Freie Entfaltung
Sind aber erst mal die Spielabläufe verinnerlicht und die ersten Kreisläufe verwirklicht, kommen die Stärken von Landwirtschafts Gigant voll zum Tragen. Das Spiel schränkt uns kaum ein, der Experimentierlust sind wenig Grenzen gesetzt. So bleibt uns komplett selbst überlassen, ob wir eher gemütlich spielen oder flott vorankommen wollen. Hektik kommt aber dabei, nicht zuletzt wegen der sehr langsam tickenden Uhr, erst gar nicht auf.
Der eine setzt seinen Fokus vielleicht auf perfektionierte Produktionsabläufe, der andere sucht die Herausforderung und halst sich möglichst viele happige Aufträge auf. Und der Alltag besteht darin, Städte mit Waren zu versorgen. Entweder ad hoc, indem man – gegen sofortige Bezahlung - einfach das hinkarrt, was die eigenen Lager und Silos gerade hergeben. Oder eben über die erwähnten Aufträge.
Dabei verlangen die Städte bestimmte Waren in bestimmten Mengen – entweder als Einmallieferung, monatlich oder als Gesamtmenge bis zu einer gewissen Deadline. Die Aufträge bringen nicht nur das dicke Geld, sondern ergeben auch eine interessante Symbiose: Gut versorgte Städte florieren und wachsen, was wiederum zu einer erhöhten Nachfrage nach den eigenen Produkten führt. Eine klassische Win-Win-Situation.
Wer Nass sät…
… wird gewaltig viel ernten: Ein Extralob müssen wir für die vielen liebevollen Details aussprechen. Sie bescheren dem Spiel nicht nur einen dringend benötigten Atmosphäre-Bonus, sie ergeben auch spielerisch fast durchweg Sinn. So wollen etwa bei den Feldern der pH-Wert, der Nährstoffgehalt und die Feuchtigkeit in Bezug auf das gewünschte – und unterschiedlich anspruchsvolle – Anbauprodukt beachtet werden.
Liegt man außerhalb der Rahmenwerte, fällt die Ernte entsprechend bescheidener aus. Die kann es einem zwar auch sprichwörtlich verhageln, so richtig brutal fallen die Rückschläge aber selten aus. Hier fasst das Programm den Spieler zu sehr mit Samthandschuhen an – beispielsweise ist der Mais-Ertrag auf einem komplett knochentrockenen Feld gegenüber einem optimal bewässerten immer noch beachtlich.
Wirtschaftssimulationen gehören ja grundsätzlich zu den beschaulichsten Spielgenres überhaupt. Dass beim Landwirtschafts Gigant Puls und Adrenalinpegel besonders nahe am Ruhewert verharren, hat gleich mehrere Gründe. So existieren in der »Kampagne«, die eher einem typischen Sandbox-Endlos-Modus entspricht, weder konkrete Spielziele noch richtige Missionen.
Das bedeutet aber keineswegs, dass sie keine Herausforderungen bereithält. Da wäre erstens die erwähnte permanente Geldknappheit. Zudem verteilt die Bank zwar großzügig satte Kredite (mit aufgrund der starren sechsmonatigen Laufzeit ebenso satten Raten), gewährt aber keinerlei Dispo. Sobald der Kontostand auch nur einen Euro ins Minus rutscht, ist das Spiel unweigerlich und ohne Vorwarnung verloren.
Fortschritt in Stufen
Zweitens haben die Entwickler geschickt ein für Wirtschaftssimulationen eher ungewohntes, 25-stufiges Auflevel-System integriert. Eine neue Stufe erreicht man durch das Sammeln von Erfahrungspunkten, die es für produzierte Waren regnet. Mit jeder Aufwertung stehen zum einen mehr Gebäude und Fahrzeuge zur Auswahl.
Und zum anderen darf man Fertigkeiten-Punkte auf alle möglichen Aspekte verteilen: Mal sinkt die Zinslast, mal geht das Ernten schneller, mal brauchen die Gebäude weniger Strom. In die gleiche Kerbe schlägt das Achievement-System: Ist eine Vorgabe wie etwa »verkaufe 50.000 Kilo Kartoffeln« erreicht, bekommt man ebenfalls Fertigkeiten-Punkte spendiert.
Dass der Landwirtschafts Gigant eher wie eine Patience denn ein richtig kompetitives Spiel anmutet, liegt vor allem an der fehlenden Konkurrenz. Sei es nun in der Gestalt von echten, ebenfalls landwirtenden CPU-Gegnern oder in der Form latent im Hintergrund lauernder Algorithmen, die einem die besten Deals vor der Nase wegschnappen wollen.
Man ist also ausschließlich mit sich selbst beschäftigt. Und wie in der realen Welt kommt da schon manchmal das Gefühl der Einsamkeit auf. Unnötig zu erwähnen, dass man vergeblich nach einem Multiplayer-Part samt menschlichen Leidensgenossen Ausschau hält. Das klingt zunächst logisch: Wenn es schon keine CPU-Kontrahenten gibt, ist ein Mehrspieler-Modus umso unwahrscheinlicher.
Dabei wäre er wahrscheinlich gar nicht mal so schwierig einzubauen: Jeder spielt vor sich hin, die für den Erfolg relevanten Städte und Märkte beackert man aber sprichwörtlich gemeinsam. Vielleicht kommt das ja noch – auf die Wünsche der Community wollen Entwickler und Publisher jedenfalls über das übliche Maß hinaus eingehen.
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