Was war meine Freude groß, als Netflix Mitte 2023 ankündigte, eine Tomb-Raider-Serie zu machen. Mit der Legend-Trilogie und den beiden zugegebenermaßen durchwachsenen Actionfilmen mit Angelina Jolie hat sich die Reihe rund um die flinke britische Archäologin Lara Croft fest in mein Gamer-Gedächtnis gebrannt.
Und dann spielt diese neue Serie auch noch in derselben Timeline wie die genialen Reboot-Spiele von Crystal Dynamics, die Lara Croft menschlicher und nahbarer machten als je zuvor. Eigentlich ist da also jede Menge Potenzial zum Hit. Jetzt habe ich alle acht Folgen geschaut und muss feststellen: Die Serie ist eine herbe Enttäuschung, denn sie schöpft das vorhandene Potenzial leider überhaupt nicht aus.
In der spoilerfreien Kurzkritik erfahrt ihr, warum The Legend of Lara Croft unserer Lieblingsarchäologin nicht unbedingt schmeichelt.
Archäologin auf Abwegen
In ihrem neusten Abenteuer ist Lara Croft auf der Suche nach den sogenannten Gefahrensteinen, mächtigen Artefakten aus der chinesischen Mythologie, die es ihrem Besitzer ermöglichen, anderen Menschen seinen Willen aufzuzwingen. In den falschen Händen können die Steine jedoch die Welt ins Chaos stürzen. Das muss Lara verhindern.
The Legend of Lara Croft schließt erzählerisch an die Reboot-Trilogie an; die Serie spielt nach dem Südamerika-Abenteuer Shadow of the Tomb Raider. Mit Jonah und Abby treffen wir auf bekannte Gesichter, mit Hacker Zip kehrt zudem eine beliebte Figur aus den älteren Tomb Raider Timelines zurück.
Die Netflix-Serie will das Beste aus beiden Welten vereinen. Sie zeigt zum einen die beinharte Archäologin aus den älteren Spielen, die toughe Sprüche klopft und auf der Jagd nach Schätzen alles andere hintanstellt. Sie zeigt aber auch die verletzliche, menschliche Lara, die von ihrer Vergangenheit gequält wird und lernen muss, mit Verlusten umzugehen.
Allerdings scheitert die Serie an diesem gewagten Spagat, denn im Gegensatz zu den drei jüngsten Spielen fehlt es The Legend of Lara Croft an erzählerischer Finesse. Der Versuch einer tiefgründigen Charakterstudie wird immer wieder von flachen Dialogen und einer unglaubwürdigen Story torpediert.
Was nützt es, wenn wir im einen Moment von Laras Ängsten und Albträumen erfahren, dieser Ansatz dann aber im Serienfinale vollkommen über Bord geworfen wird, wenn Lara ohne mit der Wimper zu zucken einen Tyrannosaurus wegballert.
Auch abseits von Laras persönlicher Entwicklung ist die Handlung nicht das Gelbe vom Ei. Der Mix aus Templer-Verschwörung, chinesischer Mythologie und der obligatorischen Rettung der Welt wirkt ideenlos und ist zudem sprunghaft und verwirrend erzählt. Denn Lara turnt zwar viel durch die Weltgeschichte, kommt sich dabei aber selbst nicht nennenswert näher.
Übernatürliche Elemente wie Götter oder Dinos waren in der Tomb Raider Reihe zwar schon immer präsent, doch durch die schwache Handlung verfehlt deren Darstellung hier den schmalen Grat des Mystischen und gerade noch Glaubwürdigen, auf dem die Spiele meist sehr zielsicher wandeln.
Aber zugegeben, wirklich gut war die Story bei keiner der bisherigen Tomb-Raider-Verfilmungen - auch nicht bei den beiden Teilen mit Angelina Jolie.
Ein schwieriges Konzept
Dass die Handlung nicht so recht packen will, liegt aber vielleicht auch daran, dass ein Konzept, das zwar als Spiel funktioniert, das nicht unbedingt automatisch auch als Film oder Serie tut. Denn die für Tomb Raider charakteristische Mischung aus Klettern, Springen und Rätsel lösen fühlt sich deutlich besser an, wenn ich sie selbst spiele, statt einer anderen Lara dabei zuzuschauen.
Zumal diese in der Netflix-Fassung nur mäßig gut animiert ist, denn auch die Zeichenqualität ist bei The Legend of Lara Croft nicht die beste. Vor allem die comichaften Gesichtsausdrücke wirken stellenweise regelrecht aus der Zeit gefallen und verkehren Laras emotionale Reise unfreiwillig ins Komische.
Trotzdem ist die Serie nicht durchweg schlecht. Der Versuch, die Geschichte der Reboots konsequent fortzusetzen, schlägt bei mir einige richtige Töne an. Leider bleibt es bei dem Versuch und The Legend of Lara Croft ist genau dann am besten, wenn die Haupthandlung und Laras Selbstfindung eigentlich schon vorbei sind.
Wenn ihr Lara Croft also bis zum nächsten Tomb-Raider-Spiel also in gutem Andenken bewahren wollt, solltet ihr nicht allzu hohe Erwartungen in die neue Serie setzen.
Die Zukunft der Reihe
Bis das nächste Tomb-Raider-Spiel erscheint werden wir uns allerdings noch ein Weilchen gedulden müssen. Zwar ist schon seit längerem klar, dass Crystal Dynamics bereits an einem neuen Teil arbeitet, der auf der Unreal Engine 5 basieren soll.
Doch 2022 wurde das Studio samt der Marke Tomb Raider an den strauchelnden schwedischen Spielekonzern Embracer verkauft. Bisher wissen wir lediglich, dass der neue Titel eine offene Spielwelt bieten und in Indien angesiedelt sein soll.
Falls ihr jetzt trotzdem Lust auf Tomb Raider habt, kommt es doch wie gerufen, dass bei Steam passend zum Serien-Release ein Tomb-Raider-Sale gestartet ist, in dem ihr Laras Abenteuer stark reduziert abgreifen könnt. Die gesamte Survivor-Trilogie bekommt ihr beispielsweise aktuell für schlappe 12 Euro. Das Sonderangebot läuft noch bis zum 24. Oktober.
Was haltet ihr von Tomb Raider: The Legend of Lara Croft? Schreibt uns eure Eindrücke zur Serie gerne in die Kommentare!
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