Vergesst ChatGPT! Diese Software aus den 90ern hat mir geholfen, Autor zu werden

Papyrus Autor ist eine Schreibsoftware aus deutscher Feder. Sogar Sci-Fi-Autor Andreas Eschbach hat daran mitgearbeitet, doch kaum einer kennt sie.

Während YouTuber und Opportunisten versuchen, mit ChatGPT Bücher zu schreiben und Geld damit zu machen, kennt anscheinend niemand die beste Schreibsoftware. Die Rede ist von Papyrus Autor, einem Programm einer Software-Schmiede aus Berlin, das es bereits seit den frühen 90ern gibt.

Papyrus Autor ist der Ferrari unter den Schreibprogrammen.

Nicht einmal in Englisch gibt es eine vergleichbare Software. Ich hatte die Gelegenheit, mit den beiden Geschäftsführern von R.O.M. Logicware GmbH zu sprechen und diese versicherten mir, dass Scrivener Papyrus Autor am nächsten käme - und das englische Pendant besitzt nur einen Bruchteil der Funktionen.

Und was kostet so ein Schreib-Ferrari? Die aktuelle Version erhaltet ihr für einmal 200 Euro. Darin enthalten sind alle Schikanen (und mehr), die ich euch in diesem Artikel vorstellen werde. Wer nur mal schnuppern möchte, darf gerne vier Wochen lang umsonst testfahren.

Powered by Andreas Eschbach

Seit den 1990ern hat sich freilich viel getan. Damals firmierte die Software noch unter dem Namen Papyrus Office, ließ sich sogar auf dem Atari bespielen, und wurde Anfang der 2000er unter dem Namen Papyrus Works in abgespeckter Version Computermagazinen beigelegt.

Seit 2008 heißt das Programm Papyrus Autor und niemand Geringeres als Sci-Fi-Autor Andreas Eschbach (Das Jesus Video, Perry Rhodan) hat seinen Input gegeben - und das macht sich bemerkbar: Die Software ist nicht zugetackert mit allerlei nutzlosen Funktionen.

Warum ist Papyrus Autor so unbekannt? Dieses Rätsel stelle ich mir auch, bin ich selbst nur über den Namen gestolpert, weil er in einem zufälligen Tweet auf Twitter auftauchte. Laut R.O.M. Logicware will man bald international in Konkurrenz treten. Zeit wird’s, denn den Ferrari hat man ja nicht nur daheim in der Garage stehen.

Seit ich einmal Blut geleckt habe, kann ich nicht mehr zu Microsoft Word zurück.

Das ist die Arbeitsübersicht von Papyrus Autor. Das ist die Arbeitsübersicht von Papyrus Autor.

Für wen ist Papyrus geeignet?

In erster Linie für Autorinnen und Autoren. Menschen, die ihren Traum vom Buch erfüllen und sich den Weg des Schreibens so einfach wie möglich gestalten möchten. Wer im Alltag nur ein paar Zeilen tippen möchte, der ist mit Word oder Alternativen besser dran. Niemand fährt mit einem Ferrari in der 30er-Zone. 

Studierende profitieren ebenfalls von Papyrus. Seien es die ganzen Struktur-Möglichkeiten, Voreinstellungen oder Plugins: Die Masterarbeit geht definitiv leichter und deutlich übersichtlicher von der Hand.

Die Elefanten im Raum: Plugins

Bevor ich auf die Software selbst zu sprechen komme, möchte ich auf die Plugins erwähnen, die keine andere Software besitzt: 

  • Duden-Korrektor 
  • Stilanalyse 
  • OpenThesaurus

Der Duden-Korrektor ist genau das, was ihr dahinter vermutet: Ein Plugin zum automatischen Korrigieren. Im Gegensatz zu Fehlerkorrekturen anderer Programme, erkennt der Duden-Korrektor Zusammenhänge - und korrigiert Fehler auf der Datenbank des Duden.

Rot und grün unterringelt bedeutet: Hier könnten Fehler lauern. Rot und grün unterringelt bedeutet: Hier könnten Fehler lauern.

Tippfehler werden in der Regel sofort korrigiert, eigene Wortschöpfungen können in ein persönliches Wörterbuch übernommen werden, sodass das Duden-Plugin diese als richtig erachtet. 

