Always On bei GTA 5? - Fatales Signal für den PC

Sollte Rockstar bei GTA 5 auf Online-Zwang und restriktives DRM setzen, könnte das auf andere PC-Spiele abfärben. Das kann der Plattform PC nur schaden, findet Michael Graf.

Die PC-Version von GTA 5 verschiebt sich noch mal, haha, das kann ich inzwischen als Realsatire belächeln. Es ist ja trotzdem schön, dass GTA 5 überhaupt für den PC kommt, nach all der Unsicherheit der vergangenen Jahre. Als sich die Entwickler damals, Ende 2012, über eine PC-Umsetzung beharrlicher ausschwiegen als ein Mafia-Kronzeuge nach einem Schlägerbesuch, hatte ich geschrieben, dass eine PC-Abstinenz von Rockstar ein fatales Signal für unsere Lieblings-Spieleplattform wäre.

Hätte ein Medienphänomen und Branchen-Leuchtturm wie GTA 5 den PC links liegen gelassen, hätte das nämlich auch andere Hersteller davon überzeugen können, dass die Plattform unwichtig sei, dass die Zukunft der digitalen Blockbuster rein auf den Konsolen spiele. Und allen coolen Kickstarter-Projekten und bezaubernden Indie-Titeln zum Trotz: Der PC braucht auch seine großen Namen, seine Skyrims, seine Diablos, seine Battlefields, irgendwie sogar seine Call of Dutys. Sonst wären PC-Spieler bald nur noch Randgruppe.

Okay, Entwarnung, GTA 5 kommt für den PC (im März, ganz bestimmt). Doch in seiner letzten Verschiebungs-Pressemeldung deutet Rockstar womöglich ein anderes fatales Signal an. Ganz am Ende, im Kleingedruckten, versteckt sich nämlich der unscheinbare Satz: » Für die Aktivierung, das Online-Spielen und die Prüfung der Nutzungsberechtigung in bestimmten Abständen ist eine bestehende Internetverbindung erforderlich.« O-kay.

Angst im Kleingedruckten

Michael Graf

»Eine bestehende Internet-Verbindung«, wie nennt man das noch gleich im Volksmund? Genau: Always On. Wenn ich den Absatz richtig deute, gilt das auch für den Solo-Modus von GTA 5. Warum sonst sollte Rockstar die »bestehende Internetverbindung« und die »Prüfung der Nutzungsberechtigung in bestimmten Abständen« derart betonen? Das liest sich schon sehr nach dauerhaftem Online-Zwang - als Kopierschutz, versteht sich.

Schon klar, heute ist doch jeder online, Breitband-Zeitalter, Smartphones, blabla, diese Predigt hören wir in solchen Fällen immer wieder. Blöd nur, wenn's nach hinten losgeht, die Server abkacheln und das dumme Spiel selbst im Solomodus nicht startet. Für den ich ja eigentlich gar nicht online sein müsste, wenn die Entwickler keine panische Angst vor Raubkopien hätten.

Und das ist noch nicht alles, im Pressemeldungs-Kleingedruckten steht außerdem: »Weitere Softwareinstallationen sind erforderlich, darunter die Rockstar Games Social Club-Plattform, […] und Authentifizierungs-Software, die bestimmte Hardware-Merkmale zu Prüfungszwecken für Nutzungsberechtigung und digitales Rechtemanagement sowie zur Systemermittlung und weitere Kundendienst-Zwecke erkennt.«

Schön sieht GTA 5 auf dem PC ja aus. Schön sieht GTA 5 auf dem PC ja aus.

Der Rockstar Social Club! Jene Software gewordene Zimtzicke, die schon beim PC-Release von GTA 4 hunderttausende Spielerhände an Spielerstirnen klatschen ließ, weil sie mehr Login-Probleme aufwarf als ein World of Warcraft-Addon am Erstverkaufstag! Damals erkannte Rockstar seinen Griff ins Klo und entfernte die Social-Club-Pflicht später per Patch. Und jetzt kehrt die Plattform zurück und ist abermals »erforderlich«. Gut, vielleicht funktioniert sie diesmal ja besser. Trotzdem ein ungutes Vorzeichen.

Außerdem »Authentifizierungs-Software«, die meine Rechnerkonfiguration ausliest? Etwa, damit ich GTA 5 bloß nicht auf unterschiedlichen Rechnern aktiviere? Ist die Anzahl der Aktivierungen gar begrenzt, ein fast schon vergessenes Relikt der Kopierschutzpanik der späten 2000er-Jahre (siehe Spore)? Und hatten sich die PC-Spieler nicht schon damals bei Electronic Arts' Origin-Plattform darüber aufgeregt, dass dessen Lizenzvereinbarung sich weitreichende Spionagerechte einräumte? Ojemine.

Wird Gängelei salonfähig?

Bislang konnte Rockstar auf meine Nachfrage hin nicht erklären, ob die »bestehende Internet-Verbindung« auch für die Solo-Kampagne notwendig ist. Was bei der ominösen »Systemermittlung« genau ermittelt wird, muss sich ebenfalls erst noch zeigen. Und ja, es könnte sein, dass der Social Club runder läuft. Sollte Rockstar bei GTA 5 aber tatsächlich auf Online-Zwang und mehrere Pflichtplattformen (Social Club sowie »Authentifizierungs-Software«) setzen, und sollte sich das Spiel, was nicht ganz unwahrscheinlich ist, trotzdem ordentlich verkaufen - dann wäre das eben abermals ein fatales Signal für die Plattform PC.

Warum? Weil es Kundengängelei noch salonfähiger macht als sowieso schon. Falls ein Spiel mit der Strahlkraft eines GTA 5 seinen Käufer derartige Zumutungen auferlegen sollte, dürfte das auf andere Hersteller abfärben. Wenn die PC-Spieler das bei GTA 5 akzeptieren, warum dann künftig nicht auch bei anderen Spielen?

In 4K sieht Los Santos noch einladender aus. Wenn keine Kopierschutz-Grenzkontrolle abschreckt. In 4K sieht Los Santos noch einladender aus. Wenn keine Kopierschutz-Grenzkontrolle abschreckt.

Und die Dummen bei übersteigerten Kopierschutzmaßnahmen sind wie üblich nicht die Raubkopierer, sondern die ehrlichen Käufer, die ein bezahltes Spiel nicht starten können, wenn die Server oder die Internet-Anbieter zicken. Sogar im Solomodus. Es wäre doch viel besser, ehrliche Käufer und Online-Aktivierer zu belohnen, etwa mit zusätzlichen DLCs. Und mit dem Multiplayer-Ableger GTA Online hätte Rockstar ja eigentlich auch schon ein zugkräftiges Argument für die Online-Registrierung: Wer mit Freunden durch Los Santos toben will, muss sich eben anmelden; wer drauf verzichten kann, bleibt offline.

Das positiveste Signal wäre natürlich gewesen, bei GTA 5 komplett auf »digitales Rechtemanagement« (Zitat Rockstar) zu verzichten - wie beispielsweise CD Projekt bei der GOG-Version von The Witcher 3. Aber ach, man wird ja wohl noch träumen dürfen. Die Angst vor Raubkopien siegt bekanntlich gerne mal über die Kundenfreundlichkeit. Und dass Angst nicht immer zu klugen Entscheidungen führt, kann man jeden Tag in den Nachrichten sehen.

Bleibt also zu hoffen, dass Rockstar doch auf allzu restriktive DRM-Maßnahmen verzichtet. Ich bleibe am Ball.

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