Historischer Durchbruch bei der Kernfusion: Sind jetzt all unsere Energieprobleme gelöst?

Die Sensationsmeldungen auf dem Feld der Kernfusion hat sich offenbar bestätigt. Demnach ist es Forschern tatsächlich gelungen, Energie zu gewinnen.

Das NIF erinnert nicht nur an den Warp-Reaktor aus Stark Trek: Into Darkness. Es ist der Warp-Reaktor der neuen Enterprise! Das NIF erinnert nicht nur an den Warp-Reaktor aus Stark Trek: Into Darkness. Es ist der Warp-Reaktor der neuen Enterprise!

Update vom 13. Dezember um 23:00 Uhr: Mittlerweile hat US-Energieministerin Jennifer Granholm den Durchbruch am Lawrence Livermore National Laboratory offenbar bestätigt, wie verschiedene Medien berichten, unter anderem die ARD und WAZ. Wissenschaftlern des National Ignition Facility sei es demnach tatsächlich gelungen, aus einer Kernfusionsreaktion mehr Energie zu gewinnen, als hineingesteckt wurde. Von einer doppelt so hohen Ausbeute im Vergleich zur investierten Energie ist die Rede.

Mehrere renommierte Forscher wie Prof. Sybille Günter, Wissenschaftliche Direktorin am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, sprechen in diesem Zusammenhang von tollen Ergebnissen. Markus Roth, Professor für Laser- und Plasmaphysik an der TU Darmstadt, etwa sprach sogar davon, dass die Fortschritte historisch, hocherfreulich und extrem wichtig seien.

Nichtsdestotrotz weisen die Forschenden darauf hin, dass noch ein weiter Weg bevorstehe, ehe wir tatsächlich Fusionsstrom aus der Steckdose beziehen. Noch sind unsere Energieprobleme also nicht gelöst, aber ein wichtiger Schritt ist offenbar getan. Wir sind daher sehr gespannt, wie es auf dem Feld der Trägheitsfusion weitergeht.

Originaltext vom 13. Dezember um 11:31 Uhr: Kernfusion ist so etwas wie der Heilige Gral der Energieerzeugung. Falls es der Menschheit gelingen sollte, das Feuer der Sonne tatsächlich einmal zu zähmen, wären wohl so gut wie all unsere Energieprobleme auf einen Streich gelöst. Nun soll es einen entscheidenden Durchbruch bei der Fusionsforschung gegeben haben. Das berichtet unter anderem die Washington Post.

Demnach sei es Forschern am NIF (National Ignition Facility) in den Vereinigten Staaten erstmals gelungen, mehr Energie aus der Kernfusion zu gewinnen, als hineingesteckt wurde. Was ist an der Meldung dran?

Die stärksten Laser der Welt verschmelzen Wasserstoff

Zunächst sei erwähnt, dass es noch keine offizielle Bestätigung seitens des LLNL (Lawrence Livermore National Laboratory) gibt, an dem das NIF betrieben wird. Die wird jedoch heute Nachmittag um 16 Uhr erwartet.

Übrigens: Star Trek-Fans dürfte das NIF (im Bild oben zu sehen) vertraut vorkommen. Im zwölften Kinofilm der erfolgreichen Star Trek-Filmreihe - Star Trek: Into Darkness - mimen die Hochleistungslaser den Warp-Reaktor.

An der Spitze der Halterung sitzt während der Fusion das Deuterium-Tritium-Kügelchen. An der Spitze der Halterung sitzt während der Fusion das Deuterium-Tritium-Kügelchen.

Was spielen Laser bei der Fusion für eine Rolle? Das NIF bedient sich der sogenannten Trägheitsfusion. Die wird auch Inertial- oder Laserfusion genannt. Dabei werden die stärksten Laser der Welt auf ein Kügelchen aus Deuterium und Tritium (beides Isotope des Wasserstoffs) gerichtet. Durch den Druck und die hohe Hitze (100 Millionen Grad) verschmelzen die beiden Isotope (gleich viele Kerne wie normaler Wasserstoff, aber unterschiedliche Neutronen-Zahl) zu einem Heliumkern.

Der Clou daran: Die Fusion zweier Wasserstoff-Kerne setzt theoretisch weit mehr Energie frei, als zur Verschmelzung notwendig ist. Wäre das nicht so, gäbe es weder Licht noch irgendein Element außer Wasserstoff im Universum. Im Gegensatz zu gigantisch großen Sternen, die allein durch ihre schiere Masse so hohen Druck und damit auch Hitze im Kern erzeugen, dass die Fusion angeregt wird, müssen wir uns jedoch mit Tricks behelfen.

Wichtig: Sterne haben außerdem auch wesentlich mehr Zeit für die Fusion, denn trotz des hohen Drucks und der Hitze kommt es prozentual gesehen nur sehr selten zu Verschmelzungen. Dass Sterne dennoch das Fusionsfeuer aufrechterhalten können, liegt schlicht daran, dass sie so viel Masse besitzen, dass es trotz ihrer Seltenheit zu genug Fusionen kommt.

Echter Durchbruch oder nur Sensationsmeldung?

Für uns Menschen ist Trägheitsfusion dabei nur eine potenzielle Möglichkeit, Kernverschmelzung auf der Erde Realität werden zu lassen. Ihr habt womöglich schon einmal vom ITER gehört. Das ist ein Versuchs-Reaktor im französischen Cadarache, der per magnetischem Einschluss eines Plasmas (nach dem Tokamak-Prinzip) Energie erzeugt. Daneben gibt es auch noch den Stellarator, der mit seinen hochkomplex gewundenen Supraleitern für Aufsehen sorgt.

Was bedeutet der potenzielle Erfolg am NIF? Dass mehr Energie gewonnen werden konnte, als hineingesteckt wurde, klingt vielversprechend. Aber selbst wenn sich die Medienberichte bestätigen sollten, heißt das nicht, dass wir bereits nutzbare Energie in Form von Strom damit erzeugen können. Auf dem Weg zum Netzstrom geht nämlich noch einiges an Energie verloren. Ein Durchbruch könnte es aber dennoch sein. Für einen Versuchsreaktor ist zunächst nämlich nur entscheidend, nachzuweisen, dass überhaupt eine positive Energie-Bilanz möglich ist.

Grafische Darstellung der auf einen Mittelpunkt zentrierten Laser-Anordnung. Bildquelle: LLNL) Grafische Darstellung der auf einen Mittelpunkt zentrierten Laser-Anordnung. Bildquelle: LLNL)

Ein Indiz für einen tatsächlichen Meilenstein gibt es: Vor etwa einem Jahr ist es am NIF gelungen, die Leistung um den Faktor 25 zu steigern. 1,9 Megajoule wurden in die Trägheitsfusion damals investiert und immerhin 1,3 Megajoule kamen dabei heraus – das sind in etwa 70 Prozent. Ein beachtlicher Wert, der mit der magnetischen Fusion mit Deuterium-Tritium-Reaktion allerdings bereits in den 1990er-Jahren erreicht wurde.

Wir sind jedenfalls sehr gespannt, wie sich das LLNL heute Nachmittag offiziell äußert, und halten euch natürlich auf dem Laufenden. Vielleicht sind es ja diesmal wirklich nur noch 30 Jahre bis zur kommerziellen Kernfusion. Bis dahin könnt ihr euch aber mit den folgenden, spannenden Themen auseinandersetzen:

Wie seht ihr das? Glaubt ihr an den großen Durchbruch, oder haltet ihr das lediglich für eine Sensationsmeldung? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!

zu den Kommentaren (85)

Kommentare(78)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.