehr weit zu fliegenden Städten, oder?
Die Idee der »Schwebenden Inseln der Venus« kam vom sowjetischen Ingenieur und – Obacht – Science-Fiction-Autor Sergei Zhitomirsky im Jahr 1971.
Die Idee gedieh allerdings erst über 40 Jahre später weiter. 2013 veröffentlichte ein NASA-Wissenschaftler namens Geoffrey A. Landis ein Papier, welches dieses Szenario wieder aufgriff. So schreibt er in seinem Vortrag:
Die Erkundung der Venus durch den Menschen könnte von Aerostat-Fahrzeugen in der Atmosphäre aus erfolgen, und langfristig könnten dauerhafte Siedlungen in Form von Städten errichtet werden, die in etwa fünfzig Kilometern Höhe in der Venus-Atmosphäre schweben.
Tatsächlich führt der Wissenschaftler dieses Gedankenspiel in einem anderen Papier mit dem Namen »Settling Venus: A City in the Clouds?« noch weiter aus und liefert sogar Konzeptzeichnungen.
Natürlich sind die fliegenden Städte der Venus bisher nur reine Wunschvorstellung. Uns fehlt die Technologie, um sie wirklich umzusetzen. Aber vom Tisch sind sie noch nicht. Und wer weiß? Vielleicht sitzen unsere Nachfahren in einigen hunderten Jahren in der Venus-Atmosphäre, weil genau jemand diese Idee hatte, egal, wie verrückt sie auch war.
In diesem Sinne: Ad Astra! Auf zu den Sternen!
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