Je mehr Kameras wir gen Himmel richten oder gar in die Weite des Sonnensystems schicken, desto umfassender wird unser Schatz an Fotos fremder Planeten. So auch im Falle des Mars. Wer will, kann sich stundenlang digital auf unserem Nachbarplaneten die Zeit vertreiben. Und dabei wird er oder sie zwangsläufig Vertrautes entdecken: Gesichter, geometrische Formen, Gegenstände, Türen, Köpfe, all das und mehr. Erst kürzlich sorgte diese Entdeckung für Aufruhr im Internet:
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Was hat es damit auf sich? Handelt es sich dabei um Überbleibsel verrottendes Lebens und verfallender Technologie? Sehen wir dort die Spuren untergegangener Alien-Zivilisationen?
Der bekannte Astrophysiker Neil deGrasse Tyson geht diesen Fragen in einem YouTube-Video auf den Grund. Wir stellen euch die X Gründe vor, weshalb wir unseren Augen nicht immer trauen sollten, wenn wir nach Aliens(Städten) Ausschau halten.
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Anno 2205 auf dem Mars: Das inoffizielle Addon New Frontiers umfasst einen komplett neuen Planeten
Die Natur kann geometrisch und eckig sein
Obschon wir die Natur zurecht eher mit unregelmäßigen und organischen Formen verknüpfen, schließt das eckige und sich wiederholende Formen nicht aus. So könne Wasser durch Erosion, wie Neil deGrasse Tyson erklärt, sehr wohl über Jahrtausende Kanten und Winkel jeder Art in Gestein fräsen. Und der Mars hatte einst Unmengen davon auf der Oberfläche. Derzeit befindet es sich wohl zu größten Teilen unter der Oberfläche:
So sei auch die obige bei X, einst Twitter, gepostete Gesteinsstruktur zu erklären. Zusätzlich falle diese vor allem erst wirklich auf, wenn sie hervorgehoben wird, was unserem Gehirn Extra-Futter bietet.
Pareidolie: Unser Gehirn trickst uns aus
Das menschliche Gehirn vermag exzellent Muster zu erkennen – und das nahezu überall, wo genug optisches Chaos zusammenkommt. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob das aus Wolken, Pflanzen, Gestein oder Sand besteht. Das Phänomen heißt: Pareidolie, griechisch für Para
: Neben/Gegen und Eidolon
: Bild/Form.
Unser Gehirn vervollständigt quasi wie eine Autokorrektur am Computer anhand von Bekanntem, was wir sehen. In unserem Kopf entsteht in Sekundenbruchteilen eine abgeänderte Form der Wirklichkeit. Der Zweck dient unserer Wahrnehmung. Sie soll bei Gefahr beschleunigt agieren, damit wir rasch auf Gefahr reagieren. Nur führt es in Situationen oder in Feldern, wo Besonnenheit angeraten wäre, zu ungewollten Schlussfolgerungen. Pareidolie verleitet uns mitunter zu irrtümlichen Annahmen.
Wenn ihr das an einem simplen, wiederholbaren Beispiel ausprobieren wollt, testet es mal an diesem Generator für Punktbilder aus. Ihr werdet rasch Vertrautes im Wirrwarr erspähen.
Ein wichtiger Nutznießer von Pareidolie sind Gesichter. Sie sehen wir besonders häufig in allerlei. Forscher meinen, der Grund hierfür sei die Wichtigkeit des (Wieder)Erkennens von Personen für unser soziales Miteinander. Unser Gehirn übertreibt es halt nur allzu gern, aber letztendlich hat es sich wohl evolutionär bewährt, überall Vertrautes entdecken zu können.
Mehr zum Phänomen der Pareidolie könnt ihr zum Beispiel beim Spiegel nachlesen.
Licht und Schatten
Ein besonderer Helfer solcher Illusionen findet sich im Spiel von Licht und Schatten. Das berühmteste Beispiel hierfür ist das Marsgesicht. 1976 schoss die Sonde Viking 1
wohl eines der berühmtesten Fotos der Weltraumforschung. In der Mars-Region Cydonia erweckte der Schattenwurf an einem Berg den Eindruck, es handele sich hier um in den Fels gehauenes Gesicht (via Deutschlandfunk).
Viele Chancen bringen Zufallstreffer
Letztendlich sind all diese Erscheinungen laut Neil deGrasse Tyson ein Resultat des Zufalls, der sich automatisch ergibt, wenn wir die Natur einfach nur auf eine entsprechend große Fläche loslassen – und die hat der Mars. Die gesamte Oberfläche des Planeten ist in etwa so groß wie die aktuelle Landfläche der Erde. Gewissermaßen also, wie wenn wir einfach alle Kontinente und Inseln auf einem Haufen zusammendrücken.
Deshalb sei es nicht verwunderlich, dass bei schier unzählbar vielen Gelegenheiten, Winkeln und Lichtkonstellationen auf Fotos etwas vermeintlich Vertrautes auftaucht. Viele weitere Beispiele hat der Merkur in einer Galerie nebeneinander gestellt.
Schließt Neil deGrasse Tyson Aliens oder untergegangene Zivilisationen per se aus? Nein, als Wissenschaftler zeigt er sich offen für bisher Unbekanntes, aber es brauche halt eine wissenschaftlich-rationale Denkweise auf der Suche danach. Es könne ja theoretisch sein, dass eines Tages eine Erklärung für einen Fund wie die eingangs abgebildete Struktur Marsianer
lautet, aber er »könne sich den Luxus nicht leisten, in 99.999 Prozent aller Fälle« mit seinen Erklärungsansätzen falsch zu liegen.
Doch auch ohne Aliens bleibt der Mars spannend: SpaceX arbeitet aktuell zuvorderst mit seinem Starship an einer Befähigung, Menschen alsbald zum Mars zu bringen. Erst vor einigen Wochen hat Elon Musk seine aktuellen Pläne für die ersten Flüge offengelegt.

Meinung der Redaktion: Letztendlich bleibt es ein Spagat. Wir müssen neugierig, aber auch uns bewusst bleiben, dass jeder Blick subjektiv ist. Ohne den Wunsch, Neues zu entdecken und den Rätseln des Universums nachzuspüren, wären wir als Menschheit entscheidend ärmer. Doch jeder Fortschritt muss bedacht und nach wissenschaftlichen Standards erfolgen, denn sonst laufen wir blind Träumen nach oder vor Ängsten davon.
Wie geht es euch bei solchen Bildern vom Mars? Habt ihr Freude damit, solchen mysteriösen Strukturen oder Objekten auf Fotos nachzuspüren? Schreibt es uns gern in die Kommentare!
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