Für mich die persönlich hilfreichste Funktion ist die Stilanalyse - die ist wie das Duden-Plugin auf Steroiden. Dabei geht es nicht um Rechtschreibung, sondern Lesbarkeit und Stil. 

Dubletten, Konjuktionen, schwache Verben: Der Stilanalyse entgeht nichts! Dubletten, Konjuktionen, schwache Verben: Der Stilanalyse entgeht nichts!

Dopplungen werden mit grünen Kästen angezeigt, schwache Verben mit einer braunen gestrichelten Linie und Füllwörter werden ausgegraut. Selbst die goldene Regel Show don’t Tell markiert Papyrus auf Basis bestimmter Wörter. Das kann keine Software! Beim Überarbeiten fischt man so etliche Stilblüten aus seinen Texten, ohne dass ein Lektor seinen Blick drauf geworfen hat. 

Folgendes zeigt die Stilanalyse an (und das muss man sich echt mal auf der Zunge zergehen lassen):

  • Zu lange Sätze
  • Verklebte Sätze
  • Füllwörter
  • Adjektive/Adverben
  • Vage Begriffe
  • Verbfaulheiten
  • Phrasen
  • Zeitwörter
  • Wertende Wörter
  • Redundanz
  • Nominalstil
  • Konjunktionen

All diese Feinheiten können manuell eingestellt und mit Farben versehen werden. Hinzu kommt ein dreistufiger Level, wie genau die Analyse arbeiten soll, und die Möglichkeit, sich eigene Sets zu definieren.

Klein aber fein: Mithilfe des OpenThesaurus-Plugins werden mit einem rechten Mausklick Synonyme und Antonyme in einem Drop-Down-Menü angezeigt. Kein manuelles Suchen mehr via Google, das spart Zeit - besonders, wenn die Stilanalyse wegen einer Dublette meckert.

Planung ist das halbe Buch

Dedizierte Schreibprogramme haben immer eine Möglichkeit, eigene Strukturen anzulegen: Kapitel und Szenen. In Papyrus lassen sich diese mit Farben kodieren. Wie und ob man das nutzt, ist jedem selbst überlassen. Perspektive, Handlungsort oder -zeit, alles ist möglich.

Farben und Icons erleichtern das Strukturieren. Farben und Icons erleichtern das Strukturieren.

In den Beispielen hat die Autorin den Szenen zusätzlich Icons gegeben. Wahlweise kann man sich noch Wort- und Seitenzahl anzeigen lassen. Papyrus ist stark personalisierbar. Man stellt ein, was man selbst sehen oder wissen möchte.

Über den Navigator versieht man einzelne Szenen und Kapitel wahlweise mit Informationen: Welche Charaktere kommen darin vor? Welche Farbkodierung möchte man? Findet ein bestimmtes, storyrelevantes Ereignis statt?

Sieht komplizierter aus, als es eigentlich ist: Der Navigator. Sieht komplizierter aus, als es eigentlich ist: Der Navigator.

Eines der vermutlich profansten und gleichzeitig wichtigsten Features sind Notizzettel, die man rechts vom Blatt mit einem Doppelklick erstellt. Spontane Gedanken, wichtige Erinnerungen oder einfach nur coole Zitate: Ihr haltet fest, was euch beim Schreiben ins Hirn schießt.

Zieht ihr die Notiz an einen bestimmten Absatz im Text, tackert ihr sie an. Eine bestimmte Stelle muss noch überarbeitet werden? Kein Problem! Post-It dran und später drum kümmern.

Papyrus gibt euch allerlei Tools an die Hand, um euer Buch oder die Masterarbeit zu planen. Selbst Fristen, Schreibziele und Deadlines könnt ihr in einem Kalender eingeben und euch stets up to date halten.

Tägliche Schreibziele und Deadlines helfen euch, dranzubleiben. Tägliche Schreibziele und Deadlines helfen euch, dranzubleiben.

Karten: Immer das richtige Blatt

Pen&Paper-Spieler unter euch kennen Charakterbögen, auf denen die eigene Spielfigur mit all ihren Fertigkeiten und Attributen abgebildet ist. In Papyrus Autor gibt es so etwas Ähnliches und das nicht nur für Figuren, sondern Gegenstände und Orte ebenfalls.

