Daylight im Test - Nicht tageslichttauglich

Ein Spiel, das jedes Mal anders ist. Dessen Level sich bei jedem Neustart zu einer völlig anderen Welt zusammensetzen. Bei dem der Horror hinter jeder Ecke lauert. Klingt zu schön, um wahr zu sein. Ist es auch.

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Willkommen beim Klischeebingo namens Daylight. Das neue Indie-Horrorspiel lässt fast nichts unversucht, um den Eindruck zu erwecken, seine Entwickler wollten bloß keinen unverbrauchten Gedanken in ihr Spiel integrieren. Wir spielen Sarah, die eines Tages in den verfallenen Gängen einer ehemaligen Heilanstalt aufwacht. Natürlich hat unsere Vergangenheit irgendetwas mit diesem Ort zu tun, selbstverständlich spukt es darin und wenig überraschend erinnert das Spielprinzip an Slender, jenem Blair Witch Project unter den Spielen, das Entwicklern in aller Welt Hoffnung gegeben hat auch mit einem Budget von zwei warmen Mahlzeiten Millionen verdienen zu können.

Daylight greift die grundlegende Formel dankbar auf. Sarah läuft durch düstere Gänge und über finstere Wiesen, muss eine Handvoll Seiten einsammeln (das Spiel nennt sie Relikte) und wird ständig verfolgt von merkwürdigen, geisterhaften Wesen mit leuchtenden Augen. Anders als in Slender jedoch, erzählt das Spiel immerhin eine durchgehende Geschichte. Außerdem ist Sarah nicht völlig wehrlos, sondern kann anrückende Gruselwesen mit Leuchtfackeln vertreiben. Und wenigstens einen originellen Ansatz, hat Daylight dann doch im Gepäck: prozedural generierte Level.

Steam-Pflicht
Daylight ist nur über Steam erhältlich und muss an einen Steam-Account gebunden werden. Danach dürfen Sie das Spiel auf beliebig vielen Rechnern installieren. Ein Weiterverkauf ist dann aber nicht mehr möglich.

Horror aus dem Baukasten

Die Theorie der prozeduralen Generierung ist faszinierend: Sie versucht Spielinhalte durch mathematische Formeln zu erschaffen, anstatt sie von Menschenhand modellieren zu lassen. So wie in Civilization schon seit Jahren für jedes neue Spiel eine eigene Karte generiert wird, könnten in Zukunft auch die Spielwelten anderer Genres immer wieder neu entstehen. In der Theorie eine fantastische Idee, denn so kann man Daylight praktisch beliebig oft spielen und hat jedes Mal ein anderes Spiel vor sich.

Siegel wie dieses markieren den Durchgang zum nächsten Abschnitt. Siegel wie dieses markieren den Durchgang zum nächsten Abschnitt.

In der Praxis liegt die Betonung auf beliebig, denn wir tauschen eine einzige, durchdacht gestaltete Spielwelt gegen ausgewürfelte Belanglosigkeit. Die Spielwelt von Daylight ist jedes Mal anders. Aber sie erreicht dies, indem sie kaum mehr als eine Handvoll identische Räume nach Baukastensystem jedes Mal neu zusammenstöpselt. Das sorgt schon nach wenigen Minuten für ein Dauer-Déjà-Vu in den identisch eingerichteten Räumen und vermasselt auch viel von der Atmosphäre.

Den Spieler ohne jede Informationen in eine ihm fremde, unheimliche Spielwelt zu werfen ist nämlich durchaus ein legitimes Stilmittel - nur muss dann umso mehr diese Spielwelt selbst eine Geschichte erzählen. Sie muss Anhaltspunkte bieten, aus denen der Spieler erahnen kann, wo er sich befindet und was hier vor seiner Ankunft geschehen sein könnte. Daylight kann nichts von dem liefern, da seine nach Algorithmen zusammengeklebten Versatzstücke in keiner Beziehung zueinander stehen und dadurch der Fantasie kein Futter bieten.

Licht am Ende des Tunnels

Erst gegen Ende bringt der Titel ein paar wenige, stimmungsvolle Szenen zustande. Die prozedurale Generierung wirkt daher eher wie ein Gimmick oder zumindest ein sehr undurchdachtes Gestaltungselement. In Spielen wie Diablo sind zufällige Variationen der Level eine gute Idee, da der Fokus des Spiels auf den Kämpfen liegt. Daylight hingegen besitzt keine nennenswerte Spielmechanik, die durch die zufällige Anordnung variiert werden könnte. Ja, man kann nicht die Anordnung der Räume auswendig lernen und findet die gesuchten Relikte immer an einer anderen Stelle.

Mit Knicklichtern lassen sich sehr selten versteckte Hinweise aufdecken. Mit Knicklichtern lassen sich sehr selten versteckte Hinweise aufdecken.

Doch durch die ständig eingeblendete Karte kommt es nie zu Orientierungsproblemen und eine Handvoll Zettel bei jedem neuen Durchgang an anderen Orten zu platzieren ist kein Feature, dass sich nicht auch in einer liebevoll gestalteten, immer gleichen Umgebung hätte realisieren lassen. Der Gewinn, auch beim zehnten Durchspielen noch immer auf die Handykarte starren zu müssen, wiegt den Verlust an Atmosphäre bei weitem nicht auf.

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