Wir wissen schon lange, dass Raketen schlecht für die Umwelt sind – aber erst jetzt ist uns klar: Mit am schädlichsten sind sie, wenn sie wiederkommen

Eine Studie zeigt auf, wann Schadstoffe durch Raketenstarts anfallen, dabei stehen selten betrachtete Höhen im Fokus: ein Schlaglicht auf ein Kernproblem eines neuen Zeitalters, dem der Megakonstellationen.

Egal, ob Raketen oder Satelliten-Oberstufen, Unmengen an Material tritt irgendwann nach Ende der Lebenszeit im Orbit wieder in die Atmosphäre ein - mit Folgen, die Jahrtausende nachwirken. (Bild: Vadimsadovski über Adobe Stock) Egal, ob Raketen oder Satelliten-Oberstufen, Unmengen an Material tritt irgendwann nach Ende der Lebenszeit im Orbit wieder in die Atmosphäre ein - mit Folgen, die Jahrtausende nachwirken. (Bild: Vadimsadovski über Adobe Stock)

Die Spur einer Rakete zieht sich durch die gesamte Atmosphäre - buchstäblich und je nach Wetter und Tageszeit sogar mit bloßem Auge sichtbar. Jeder Satellit, egal für welchen Zweck, ja selbst die legendären Voyager-Sonden, die das Sonnensystem inzwischen verlassen haben, saßen einst am Ende einer dichten Spur an Abgasen. Mit dabei: massenhaft Kohlenstoffdioxid sowie weitere umweltschädliche und klimawirksame Stoffe.

Pro Start fallen allein, was das Kohlenstoffdioxid angeht, 300 Tonnen an. Das ist etwa das Doppelte eines Langstreckenfluges über 10.000 Kilometer (via ardalpha).

Eine neue Studie in der Fachzeitschrift Nature nahm aber nun das ins Visier, was anfällt, wenn Raketen oder Satelliten zurückkehren. Denn selbst wiederverwendbare Varianten wie die Falcon 9 sind selbst jenseits des verbrannten Treibstoffs ein Problem für das (Über)Leben auf der Erde.

Rückkehrer mit giftigem Gepäck

Jahr für Jahr werden es mehr: Raketenstarts. Inzwischen sind wir bei mehr als 200 pro Jahr angekommen. Verantwortlich hierfür ist vor allem der Aufbau von Megakonstellationen wie Starlink von Elon Musks Unternehmen SpaceX.

Wer allgemein mehr zur Funktionsweise von gängigen Raketentriebwerken erfahren möchte, findet hier eine komplette Übersicht zu den üblichen Varianten. Es sind nämlich vom Prinzip her sehr ähnliche Modelle, die weltweit den neuen Sturm aufs All tragen.

Doch nicht nur die Abgase beeinflussen die Zusammensetzung unserer Atmosphäre, sondern auch, was von den Raketen durch Reibung und daraus resultierende extreme Hitze abgeschält wird oder beim Wiedereintritt komplett verglüht.

Auch wenn es so aussieht: Selbst eine elegant landende Rakete hat mindestens Farbe oben gelassen oder zumeist auch kleinere Teile. Satelliten oder Oberstufen, die sich vollständig auflösen, tragen noch größere Volumina an chemisch komplexen Verbindungen ein.

Denn vor allem Stoffe wie Aluminium, Stickstoffmonoxid, schwarzer Kohlenstoff oder Chlorgas haben vielfältige negative Effekte. Hierzu zählen in unteren Atmosphärenschichten etwa Gesundheitsprobleme bei Lebewesen und in der oberen eine Abnahme der Ozonkonzentration.

In jüngerer Vergangenheit berichteten wir bereits über eine andere Studie, die die Gefahren des Wiedereintritts vieler ausgesonderter Satelliten beschrieb. Diese neue wissenschaftliche Veröffentlichung stützt die Angaben von damals. Beide weisen auf potenziell globale Schäden hin, die der Ozonschicht drohen. Damit ist der Höhenstreifen mit stark erhöhtem Ozon gemeint, der uns vor energiereicher Strahlung der Sonne schützt.

Eine Illustration der NASA zeigt, wie sich der erdnahe Weltraum vorgestellt werden kann. Es driftet einiges umher, vor allem in den unteren Erdorbits. (Bild: Artsiom P über Adobe Stock) Eine Illustration der NASA zeigt, wie sich der erdnahe Weltraum vorgestellt werden kann. Es driftet einiges umher, vor allem in den unteren Erdorbits. (Bild: Artsiom P über Adobe Stock)

Boom zum und im Orbit

Laut der neuen Studie wird Jahr für Jahr mehr Material in die Atmosphäre eingebracht - entweder durch verglühende Satelliten oder Raketenteile. Zwischen 2020 und 2022 kamen so etwa 12.000 Tonnen zurück, die größtenteils verdampften. Fast die Hälfte entfiel dabei auf das letzte Beobachtungsjahr.

Inzwischen umkreisen etwa 10.000 Objekte, davon grob gerechnet 4⁄5 betriebsbereit, die Erde. Das ist im Angesicht der ambitionierten Pläne von Konzernen wie dem von Elon Musk oder Blue Origin von Jeff Bezos noch sehr wenig (via orbit.ing-now). SpaceX allein will diese Zahl innerhalb der kommenden Jahre vervielfachen, wie zum Beispiel das ZDF berichtet. Damit gehen nicht nur immer mehr Starts, sondern auch herabfallende Objekte zeitnah oder Jahrzehnte später einher.

Wir haben also nicht nur ein Umweltproblem mit alljährlich zunehmenden Emissionen durch Raketen in der unteren Atmosphäre, sondern vor allem durch eindringende Objekte in die obere. Denn seine Auswirkungen kommen auf alle vielfach diskutierten Folgen der Klimakrise obendrauf.

Natürlich sind jedwede Schadstoffe nur ein Nebenprodukt von Leistungen, von denen wir alle tagtäglich profitieren. Raketen bringen seit Jahrzehnten Satelliten ins All, die einer Vielzahl von ökonomischen, wissenschaftlichen, militärischen oder kommunikativen Zwecken dienen.

Doch Megakonstellationen wie Starlink, die gemeinsam ein unsichtbares Netz für ortsunabhängige Internetverbindungen über den Globus legen, sind neu. Nie zuvor haben wir solche Massen an Material ins All geschossen, gleichwohl ob die Gründe dafür gut sind. Studien wie diese zeigen uns die Kosten jenseits von Geld, Arbeitskraft oder verwendetem Material, die wir als Gesellschaften langfristig zahlen werden.

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