Ist der deutsche Spielejournalismus immer noch »geistlos«? #entwicklungsland

»Mehr Geist» forderte Ex-GameStar-Redakteur Christian Schmidt vor acht Jahren von Spieletestern. Lag er mit seiner Analyse richtig? Und wenn ja, was hat sich seitdem verändert?

Wo steht der deutsche Spielejournalismus 2019, acht Jahre nach Christians Schmidt Kritik an zu geistloser Berichterstattung? Petra Fröhlich, die damalige Kolumnen-Kontrahentin unseres Ex-Redakteurs, erinnert sich an den SPIEGEL-Artikel - und zieht eine Bilanz der deutschen Spielepresse. Wo steht der deutsche Spielejournalismus 2019, acht Jahre nach Christians Schmidt Kritik an zu geistloser Berichterstattung? Petra Fröhlich, die damalige Kolumnen-Kontrahentin unseres Ex-Redakteurs, erinnert sich an den SPIEGEL-Artikel - und zieht eine Bilanz der deutschen Spielepresse.

»Idiot!«

Ich weiß es nicht mehr mit 100%iger Sicherheit, würde aber vermuten, dass so oder ähnlich mein erster Gedanke im September 2011 lautete. Soeben hatte ich das Manuskript eines Textes gelesen, der wenige Tage später auf SPIEGEL ONLINE veröffentlicht werden sollte. Schon der Vortext ließ erst gar keine Zweifel aufkommen: Christian Schmidt, langjähriger GameStar-Redakteur, »rechnet mit seiner alten Branche ab«, stand da geschrieben.

Seine Kernthese: Die »althergebrachte Berichterstattung« sei viel zu sehr auf Hardcore-Gamer ausgerichtet, sei platt und ideenlos, pflege einen »Detail-Fetisch« und habe für immer weniger Leser Relevanz.

All dies sei die Erklärung dafür, warum die Auflagen der Fachzeitschriften implodieren. Spieler, die überwiegend via Facebook, Browser oder Smartphone spielen, würden von den Heften erst gar nicht (mehr) erreicht.

Schuld an der Misere sei nicht zuletzt die Personalpolitik der Verlage, die auf Quer- und Seiteneinsteiger, Praktikanten und Laien setzt, mit Stundenlöhnen wie im Reinigungsgewerbe: »Wie der deutsche Fachjournalismus einer Milliardenindustrie auf Augenhöhe begegnen will, wenn er sein Personal aus Amateuren rekrutiert, bleibt unklar.«

Uff!

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Die Autorin
Petra Fröhlich (45) war über 22 Jahre durchgehend Bestandteil der Redaktion von PC Games - von 2000 bis 2014 im Amt der Chefredakteurin. Im Juli 2016 startete sie das Nachrichtenmagazin GamesWirtschaft.de, inzwischen eines der führenden deutschsprachigen B2B-Angebote mit Schwerpunkt Computerspiele. Für GameStar Plus schreibt sie in ihrer Kolumnenserie #entwicklungsland regelmäßig über Wohl und Wehe der deutschen und internationalen Spielebranche.

Kritik am Spielejournalismus: Wirkungstreffer am Selbstwertgefühl

Falls es bislang untergegangen sein sollte: Ich habe mich damals maßlos über diesen SPIEGEL-Beitrag geärgert. Aus zweierlei Gründen:

Erstens hatte da ein Stellvertretender Chefredakteur sein Manifest aufgeschrieben, kurz nachdem er seine GameStar-Laufbahn beendet hatte - um im Anschluss ins Free2Play-Gewerbe zu wechseln. Der Rundumschlag wirkte in diesem Moment auf mich wie das Geschäftsmodell der Effenbergs und Baslers, die immer wieder sonntags bräsig in den Sitzmöbeln der Fußball-Talkshows lümmeln und den Trainern nachträglich erklären, warum sich mit anderer Aufstellung und Taktik tags zuvor problemlos drei Punkte hätten einfahren lassen.

Zum Artikel bei MEEDIA Selbst Medienmagazine wie MEEDIA griffen die Debatte um den Disput im September 2011 auf.

Was mich zweitens noch viel mehr umtrieb: wie enorm der Beifall auf den Leser-Tribünen und aufseiten der Spiele-Industrie ausfiel. Die »Abrechnung« wurde in Foren und in sozialen Netzwerken rauf- und runter diskutiert und geteilt. Christian hatte einen Nerv getroffen, soviel schien sicher.

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