Das große Satellitensterben der kommenden Jahrzehnte könnte eine eigentlich bewältigte Krise (gestärkt) wiederbeleben

Jährlich nimmt die Anzahl von Satelliten zu - das Tempo zeiht an. Die Folgen davon könnten drastisch sein - und zwar, wenn die künstlichen Trabanten in Masse sterben und die Atmosphäre buchstäblich vergiften.

Ein Satellit, er und mehr als 8.000 weitere sind heutzutage nicht mehr aus dem Orbit wegzudenken. Doch stellen sie, wenn sie nach Funktionsende verglühen, eine Gefahr unbekannter Größenordnung dar. (Bild: Aliaksandr Marko über Adobe Stock) Ein Satellit, er und mehr als 8.000 weitere sind heutzutage nicht mehr aus dem Orbit wegzudenken. Doch stellen sie, wenn sie nach Funktionsende verglühen, eine Gefahr unbekannter Größenordnung dar. (Bild: Aliaksandr Marko über Adobe Stock)

Es ist ein Ort, der wirkt schier unendlich und doch gehört er zu den begehrtesten Adressen des Globus: der Erdorbit. Doch was nach Aufbruch in ein 21. Jahrhundert der technischen Meilensprünge aussieht, kann zur Katastrophe führen.

Denn selbst abseits von Ereignissen wie dem Kessler-Syndrom sehen Wissenschaftler Gefahren durch die große Zahl von Satelliten über unseren Köpfen.

Kessler Syndrom
Tippt hier für die Erklärung

Unter dem Kessler Syndrom ist eine sich selbst verstärkende Vermüllung des Erdorbits durch Kollisionen zu verstehen. Jeder Zusammenstoß erzeugt weitere Trümmer, die wiederum zu weiterer Zerstörung führen - eine Kettenreaktion. Irgendwann wird die Erde von Billionen von kleineren und größeren Teilen umkreist, die uns im schlimmsten Falle quasi auf unserer blauen Heimat einschließen und uns alle Instrumente im Orbit nehmen sowie jegliches Verweilen im Orbit verhindern.

Wir stellen euch ein erst seit wenigen Jahren diskutiertes Szenario vor, das eine bereits besiegt geglaubte Bedrohung auferstehen lässt: erdumspannender Abbau von Ozon in der oberen Erdatmosphäre. Wer zuerst wissen will, weshalb das ein Problem ist, bitte erst dieses Unterkapitel lesen.

Eine vergiftete Atmosphäre

Ein jeder Satellit funktioniert nicht ewig. Irgendwann endet seine Zeit als nützliche Elektronik im Orbit. Was dann bleibt, ist wenig mehr als in der Sonne funkelnder Müll, der mit atemberaubender Geschwindigkeit seine Bahnen zieht. Aufgrund der Reibung der Atmosphäre, die selbst weit draußen noch Einfluss ausübt, stürzen sie schließlich irgendwann zurück und verbrennen. Und genau das macht Forschern Sorge, wie sie in dieser Studie darlegen.

Der Knackpunkt bei der Frage ist nämlich, was dort genau in Flammen aufgeht. Denn in den kommenden Jahrzehnten wird es im Orbit weit voller, als es derzeit ist - und zwar gehörig. Gegenüber Space.com erklärt es Aaron Boley, Professor für Astronomie und Astrophysik an der Universität von British Columbia (Kanada) mit Verweis auf das Starlink-Netzwerk von Elon Musks SpaceX folgendermaßen:

Mit der ersten Generation von Starlink können wir damit rechnen, dass täglich etwa 2,2 Tonnen tote Satelliten wieder in die Erdatmosphäre eindringen.

Wie viele Satelliten umkreisen eigentlich die Erde?

Derzeit sprechen wir von tausenden Satelliten und mit Blick auf die kommenden Jahrzehnte von Hunderttausenden, wobei Schätzungen teils gar von mehr als einer Million ausgehen. Aktuell ist es dort oben noch verhältnismäßig leer, nämlich mit rund 8.000 funkenden Satelliten laut der Union besorgter Wissenschaftler oder dem Statistischen Bundesamt (Stand Mitte 2023). Beide erhalten ihre Daten von der Internationalen Fernmeldeunion mit Sitz in der Schweiz.

Hinzu kommen um die 2.000 nicht mehr arbeitsfähige Objekte, die entweder in sogenannten Friedhof-Orbits geparkt wurden oder die als Schrott langsam gen Erde absinken (via orbit.ing-now.com).

