Wie gerne würde ich euch jetzt sagen:
Alles super! Das neue Mario Kart World wird ein neuer Höhepunkt für die Serie!
Die Open World ist sinnvoll gefüllt, fühlt sich lebendig an und zieht uns sofort in ihren Bann.
Alle Gameplay-Neuerungen wurden sinnvoll integriert und sorgen für maximalen Spielspaß.
Pustekuchen! Ich habe fünf Stunden lang Mario Kart World gespielt und mit dem Produzenten gesprochen. Jetzt stecke ich als Fan in einem richtig fiesen Schwitzkasten zwischen kindlicher Euphorie und bitterer Enttäuschung.
Hach, warum muss das Leben als Spielefan immer so dramatisch sein? Lasst uns loslegen!

Unser Gesprächspartner: Kosuke Yabuki arbeitet seit 2005 für Nintendo. Zunächst wirkte er an Spielen wie The Legend of Zelda: Twilight Princess und nintendogs + cats mit, ehe er als Director an Mario Kart 7 und 8 beteiligt war und nun als Producer für Mario Kart World zuständig ist. In gleicher Funktion hat er auch das Switch-Kampfspiel ARMS betreut.
Wird die Open World zur Spaßbremse?
Starten wir mit dem Elefanten im Raum. Und damit meine ich nicht den coolen Benjamin-Blümchen-Mario aus Super Mario Bros. Wonder, sondern einen dicken, haarigen, ungewaschenen Dickhäuter, der euer Porzellan zerdeppert: Die neue Open World überzeugt bislang nicht.
Die größte Neuerung von Mario Kart World geizt bei meinen Anspielmöglichkeiten noch schlicht mit spannenden Inhalten. Es gibt zwar die P-Switch-Missionen, in denen ihr über einen Schalter am Boden fahrt und dann eine Herausforderung absolvieren müsst.
Die sind aber fast immer nach dem Schema Erreiche Punkt X in Zeitlimit Y
oder Sammle X blaue Münzen in Zeitlimit Y
aufgebaut und bringen keine wertvollen Belohnungen ein.
Auch das vielfach beworbene Motto Fahr einfach durch die Pampa, wo du hin möchtest!
versprüht in der Realität nicht den erhofften Zauber. Das hat zwei Gründe: Erstens werde ich beim Verlassen der Straße auch im freien Erkundungsmodus spürbar abgebremst, so ähnlich wie beim Abkommen von der Strecke in einem Rennen.
Zweitens habe ich in meiner bisherigen Zeit mit der Open World schlicht nichts Spannendes entdeckt, was die Fahrt in entlegene Winkel lohnenswert macht. Keine freischaltbaren Outfits, keine neuen Kart-Teile, keine Verbesserungen für die Charaktere. Wer auf Vielfalt wie in Open-World-Rasern der Marke Forza Horizon 5 gehofft hat, muss sich auf eine harte Bauchlandung einstellen.
Im Interview spreche ich den Produzenten des Spiels, Kosuke Yabuki, auf meine Sorgen an. Doch bei Nintendo scheint man den Begriff Open World
und die damit verbundenen Möglichkeiten anders zu interpretieren als westliche Studios:
Wir sind uns bewusst, dass der Open World
-Begriff sehr geläufig ist. Trotzdem benutzen wir ihn nicht, weil die Definition unscharf ist. […] Wir haben eine riesige Welt mit abwechslungsreichen Umgebungen erschaffen, die Spielerinnen und Spieler frei befahren können.
Es gibt andere Rennspiele mit vergleichbaren Spielmechaniken. Doch wir haben nie auf eine derartige Auslegung des Begriffs Open World
abgezielt. […] Stattdessen haben wir [Mario Kart World] als große, weitläufige Welt konzipiert, in der die Spielerinnen und Spieler auch abseits der Rennstrecken fahren können. […]
Außerdem gibt es P-Schalter, die verschiedene Missionen auslösen, und andere versteckte Elemente, die Fans ab der Veröffentlichung des Spiels entdecken können. […]
Tolle Strecken, umständliches Grinding
Voll und ganz überzeugen mich hingegen die neuen Strecken, die entweder klassisch im Rennen befahren oder im Open-World-Modus frei erkundet, trainiert und nach Details abgesucht werden. Zu sehen gibt es viel, die Designer von Nintendo haben ihrer berühmten Kreativität mal wieder freien Lauf gelassen und sich selbst übertroffen. Jeder Schauplatz strotzt nur so vor Details und versprüht seine ganz eigene Atmosphäre.
Zum Start gibt es übrigens 32 Strecken. Zu späteren DLCs konnte sich Yabuki-san auf meine Nachfrage hin wenig überraschend nicht äußern. Die Strecken können auf der Weltkarte frei aneinandergereiht und dann als eigene Cups gefahren werden, wodurch auf dem Papier unzählige Variationen entstehen - das ist sehr cool!
