Hall of Fame: Commodore Amiga 500 - Das farbenfrohe 16-Bit-Zeitalter beginnt

Nach dem C64 gelang Commodore mit dem Amiga 500 der zweite große Wurf. Warum der Commodore Amiga beinahe ein Atari geworden wäre, was Steve Jobs mit diesem Kult-Rechner zu tun hat und was schließlich zum Ende von Amiga und Commodore führte, verrät dieser (persönliche) Rückblick.

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Der Amiga 500 war ein würdiger Nachfolger des Commodore 64, für den das Unternehmen den schon vorhandenen C65-Prototypen einstampfte. Der Amiga 500 war ein würdiger Nachfolger des Commodore 64, für den das Unternehmen den schon vorhandenen C65-Prototypen einstampfte.

Update 09.08.2016: Die Webseite archive.org bietet seit kurzem die Möglichkeit, über 10.000 Amiga-Titel einfach per Browser in einem Emulator auf Basis von HTML5 zu spielen. Aus diesem Anlass erinnern wir in unserer Hall of Fame zum Amiga erneut an die Geschichte des Klassikers und an seine besten Spiele.

Wenn die (heute meist etwas älteren) Amiga-Nutzer der ersten Stunde den Namen Jay Miner hören, leuchten bei vielen die Augen auf. Denn Jay Miner ist der sprichwörtliche »Vater des Amiga«, der schon für das legendäre Atari VCS 2600 oder den Heimcomputer Atari 800 als leitender Chip-Designer einen entscheidenden Beitrag geleistet hatte. Nachdem Atari allerdings, im Gegensatz zu Miner, nicht daran interessiert war, einen 16-Bit-»Supercomputer« mit dem damals neuen Motorola 68000 als Prozessor zu entwickeln, verließ er Anfang 1981 die Firma.

Als er einige Zeit danach einen Anruf von einem neuen Unternehmen namens »Hi-Toro« erhielt, das ihm eine Chance geben wollte, einen Computer mit dem Motorola 68000 zu bauen, nutzte Miner diese Gelegenheit. Zwar war Hi-Toro eher an einer Art Spielkonsole interessiert, doch die von Miner geplante Erweiterbarkeit zu einem High-End-Heimcomputer sollte erhalten bleiben. Das mit dem Codenamen »Lorraine« versehene Gerät sollte zu einem leistungsfähigen Spiele-Rechner mit 3,5-Zoll-Floppylaufwerk und Tastatur ausgebaut werden können und Spiele-Entwickler sollten es so leicht wie möglich haben (anders als bei den Konsolen von Atari, Sony oder Nintendo), eigene Titel zu entwickeln. Davon versprach sich Hi-Toro eine enorme Bandbreite an Software-Unterstützung.

1982 schließlich wird aus »Hi-Toro« das Unternehmen Amiga Incorporated, um jede Verwechslung mit dem japanischen Rasenmäher-Hersteller »Toro« zu vermeiden. »Amiga« – das spanische Wort für Freundin – sollte ganz bewusst nicht zu technisch und damit vielleicht abschreckend wirken und war im Alphabet außerdem vor Apple und Atari platziert. 1984 wurde »Lorraine« auf der Consumer Electronics Show erstmals einigen interessierten Investoren vorgeführt, zunächst allerdings nur als Prototyp mit Hilfe von Steckplatinen. Auf dieser Messe schrieben RJ Mical und Dale Luck auch die später berühmte »Boing Ball«-Animation eines rot-weißen Balls, der auf dem Bildschirm hin und her hüpft und sich dabei dreht.

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Steve Jobs sagt »Nein«, Atari »Jein« und Commodore »Ja!«

Trotz der Präsentation auf der CES fanden sich keine neuen Investoren. Da bei Amiga Incorporated das Geld ausging, wurden Unternehmen wie Apple, Atari, Sony oder Silicon Graphics kontaktiert. Ein akzeptables Angebot für die Amiga-Technik kam dabei aber nicht zustande. Auch Steve Jobs, der selbst kurz vor der Veröffentlichung des Apple Macintosh stand, sagte mit der Begründung »Das ist zu viel Hardware« ab.

Ein Kredit von 500.000 US-Dollar für eine später geplante Übernahme durch Atari sollen Amiga Inc. retten. Atari selbst hatte jedoch nach einem Börsenskandal und dem Rücktritt des Atari-Chefs Raymond Kassar eigene Probleme. Am 3. Juli 1984 stellte Atari seine 8-Bit-Projekte ein und pausierte das Amiga-Projekt. Notgedrungen musste Amiga Incorporated wieder einen neuen Unterstützer suchen, den es schließlich in Commodore fand. Atari versuchte zwar noch, Amiga Incorporated zu übernehmen, wollte dabei aber den Preis pro Aktie auf 0,98 US-Dollar statt den vereinbarten 3,0 US-Dollar drücken. Außerdem hatte Atari offen erklärt, lediglich Interesse an der Hardware, aber nicht an dem Entwickler-Team des Amiga 500 zu haben. Commodore hingegen legte pro Aktie 4,24 US-Dollar auf den Tisch und übernahm auch das Team.

Währenddessen war es bei Commodore zum Bruch mit Gründer Jack Tramiel gekommen, der das Unternehmen mitsamt vielen Entwicklern im Streit verließ. Kurz darauf übernahm er Atari von Warner und zog im August gegen Commodore und Jay Miner vor Gericht, um die ursprünglichen Atari-Vereinbarungen durchzusetzen. Doch Commodore gründete das neue Unternehmen Commodore-Amiga Incorporated, zahlte Atari den Kredit zurück und pumpte enorme 27 Millionen US-Dollar zusätzlich in die Entwicklung. Der erste Amiga, später Amiga 1000 genannt, entstand dank der großen Unterstützung durch Commodore mit vielen verbesserten Hardware-Fähigkeiten, die aufgrund fehlender Gelder zuvor zwar geplant, aber nicht umgesetzt worden waren.

Am 23. Juli 1985 wurde der Amiga 1000 in New York der Öffentlichkeit vorgestellt, unterstützt von Künstlern wie Andy Warhol und der Sängerin Debbie Harry. Warhol bearbeitete dabei live auf dem Amiga ein Bild von Harry. Im September 1985 begann der Verkauf des Rechners, doch der enorm hohe Preis von damals umgerechnet rund 5.000 DM schreckt viele Kunden ab. Die Konkurrenz mit dem Atari ST und dem Apple Macintosh war bereits erfolgreich auf dem neuen Markt der 16-Bit-Computer vertreten. Erst mit dem 1987 veröffentlichten und einem Startpreis von rund 1.100 DM deutlich günstigeren Commodore Amiga 500 konnten die Verkäufe angekurbelt werden. Commodore hatte nach dem Commodore C64 einen zweiten Kult-Rechner geschaffen.

Debbie Harry, von Andy Warhol auf dem Amiga 1000 gezeichnet - Warhol war von den Möglichkeiten der Grafikbearbeitung begeistert. Debbie Harry, von Andy Warhol auf dem Amiga 1000 gezeichnet - Warhol war von den Möglichkeiten der Grafikbearbeitung begeistert.

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