Es ist eine gefährliche Sache, mit dem Feuer zu spielen. Die erste Staffel von Die Ringe der Macht wurde von vielen Tolkien-Fans nicht gut aufgenommen - mich eingeschlossen. Jetzt komme ich nach dem Genuss aller acht Folgen von Staffel 2 daher und verfasse eine positive Kritik. Ob ich mich damit nicht verbrenne?
In Staffel 2 spielen auch die Elben mit dem Feuer. Wie das für die Spitzohren ausgeht, verrate ich nicht, denn diese Serienkritik kommt ohne Spoiler zur Handlung aus. Die Stars der Show sind für mich aber sowieso nicht die Helden, sondern die Schurken.
Das ist eine Überraschung, denn vor allem die Antagonisten waren es noch, die mich in Staffel 1 bitter enttäuscht haben. Sauron prügelte sich lieber im numenorischen Hinterhof, Adar grub in aller Ruhe seine Tunnel und der Balrog in Moria hat die Staffel gar fast komplett verschlafen.
Aber um es kurz zu machen: Während Sauron in Staffel 1 noch sträflich vernachlässigt wurde, ist der Dunkle Herrscher in Staffel 2 mein absolutes Highlight!
Ihr wollt kommentieren? In unserem Forum könnt ihr mit anderen Usern gerne über den Inhalt des Artikels diskutieren, hier geht's zum Thread.
Um was geht es in Staffel 2 von Die Ringe der Macht?
Die Story: Die Elben Mittelerdes sind in Schockstarre. Gerade erst wurden die drei Elbenringe in den Schmieden von Eregion gefertigt, da erkennen sie, dass sie vom dunklen Herrscher Sauron unterwandert wurden. Die große Frage lautet jetzt: Können die Elben der Macht ihrer Ringe trauen? Eine Frage, die vor allem das Band zwischen Elrond und Galadriel auf eine harte Probe stellt.
Im fernen Osten Mittelerdes sucht der namenlose Fremde noch immer nach seiner Bestimmung. Gemeinsam mit seiner Begleiterin Nori muss er der lebensfeindlichen Umgebung trotzen und lernt allsbald auf die harte Tour, was es heißt, ein Zauberer zu sein.
Auf der Insel Númenor herrscht Aufruhr der anderen Art. Die von der blutigen Niederlage in Mittelerde zurückgekehrte Königin Tar-Míriel ist bei ihrem Volk in Verruf geraten. Während die Getreuen unter Elendil zu ihrer Regentin halten, nutzen Opportunisten diese Möglichkeit, um selbst nach der Macht im Reich zu greifen.
Und die Zwerge? Das stolze Volk hat ebenfalls große Probleme. Deren Königreich Khazad-dûm wird vom Ausbruch des Schicksalsberges in Mordor unmittelbar beeinflusst, während in den Tiefen des Berges weiterhin ein uraltes Übel lauert. Bald schon müssen die Langbärte erkennen, dass selbst der dickste Stein sie nicht länger zu schützen vermag.
Macht Staffel 2 Tolkien-Fans endlich glücklich?
Kommen wir direkt zum Olifanten im Raum: Für mich stellt Staffel 2 einen großen Sprung in die richtige Richtung dar! Einige Probleme kann die Serie auch im zweiten Anlauf nicht abstreifen, dazu gleich mehr, doch sie fühlt sich diesmal viel mehr wie eine echte Herr-der-Ringe-Serie an.
Die für Fans wie mich so wichtige Lore wird weniger stark verbogen wie noch in Staffel 1 - ab und zu gibt es weiterhin Änderungen, die ich diesmal aber verschmerzen kann (und das will bekanntlich etwas heißen!). Staffel 2 ist zudem von Beginn an deutlich düsterer, brutaler und spannender inszeniert. Das stellt allein schon die fantastische Eröffnungsszene der ersten Folge unter Beweis, wow!
Die Struktur der einzelnen Handlungsstränge fühlt sich harmonischer an, sodass der Sprung von einem Schauplatz zum anderen den Erzählfluss nicht mehr unterbricht. Apropos Erzählen: Die Dialoge haben auch zugelegt, in Staffel 1 noch eines der größten Mankos für mich. An die brillant geschriebenen Konversationen in der Peter-Jackson-Filmtrilogie reicht das Gesprochene aber noch nicht heran.