Wer schon mal D+D gespielt hat, kennt solche Charakter-Karten. Wer schon mal D&D gespielt hat, kennt solche Charakter-Karten.

Aussehen, Alter, Bild und Motivation sind nur einige der Gesichtspunkte. Wenn ihr wollt, könnt eine ganze Biographie für eure Figuren niederschreiben. Clever: Papyrus zeigt euch Charakternamen im Text farbig an, sodass ihr mit der Maus nur darüber hovern müsst, um euch die Karte anzeigen zu lassen. 

Eine der vielen Komfortfunktionen des Programms.

Gegestands- und Orskarten sehen übrigens ganz ähnlich aus. 

Jede Karte lässt sich wiederum einfärben, sodass man bestimmte Personengruppen (Helden, Bösewichte) zusammenfassen kann. Das ist alles kein Muss, wer aber gerne Informationen zu bestimmten Figuren, Gegenständen und Orten auf einen Blick haben möchte, bekommt von Papyrus alles geliefert.

Ihr wollt alle Figuren in einer praktischen Übersicht? Ein Kinderspiel:

Ich habe in meinen Büchern sehr, sehr viele Figuren. Ich habe in meinen Büchern sehr, sehr viele Figuren.

Man sieht nicht nur all seine Akteure auf einmal, man kann sie auch nach Attributen sortieren. Oder, wenn’s zu viele werden, nach phoenetisch gleichen Namen suchen. Dasselbe gilt natürlich auch für Orte und Gegenstände.

Mindmap oder auch: Denkbrett

Eine Mindmap zum Konzeptionieren kennen sicher die meisten von euch. Dafür gibt sogar dedizierte Software - oder man verwendet die Version, die in Papyrus an Bord ist.

Welche Charakter geht wohin? Wer gehört zu welcher Gruppe? Wo befindet sich gerade wer? Klingt, als könnten Spielleiter aus Dungeons & Dragons das Tool gut gebrauchen.

Die Autorin, die mir die beiden Screenshots ihres Denkbretts zur Verfügung gestellt hat, nutzt sie auf ganz unterschiedliche Art und Weise: Mal als Zeitstrahl, mal, um die Entwicklung ihrer Figuren zu verfolgen. Den Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt.

Darüber hinaus bietet die Software selbst diverse Vorlagen und Cluster, in die man seine Informationen einträgt. 

Für einige Genre finden sich Vorlagen bereits in der Software integriert. Für einige Genre finden sich Vorlagen bereits in der Software integriert.

Papyrus nimmt seine Benutzer manchmal an die Hand, wie mit diesen Vorlagen. Viele Funktionen sollte man allerdings selbst ausprobieren. Jede Autorin und jeder Autor nutzt das Programm anders. Bei mir verstaubt das Denkbrett zum Beispiel, während andere lieber nicht die Stilanalyse anwerfen.

Hilfreiche Funktionen am Text

Die bisherigen Funktionen drehten sich alle rund um den Text, aber auch beim Schreiben selbst bietet Papyrus zig Einstellungen und Komfortfunktionen, wie zum Beispiel die Möglichkeit, sich nur wörtliche Rede anzeigen zu lassen.

Für mich unverzichtbar: Alles ausblenden, außer wörtlicher Rede. Für mich unverzichtbar: Alles ausblenden, außer wörtlicher Rede.

Wozu das Ganze? Um zu überprüfen, ob ein Dialog fließt und natürlich klingt. Solche nischigen Funktionen besitzt das Schreibprogramm allerhand, dazu zählen zum Beispiel:

  • Geistertext: Nicht benötigte Textteile von der Ausgabe ausschließen, ohne sie löschen zu müssen.
  • Schreibfokus: Blendet alles aus bis auf das leere Blatt.
  • Nachverfolgungsmodus: Sämtliche Änderungen können über mehrere Generationen nachverfolgt werden.
  • Textmarker: Zum Markieren bestimmter Textstellen.

Besonders praktisch: Der Lesbarkeits-Check. Von Blau zu Rot evaluiert die Software, wie gut lesbar ein Abschnitt ist.

