The Line: Warum es um die lange Megastadt in der Wüste gerade alles andere als gut steht

Der Bau von The Line ist von Pannen und Pleiten geplagt. Jetzt folgt der nächste Dämpfer.

Aktuell berichten investigative Medien wie Bloomberg immer wieder über Stolpersteine und Pleiten des Projekts The Line. (Symbolbild, Quelle: Corona Borealis - adobe.stock.com) Aktuell berichten investigative Medien wie Bloomberg immer wieder über Stolpersteine und Pleiten des Projekts The Line. (Symbolbild, Quelle: Corona Borealis - adobe.stock.com)

Wir berichten immer wieder über gigantische Megabauten wie The Line. Das ist der Name für eine gigantische, 170 km lange Stadt, die Saudi-Arabien in die Wüste bauen will. Doch es gibt immer wieder Pannen und Pleiten.

Das Magazin MEED berichtete am 17. März über den finanziellen Rückzug der Saudis aus einer riesigen, 1,5 Milliarden Dollar teuren Entsalzungsanlage, welche The Line und die Region Neom täglich mit bis zu 500.000 Kubikmeter entsalztes Wasser aus dem Meer versorgen sollte.

Kurzer Überblick: Als Projekt Neom bezeichnet Saudi-Arabien sein gesamtheitliches Bauprojekt. Es ist eine Art Planstadt mit Industrieanlagen im Nordwesten des Landes. Sie setzt sich zusammen aus:

  • The Line (die linienförmige Stadt),
  • Ein Handelshafen und Industriestandort namens Oxagon.
  • Das luxuriöse Ferienresort Sindalah auf einer Insel vor der Küste.
  • Trojena, ein geplantes Ski- und Wintersportgebiet für Touristen.

Die Vision: Im folgenden Clip präsentiert Saudi-Arabien The Line in einem blumigen Werbevideo. Grafiken und Baustellenbilder liefern euch ein Gefühl für die unfassbare Größe (170 km lang, 200 m breit, 500 m über Meeresspiegel):

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Droht das Fundament von The Line zu bröckeln?

Was eigentlich der Feder eines Sci-Fi-Autors entsprungen sein könnte, entwickelt sich immer mehr zu einer Geschichte aus 1001 Nacht. Die laut MEED gescheiterte Entsalzungsanlage reiht sich ein in eine Reihe von Pleiten, die Saudi-Arabien in den letzten Monaten hinnehmen musste.

Im Detail: Laut Bloomberg sollte die Stadt bis 2030 insgesamt 1,5 Millionen Menschen beherbergen. Geplant ist eine Stadt, die vollständig von Solar- und Windkraft versorgt wird:

  • Kostenpunkt von The Line: Laut Ingenieur.de rund 500 Milliarden US-Dollar.
  • Ein Teil des Geldes stammt aus dem Public Investment Fund von Saudi-Arabien.
  • Der andere Teil sollte von ausländischen Investoren kommen.

Erste Pleite: Der saudische Kronprinz wollte für sein Vorhaben insgesamt 100 Milliarden von ausländischen Investoren sammeln und scheiterte laut Bloomberg. Infolgedessen schraubte das Land seine Ambitionen wohl deutlich nach unten:

Nach Angaben einer Person, die mit der Angelegenheit vertraut ist, gehen die Behörden davon aus, dass bis zu diesem Zeitpunkt weniger als 300.000 Menschen in dem Gebiet leben werden.

Bloomberg

Zweite Pleite: Von 1,5 Millionen geplanten Einwohner bis 2030 auf gerade einmal 300.000. Sollte die Quelle recht behalten, wäre dies ein gewaltiges Downgrade. Es bleibt abzuwarten, ob diese Zahl nicht noch weiter sinken wird.

Dritte Pleite: Es war von Anfang an geplant, das Projekt in mehreren Etappen fertig zu stellen. Wie weit die Saudis mit The Line bis 2030 kommen werden, ist unklar. Quellen wie der Stern berichteten von eingeflogenen Baufirmen. Anderen Quellen zufolge haben die ersten Baufirmen wiederum Arbeiter entlassen.

Die nicht näher genannte Bloomberg-Quelle geht davon aus, dass Saudi-Arabien gerade einmal 2,4 km der 170 km bis 2030 fertigstellen wird.

Vierte Pleite: Die Einstampfung der Entsalzungsanlage stellt die aktuellste Schlappe der Pannenliste dar und bestätigt indirekt die anonyme Bloomberg-Quelle. Weniger Bewohner als eingeplant verbrauchen logischerweise weniger Wasser.

Vermutlich fiel die Entsalzungsanlage also weiteren Sparmaßnahmen zum Opfer. Eine offizielle Stellungnahme dazu gibt es laut MEED noch nicht.

Die Zukunft von Neom und The Line

Aufgeben will der Kronprinz sein Projekt wohl nicht. So soll Trojena (das Skigebiet) für die asiatischen Winterspiele 2029 vorbereitet werden. Noch in diesem Jahr ist außerdem der Baustart für das Luxusresort Sindalah (die Insel) geplant.

Der größte Haken: Das finale Bau-Budget für Neom wurde noch nicht vom Staatsfonds des Königreichs freigegeben. Offiziellen Statements zufolge wird sich das Projekt über das Jahr 2030 hinaus verzögern.

Offene Fragen und Kontroverse rund um The Line

Das Projekt soll nach dem Wunsch der Saudis ihr Image zu dem einer nachhaltigen und modernen Gesellschaft wandeln.

Warum wollen die Saudis überhaupt in der Wüste bauen?

Saudi-Arabiens Reichtum stammt fast ausschließlich aus seinen (endlichen) Ölreserven. Um die eigene Wirtschaft zu diversifizieren und somit zukunftssicherer zu gestalten, versucht sich das Königreich an allerlei Investitionen und Ideen wie Neom.

Wie sinnvoll allerdings eine Stadt mit Millionen Einwohnern in einer wasserarmen Wüstenregion ist, bleibt dahingestellt. Kritiker bemängeln laut Stern die Machbarkeit von Neom schon seit langem.

Kontroverse: Ein Projekt ermöglicht durch Gewalt und Menschenrechtsverletzungen

Die Monarchie Saudi-Arabien ist nicht gerade bekannt für seine Toleranz oder Rechtsstaatlichkeit.

Ein Rückblick: The New York Times machte Kronprinz Mohammed bin Salman (MBT) beispielsweise persönlich für die im Jahr 2018 stattgefundene Ermordung des unliebsamen Journalisten und Regimekritiker Jamal Khashoggi verantwortlich.

Aktuell: Um das Projekt The Line lokal umsetzen zu können, wurden laut The Guardian mindestens 20.000 Menschen des regional ansässigem Huwaiti-Stammes vertrieben. Das geschah unter Gewaltandrohung und der Verletzung etlicher Menschenrechte.

Was denkt ihr über The Line? Megabau oder utopischer Mega-Flop? Kann so etwas überhaupt realistisch umgesetzt werden oder war das Projekt von Anfang an zum Scheitern verurteilt? Was müsste eurer Meinung nach passieren, damit ein solches Bauprojekt in einer perfekten Welt ohne Menschenrechtsverletzungen realisierbar ist? Schreibt es uns gerne in die Kommentare.

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