- Gibt's einen Rechtsruck in der Spieler-Community? Sind in Steam-Gruppen organisierte Nazi-Sympathisanten eine Gefahr für die Demokratie?
- Unser Kolumnist fragt sich und euch, was wir alle dafür tun können, dass unser Hobby nicht von den Extremisten gekapert wird.
Seit dem letzten Wochenende ist es wieder soweit: Auf der Theresienwiese, zu Fuß nur etwa eine knappe Viertelstunde vom Sitz der GameStar-Redaktion entfernt, beginnt das Münchener Oktoberfest, das größte Volksfest der Welt. Zweieinhalb Wochen lang schunkeln Millionen von Menschen im Bierzelt zu Helene Fischer, Udo Jürgens und Costa Cordalis und saufen, bis die Leber ächzt.
Manche von ihnen übergeben sich anschließend auf dem sogenannten »Kotzhügel«, einige wenige leider auch mehr oder weniger präzise vor meinem Haus. Die Wiesn ist ohne Zweifel das größte Spektakel das München zu bieten hat, vermutlich sogar das größte Spektakel, das Deutschland zu bieten hat. Gegen dieses gewaltige Drogenfest wirkt sogar die gamescom so unspektakulär wie ein Nutella-Brot.
Der Autor
Christian Schiffer ist Journalist beim Bayerischen Rundfunk, Politikwissenschaftler, weltgrößter Ultima-7-Fan und Herausgeber des Spielkultur-Bookazines WASD. In seiner Kolumnenserie #keineahnung schreibt er für GameStar Plus über die Absurditäten unserer Branche und legt den Finger in die Wunde: Seid ihr eigentlich alle bescheuert?
Was ein vergessener Terroranschlag mit Nazis in Videospielen zu tun hat
Diese Aufmerksamkeit möchte sich Gundolf Köhler zu Nutze machen, als er sich am 26. September 1980 am Haupteingang des Oktoberfests nähert. Kurz darauf deponiert er in einem Mülleimer eine Bombe, die um 22:19 Uhr explodiert und dreizehn Menschen in den Tod reißt, darunter auch ihn selbst.
Die Bombe hat Köhler mit Nägeln und Schrauben präpariert. 211 Menschen werden verletzt, viele von ihnen schwer, manche der Opfer verlieren Gliedmaßen und leiden bis heute unter den Folgen des Attentats. Der Terroranschlag auf das Münchner Oktoberfest ist der bislang blutigste Terror-Anschlag in der Geschichte unseres Landes - und heute fast ein wenig in Vergessenheit geraten, nur ein Denkmal am Eingang des Oktoberfestes erinnert an dieses traumatische Ereignis.
Ob Köhler ein Einzeltäter war oder Helfer hatte, das wird bis heute kontrovers diskutiert. Klar ist aber: Köhler war Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann, einer neonazistischen Terrorgruppe. Schon mit 14 besucht er Veranstaltungen der NPD, mit 18 tritt er in die Wikinger-Jugend ein, schläft unter einem Bild Adolf Hitlers, kurz: Gundolf Köhler war ein Nazi.
Aber: Gundolf Köhler hatte auch ein Hobby. Und zwar das womöglichst friedfertigste, unschuldigste, gewöhnlichste und, böse Zungen werden wohl sagen, das langweiligste Hobby, das man sich überhaupt vorstellen kann: Der Nazi-Terrorist war nämlich begeisterter Sammler von Mineralien.
Der Fußball kämpft schon lang mit Nazis in der Kurve
Die Frage, ob das Sammeln von Mineralien mit dem Anschlag im Zusammenhang stehen könnte, ob seine Mineralien-Begeisterung zu seiner Radikalisierung beigetragen hat, diese Frage ist nie gestellt worden. Bei manchen Hobbys allerdings ist die Debattenlage eine andere: Als deutsche Nazi-Hooligans 1998 den französischen Polizisten Daniel Nivel ins Koma prügeln, da wird die Frage aufgeworfen, ob das Fußball-Fantum an sich Schuld hätte an solchen Gewaltexzessen und zur Radikalisierung von jungen Männern beitrage.
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