Historiker kämpfen seit Jahrzehnten mit einem Rätsel: Was bedeuten die riesigen Kriegerschnecken des Mittelalters?

Mächtige Schneckengegner? Die kennen wir vielleicht aus Games wie Total War: Warhammer 3.

Denkt ihr bei diesem Wesen an einen epischen Kampf? Nein? Dann seid ihr vermutlich keine Gärtner oder lebt wohl nicht mehr im Mittelalter. (Symbolbild, Quelle: Adobe Stock - Paolo Gallo - Cheattha) Denkt ihr bei diesem Wesen an einen epischen Kampf? Nein? Dann seid ihr vermutlich keine Gärtner oder lebt wohl nicht mehr im Mittelalter. (Symbolbild, Quelle: Adobe Stock - Paolo Gallo - Cheattha)

Wer von euch schon einmal in den Genuss von Spielen wie Total War: Warhammer 3 gekommen ist, wird sich sicherlich an epische Schlachten zwischen monströsen Seuchenwesen wie der Schleimbestie - einer riesigen Kampfschnecke der Nurgle-Fraktion - und den Rittern des Imperiums erinnern.

Im echten Mittelalter ging es wohl ähnlich zur Sache. Moment, bitte was? Zumindest möchte man das im ersten Moment glauben, wenn man bestimmte Skizzen und Illustrationen an den Rändern von alten Manuskripten entdeckt. Dort kämpfen - kein Scherz - Ritter in glänzender Rüstung gegen... Kriegerschnecken?

Schnecke gegen Ritter: Wer jetzt ganz viele Fragezeichen im Kopf hat, kann sich gerne ein paar dieser Illustrationen ansehen. Dieser Twitter-Post zeigt euch, wie die damaligen Kämpfe abliefen:

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Schnecken als Gegner? Kaum zu glauben, aber dieser fiktive Trope wurde nicht von Game-Designern der heutigen Zeit erfunden sondern stammt ursprünglich aus der Feder eines feudalen Kreativschaffenden.

Vergleich zu heute: Die erwähnten Kriegerschnecken aus dem Warhammer-Universum sind übrigens deutlich gruseliger gestaltet als ihre historischen Stilaugen-Pendants. Sie erinnern optisch eher an eine Kreuzung aus dicker Nacktschnecke mit Armen, Zombie und Jabba der Hutte (aus Star Wars). Die Frisur? Sitzt:

Quelle: Screenshot Total War Warhammer 3 Quelle: Screenshot Total War Warhammer 3

Im Detail: Zurück zum mittelalterlichen Showdown zwischen Kämpfern und kriegerischen Schnecken. Solche Bilder tauchten laut The Conversation erstmals in nordfranzösischen Manuskripten des 13. Jahrhunderts auf. Sie sind dabei kurioserweise meist ohne Bezug zum eigentlichen Text.

  • Die Szenen: Bewaffnete Krieger und Schnecken mit ausgestreckten Fühlern stehen sich gegenüber.
  • Als Anti-Schneckenwaffe besitzen die Krieger oft Streitkolben, Dreschflegel, Äxte, Schwerter und sogar Gabeln.
  • Die Symbolik wurde später auch in englischen und flämischen Manuskripten verwendet.

Die Schneckensymbolik beschränkte sich dabei nicht nur auf Schriftstücke. Eine im Jahr 1310 geschnitzte Ziertafel – quasi das Fotoäquivalent des Mittelalter - zeigt die Kirchentür der damaligen Kathedrale von Lyon. Darauf zu sehen: Ein Duell zwischen Kriegerschnecke und Ritter.

Video: Noch nicht genug Internet für heute? Kein Problem, wir haben einen Spieletrailer für euch. Im Game Clid The Snail (2021) könnt ihr – wenig überraschend - selbst die Kontrolle über eine kriegerische Schnecke übernehmen.

Der Plot: Dank eines üppigen Schusswaffenarsenals bahnt ihr euch euren Weg durch eine zerstörte Welt voller durchgeknallter Nacktschneckengegner in der Topdown-Sichtweise:

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Die große Preisfrage: Was zum mittelalterlichen Teufel steckt hinter diesen Kriegerschnecken-Bildern?

Wer jetzt auf schneckenhafte Fabelwesen gehofft hat, wird etwas enttäuscht sein. Viele Historiker rätseln aber ernsthaft bis zum heutigen Tag, was es mit den Schalentier-Illustrationen auf sich hat. Dabei gibt es verschiedene Theorien, warum sich diese Symbolik Ende des 13. Jahrhunderts verbreitete:

Satirisches Stilmittel: Laut der Universität Bangor (UK) besagt eine Theorie, dass diese Szenen tatsächlich als auflockerndes Stilmittel am Ende unter oder an den Rand vieler Texte gekritzelt wurde.

Kaum zu glauben, aber trotz der harten Lebensumstände des Mittelalters konnte die damalige Bevölkerung wohl lachen.

Um einen historischen Kontext zu liefern: Das war eine Zeit, in der die Gesellschaft fiktive Duelle zwischen Schnecke und Mensch offenkundig mehr akzeptierte als kräuterkundige Frauen.

Kurioses Beispiel: In einigen Bildern kapitulieren die Ritter sogar vor den Schnecken oder werden von ihren Frauen angefleht, nicht mit ihnen zu kämpfen. Ob daher wohl auch der Begriff des Einschleimens kommt?

Wer noch tiefer ins Thema eintauchen möchte, kann sich gerne in dieses zwölfminütigen Video stürzen. Im Anschluss folgt die zweite Theorie hinter den Schrecken-Schnecken:

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War es eine Verunglimpfung? Eine weitere These stammt von der Kuratorin Lillian Randal, welche sich vermutlich als einzige Forscherin ernsthaft mit der Ritter-Schnecken-Thematik auseinandergesetzt hat. Dern Inhalt fasst die British Library wie folgt in einem Blogbeitrag zusammen:

In ihrer Untersuchung zu diesem Thema schlug Lilian Randall vor, dass die Schnecke ein Symbol für die Langobarden war, eine Gruppe, die im frühen Mittelalter wegen verräterischen Verhaltens, der Sünde des Wuchers und des allgemein unritterlichen Verhaltens verleumdet wurde.

Wissenswert: Die Langobarden waren ein germanischer Stamm, welcher ursprünglich an der unteren Elbe angesiedelt war. 568 eroberten die Langobarden große Teile Italiens. Der Süden Italiens blieb lange unter ihrer Herrschaft und ihr Hauptsiedlungsgebiet im Norden ist namensgebend für die heutige Region Lombardei.

Was denkt ihr: Knallharte Satire oder doch nur obszöner, mittelalterlicher Flame (Beleidung), bei dem die Gegner zur Schnecke gemacht wurden? War euch die Kriegerschnecke aus Total War: Warhammer ein Begriff? Seid ihr heimliche Nurgle-Fans? Kennt ihr weitere Games mit Schneckengegnern wie in Clid the Snail? Schreibt eure Gedanken und Ideen gerne in die Kommentare.

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