Seite 2: Neverending Nightmares im Test - Ein kurzer Albtraum von einem Spiel

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Schrecklich schwer zu erklären

Warum wir das alles tun, können wir nicht genau sagen. Nicht, weil wir Spoiler vermeiden wollen, denn eine Rahmenhandlung gibt’s in dem Sinne schon: In einigen wenigen Dialogen taucht Thomas‘ Schwester auf, die den armen Träumenden und uns mit zahlreichen Andeutungen das Schicksal der beiden Geschwister näherbringt. Wirklich ergreifend wird die Geschichte aber nie. Alle drei alternativen Enden - die obendrein nur durch extremes Backtracking freizuschalten sind - bieten lediglich wenig überraschende »Auflösungen«.

Mag sein, dass Neverending Nightmares einfach generell und symbolisch den Schrecken von Albträumen darstellen soll. Angst vor Dunkel zum Beispiel. Oder die Sprunghaftigkeit von Träumen wenn etwa plötzlich ein klassischer Schockmoment den Abschnitt beendet und Thomas wieder in einem Bett aufwacht. Noch etwas unmittelbarer wird das Unbehagen, wenn man eben weiß, dass in Neverending Nightmares die Albträume seines Entwicklers stecken und sogar einige persönliche Vorschläge aus der Kickstarter-Community.

Immer wieder wacht Thomas aus seinem Albtraum auf. Hier spricht er mit seiner Schwester. Immer wieder wacht Thomas aus seinem Albtraum auf. Hier spricht er mit seiner Schwester.

Dennoch werden wir das Gefühl nicht los, dass die Entwickler den schwer fassbare Schrecken eigener Ängste nicht kreativ und profund einfangen konnten und stattdessen auf seit Jahrzehnten etablierte Horrormotive zurück gegriffen haben: Gruselige Puppen, gruselige Äste, gruselige Leichenteile.

Einige Elemente, die einfach so niedergeschrieben eher nach Mängeln klingen, machen im Albtraum-Kontext aber Sinn. Etwa dass Thomas nervig langsam durch die Szenarien schlurft und wir eigentlich schneller voran wollen (oder weg von einer Bedrohung) - so einen Alptraum haben wir selbst schon gehabt. Dass wir mit all diesen Albtraum-Versatzstücken oft allein gelassen werden, hat stets unsere Neugierde geweckt, was da wohl noch kommen mag. Und das sind, so viel sei gesagt, teils krasse Bilder die uns sicher länger im Gedächtnis bleiben werden.

Schrecklich gute Atmosphäre

Getragen wird die gelungene Stimmung auch von der famosen Grafik und einer exzellenten Soundkulisse. Zur Optik müssen wir gar nicht viele Worte verlieren. Ein Blick auf die Screenshots zeigt, dass Neverending Nightmares handgezeichneter Stil einen ganz besonderen Flair hat. In Bewegung und vor allem beim Spiel von Licht und Schatten hat das Ganze etwas von einem animierten Kunstwerk.

Einmal ist Thomas als offenbar asthmakrankes Kind unterwegs. Warum, behält das Spiel für sich. Einmal ist Thomas als offenbar asthmakrankes Kind unterwegs. Warum, behält das Spiel für sich.

Ein ähnliches kleines Kunstwerk schallt aus den Boxen. Oder besser gesagt aus den Kopfhörern, denn damit kommt die Klangkulisse noch besser zur Geltung. Der Boden knarzt, Thomas keucht angsterfüllt bei jedem hastigen Schritt und im Hintergrund tönt eine erlesene Auswahl an passender Grusel-Musik die gut abgemischt wurde.

Ein schreckliches Spiel?

Tolle Atmosphäre hin, stimmungsvolle Umsetzung her – im Grunde spielen wir hier noch immer ein Spiel. Und das wird uns an manchen Stellen unangenehm bewusst. Wie gesagt ist unsere Interaktion mit der Albtraumwelt recht beschränkt und dementsprechend sind die wenigen Rätsel derart simpel, dass sie gerade noch als »Aufgabe« durchgehen – etwa wenn wir eine Kerze finden müssen, um einen dunklen Keller betreten zu können. Schaffen wir das, stellt sich kein Triumphgefühl ein, lediglich Erleichterung, dass es endlich weitergeht. Das stört aber zumindest nicht den Spielfluss.

Anders hingegen die kleinen Geschicklichkeitspassagen, in denen wir den oben erwähnten Monstern ausweichen müssen. Diese Passagen sind manchmal derart fitzelig (etwa wenn wir an blinden Irrenanstalt-Patienten ganz langsam vorbeischleichen müssen), dass wir sie oft aus purem Pech nicht schaffen. Muss man die Passagen dadurch öfter als zweimal angehen, reißt uns das völlig aus der Horror-Stimmung hinein in die leichte Frustration.

Im Gespann mit einer sehr kurzen Spieldauer und kaum vorhandenem Wiederspielwert ist Neverending Nightmares unterm Strich also mehr eine Erfahrung, als ein vollwertiges »Spiel«. Eine Erfahrung, die sich vielleicht mit der Lektüre einer Erzählung von Edgar Allan Poe vergleichen lässt – mit deutlich mehr Blut und Splatter.

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