Je blauer der Text, desto besser verständlich ist der Absatz. Je blauer der Text, desto besser verständlich ist der Absatz.

Zahlen, bitte!

Gibt’s Statistik-Fans unter euch? Wenn ihr mutig seid, könnt ihr euch von Papyrus anzeigen lassen, wie lesbar euer Buch ist (dargestellt in einem Balkendiagram pro Kapitel), oder welche Kapitel die meisten grammatikalischen Schnitzer haben:

Die Statistik kommt sogar inklusive Vergleiche unter den Kapiteln. Die Statistik kommt sogar inklusive Vergleiche unter den Kapiteln.

Nur nicht verunsichern lassen, denn solche Anzeigen sind mit Vorsicht zu genießen. Sie helfen aber durchaus dabei, den eigenen Text zu evaluieren. 

Nützlicher sind Informationen wie Seiten- oder Zeichenzahlen, die ihr euch am unteren Bildschirmrand oder jederzeit neben den Szenen und Kapitel anzeigen lassen könnt. 

All das, was ihr bis hierher erfahren habt, lässt sich über die Einstellungen auf die persönlichen Vorlieben anpassen. Seien es Farben bei der Stilanalyse oder ein Impressum: Die Software lässt euch jeden Arbeitsschritt streamlinen. Erwartet hier allerdings keine Übersicht; Trial and Error sind angesagt, bis man die richtigen Einstellungen gefunden hat.

Feinjustieren im großen Stil ist angesagt. Feinjustieren im großen Stil ist angesagt.

Buch fertig - und nun?

Wenn ihr euren Fantasyroman runtergetippt, alle Figuren angelegt, die Stilanalyse ihr Werk verrichtet und sämtliche Fehlerchen ausgemerzt habt, spuckt euch Papyrus Autor mit einem Klick das jeweilige Format aus. 

Doc und PDF sind gesetzt, ihr könnt euren Roman auch gleich im ePub- oder MOBI-Format ausgeben lassen, um es auf eReadern zum Probelesen herzugeben. Extrem hilfreich: Papyrus wandelt euer Buch mit einem Klick ins Normseitenformat um - für Bewerbungen bei Verlagen pures Gold! In Word muss man das alles von Hand justieren.

Theoretisch könnt ihr mit Papyrus ohne Umschweife euer Buch im passenden Format für Amazon KDP exportieren und sofort hochladen. Nach dem Schreiben gebt ihr euer Manuskript bestenfalls in die Hände eines Lektors, besorgt euch ein Cover und Buchsatz. Bis auf das Cover kann eine KI Lektorat und Satz nämlich nicht leisten.

Dem Traum vom eigenen Buch steht nichts mehr im Weg!

Autorsein hängt nicht von der Software ab

Klar, am Ende schreibt euch Papyrus kein Buch allein. Dazu gehören Planung, Kreativität, viel Zeit und vor allem Durchhaltevermögen. Was die Software jedoch leisten kann, ist, euch beim Schreiben zu unterstützen. Die Komfortfunktionen bietet kein anderes Programm und besonders die Plugins sind jeden Euro wert.

Also, hat mich eine deutsche Software aus den 90ern zum Autor gemacht? Nein, sicher nicht, aber sie hat mir geholfen und mich zu einem besseren Autoren gemacht, denn ohne Papyrus Autor hätte ich viel mehr Kopfschmerzen gehabt. Wenn ihr plant, ein Buch zu veröffentlichen, dann nehmt die 200 Euro in die Hand, wenn ihr könnt. In meinen Augen sind die es allemal wert.

Und keine Angst, weil die Software so komplex aussieht. Wenn ihr schon mal mit Word gearbeitet habt, dann findet ihr euch spielend zurecht.

Bildquellen: Fanny Remus, Elysa Winters, Milian Ventus

Eigentlich ist Microsoft Word DIE Schreibsoftware. Doch habt ihr schon mal andere Programme ausprobiert? Kennt ihr Papyrus Autor, vielleicht sogar von früher? Habt ihr eigentlich den Drang, ein Buch zu veröffentlichen? Oder überlasst ihr das Schreiben den anderen und lest lieber? Wenn ja, was? Ich freue mich auf eure Kommentare!

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