Weniger cool ist bislang das Grinding, eine weitere vielfach beworbene Neuerung. Per Tastendruck kann mein Charakter auf Leitplanken, Gerüsten und anderen geeigneten Stellen wie mit einem Skateboard fahren und dadurch einen Turbo-Boost aufbauen. Mit einem geschickten Absprung lässt sich dann sogar kurzzeitig an Wänden entlangfahren.
Wie schon bei der Open World steckt hier aber etwas Sand im Getriebe:
- Das
Warum?
: Die Grinding-Möglichkeiten in der Spielwelt sind stets optional. Das ist für Anfänger und Kinder prima, Profis haben aber keine großen Vorteile durch das Ausführen toller Grinding-Tricks. Hier und da lässt sich mal eine Abkürzung erreichen, doch vor allem auf den Rennstrecken hätte ich mir Abschnitte gewünscht, die das Grinding sinnvoll integrieren - etwa ein Lava-Becken, über das ich sonst nicht herüberkomme, oder ein zu überquerender Abgrund. - Die Steuerung: Das altbekannte Driften in den Kurven und das Initiieren des Grindings liegen beide auf dem ZR-Knopf des Controllers. Dadurch kommt das Spiel immer wieder durcheinander. Oft kam es vor, dass sich mein Kart auf gerader Strecke plötzlich quergestellt hat, weil das Spiel dachte, ich wolle driften - dabei war mein Ziel eigentlich, auf der Leitplanke zu grinden. Es ist mir ein Rätsel, weshalb Nintendo die beiden Fahrmanöver nicht auf eigene Buttons verteilt hat.
Auch darauf haben wir Yabuki-san angesprochen: Sagen Sie mal, Herr Nintendo: Warum ist das Grinding denn so lasch umgesetzt?
Wenn wir eine Strecke entwerfen, möchten wir sie möglichst zugänglich gestalten, damit alle Spaß damit haben können. Zugleich muss auch eine gewisse Spieltiefe gewährleistet werden. […]
Wenn ein Spieler die Fähigkeit zum Grinding an der Wand fahren nutzt, kann er Abkürzungen oder ganz neue Orte entdecken. Unser Ziel ist es, dass Spielerinnen und Spieler Mario Kart World immer wieder spielen können – und dabei Neues entdecken, das sie mit anderen teilen wollen.
(Zu viel?) spaßiges Chaos
Leere Open World hin, umständliches Leitplanken-Gerutsche her: Wirklich wichtig bei einem Mario Kart ist doch ohnehin, wie viel Laune die Rennen machen. Und da gibt sich World doch keine Blöße, nicht wahr?!
Nicht wahr?!
Nun. Ich sag's mal so: Die von Nintendo im Laufe der Jahre perfektionierte Grundrezeptur von Mario Kart schmeckt auch hier wieder prima. Neue Items wie die Tanuki-Feder oder die Eisblume bringen frischen Schwung in die Gaudi und sorgen für die legendären Mario-Kart-Momente, die von Juhu, gewonnen!
bis BETRUG! BETRUUUG!
reichen.
Neue Charaktere gibt es auch. Zu nennen wären hier etwa Gumba, Hammer-Bruder und die Piranha-Pflanze. Und ja, auch die Kuh als absoluter Fan-Liebling lassen wir nicht unerwähnt. Zeit für eine weitere Zwischenfrage an Yabuki-san: Was ist denn deine Lieblingsstrecke, dein liebstes Item und deine liebste Figur in Mario Kart World?
Einen wichtigen Disclaimer schickte der Producer seiner Antwort voraus: Nur, weil er und andere im Entwicklerteam persönliche Favoriten hätten, habe das natürlich keine Auswirkungen auf die Sorgfalt und die Arbeit, die in sämtliche Items, Strecken und Charaktere gesteckt werden.
Lieblingsstrecke: Die Salzwasser-Serpentinen. Auf diesem Kurs können die Spielerinnen und Spieler viele verschiedene Routen einschlagen und ein neues Spielelement erleben, das es ihnen erlaubt, auf dem Wasser zu fahren.
Lieblingsitem: Die Feder ist zurück! Sie ermöglicht es, hoch in die Luft zu springen und dadurch neue Orte in der Spielwelt zu erreichen. Damit haben wir allerdings auch unserer Qualitätssabteilung das Leben schwerer gemacht. [lacht]
Lieblingsfigur: Mario! Der Grund: Während der Entwicklung des Spiels diente Mario als Referenz für die Größe der anderen Charaktere und der Weltgestaltung. Deshalb wurde er mir als Fahrer so vertraut.
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