Besonders stark treiben sogenannte Mega-Konstellationen wie zum Beispiel das Starlink-Netzwerk von SpaceX diese Zahl in die Höhe. Alleine dieses umfasst derzeit knapp 5.000 einzelne Satelliten, wobei bereits Zehntausende mehr fest eingeplant und geringstenfalls 10.000 auch längst von der Aufsichtsbehörde genehmigt sind. Elon Musks Netz ist momentan mit Abstand das größte (weitere Informationen via Space.com).

In Form von Asteroiden kommt übrigens täglich weit mehr an Material an - nämlich rund 60 Tonnen, wie der Wissenschaftler ausführt. Aber die Gesteinsbrocken bestehen größtenteils aus Sauerstoff, Magnesium und Silizium. Die Satelliten sind der Masse nach größtenteils aus Aluminium aufgebaut.

Was ist denn an dem chemischen Element mit der Ordnungszahl 13 so schlimm? Verglüht Aluminium, bilden sich durch chemische Reaktionen Aluminiumoxid-Nanopartikel. Diese verstärken Prozesse zwischen Ozon und Chlorgas. Ersteres wird aufgespalten und ferner behindern die künstlich eingebrachten Partikel (laut Computer-Simulationen), die Bildung von neuem Ozon. So kann der Strahlen-Schutzschild potenziell auf lange Sicht merklich beschädigt werden.

Asteroiden, auch sie finden ihr feuriges Ende in unserer Atmosphäre, doch sie enthalten vorwiegend chemisch eher unbedenkliche Substanzen. (Bild: dottedyeti über Adobe Stock) Asteroiden, auch sie finden ihr feuriges Ende in unserer Atmosphäre, doch sie enthalten vorwiegend chemisch eher unbedenkliche Substanzen. (Bild: dottedyeti über Adobe Stock)

Was wären die Folgen von einer schwindenden Ozonschicht?

Die Ozonschicht absorbiert Strahlung und schützt hierdurch Pflanzen, Organismen, Tiere und Menschen vor Strahlenschäden. Sie wird von dem Spurengas Ozon (O₃) gebildet und ist ein Schutzschild in der Stratosphäre (10 bis 50 km Höhe) gegen UV-Strahlung. Spurengas heißt, auf mehrere Millionen atmosphärische Moleküle kommen im Schnitt nicht mal ein Dutzend Ozon-Moleküle. Es entsteht in Gegenwart ausreichend hoher Intensitäten an ultravioletter Strahlung.

Jedes Ozon-Molekül ist seinem O₂-Pendant (Sauerstoff-Molekül) bei einer Facette weit überlegen: Lichtempfindlichkeit. Allerdings wird Ozon durch verschiedene chemische Reaktionen zersetzt, zum Beispiel durch Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW), wie sie lange in Kühlschränken zum Einsatz kamen. FCKWs wurden schließlich Ende der 1980er als Chemikalie im breiten Einsatz verboten.

Starlink-Satelliten von SpaceX im Orbit. Sie sind nach Zahlen die Könige, keine Art kommt derart so häufig vor, wie sie. (Bild: Ahmad über Adobe Stock) Starlink-Satelliten von SpaceX im Orbit. Sie sind nach Zahlen die Könige, keine Art kommt derart so häufig vor, wie sie. (Bild: Ahmad über Adobe Stock)

Zuvor bedrohten sie für Jahrzehnte die Ozonschicht und ließen Löcher darin aufreißen. Inzwischen hat sich der Anteil der schützenden Zutat im Gemisch der oberen Atmosphäre glücklicherweise erholt.

Die genauen Folgen für uns auf einer Erde wären laut dem Verein Deutscher Ingenieure drastisch:

Ohne Ozonschicht ist auf der Erde kein Leben möglich.

Im Falle einer stark dezimierten Ozonschicht wäre die Lage schwerer abschätzbar. Aber alleine die Schäden durch Strahlung wären langfristig groß. Abseits davon spielt Ozon eine wichtige Rolle, bei der vertikalen Temperaturschichtung der Lufthülle um die Erde, womit es die großräumigen Luftströmungen zentral mitprägt (weitere Infos via weltderphysik)

Überrascht euch die Zahl von Satelliten im Orbit? Hättet ihr ungefähr diese Größenordnung geschätzt? Oder seid ihr in die eine oder andere Richtung überrascht worden? Schreibt uns gerne mal in die Kommentare!

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