Staffel 2 profitiert spürbar davon, dass kaum neue Figuren eingeführt werden. Stattdessen konzentrieren sich die Serienschöpfer darauf, die etablierten Charaktere weiter auszubauen und sie vor neue Prüfungen zu stellen. Dadurch sind wir Zuschauer direkt im Geschehen, das Tempo ist von Beginn an hoch und ich habe alle acht Folgen an zwei Tagen geschaut, weil ich nicht mehr abschalten konnte.
Der Hauptgrund, weshalb ich so sehr am TV-Bildschirm geklebt habe, hat einen Namen: Sauron! Meine Güte, ich kann kaum in Worte fassen, wie viel Spaß es mir macht, diesem fast schon charmanten Intriganten dabei zuzusehen, wie er seine finsteren Pläne in Gang setzt. Wie beim Schachspiel bringt er die wichtigen Figuren dazu, aus scheinbar freien Stücken genau das zu tun, was er möchte.
Das heißt aber nicht, dass Sauron nur redet und nicht handelt, im Gegenteil: Wenn der Dunkle Herrscher zur Tat schreitet, schmerzt es schon beim Hingucken. Uff, Sauron macht wahrlich keine Gefangenen! Allein seinetwegen lohnt sich Staffel 2 meiner Meinung nach bereits.
Stärken und Schwächen von Ringe der Macht - Staffel 2
Was uns an Staffel 2 gefallen hat
- Sauron: Haben wir schon erwähnt, dass Charlie Vickers einen fantastischen Sauron spielt? Haben wir? Schon mehrfach? Ok, dann sagen wir es nochmal: Sauron ist großartig!
- Der Cast: Auch die restliche Besetzung macht durch die Bank weg einen guten Job. Vor allem Charles Edwards brilliert als legendärer Elbenschmied Celebrimbor. Robert Aramayo bekommt als Elrond mehr zu tun als noch in Staffel 1 und hat mich vor allem mit seiner nuancierten Mimik überzeugt.
- Das
Mittelerde-Gefühl
: Die bereits angesprochene große Verbesserung seit Staffel 1. Durch die oft bedrohliche Stimmung, die kältere Farbpalette, die spektakulären Landschaftsaufnahmen, die vielfältigen Schauplätze und den Fokus auf die titelgebenden Ringe der Macht fühlte ich mich als Fan endlich wiederzu Hause
. - Viel Dialog, wenig Spektakel: Viele andere Reviews zu Staffel 2 kritisieren, dass Szenen oft langatmig und dialoglastig seien und zu wenig Action passiere. Ich widerspreche mit jeder Faser meiner haarigen Hobbitfüße: Gerade diese Sequenzen, in denen die Kamera ruhig bleibt und das gesprochene Wort genügend Raum erhält, sind es, die mich schon in den Herr-der-Ringe-Filmen begeistert haben und auch hier in Staffel 2 für wohliges Tolkien-Feeling sorgen. Und keine Sorge: Wenn es zur Sache geht, dann richtig!
- Bild und Ton: Optisch und musikalisch erinnert Staffel 2 von Ringe der Macht mehr denn je wie ein echtes Prequel zur Film-Trilogie. Das CGI sieht größtenteils sehr gut aus, vor allem Khazad-dûm und das Schlachtgetümmel zum Ende hin machen viel her.
Was uns an Staffel 2 nicht gefallen hat
- Arondir: Der Elb war in Staffel 1 noch einer der zentralen Stützpfeiler der Geschichte, nun ist er nur noch ein Backstein im Seitengemäuer. Er taucht selten auf und wenn, dann immer just an dem Ort und zu der Zeit, wie es für den Plot gerade notwendig ist. Seine Geschichte war in Staffel 1 eigentlich auserzählt und es fühlt sich in vielen Szenen so an, als sei er noch irgendwie reingeschrieben worden, damit er auch mal einen Ork abmurksen und durch die Luft springen darf.
- Das Finale: Schlecht ist das Finale von Staffel 2 keineswegs, es ist aber etwas zu gehetzt. Die im Verlauf der acht Folgen behutsam gesponnenen Handlungsstränge werden nicht immer zufriedenstellend aufgelöst. Das erhöht zwar die Spannung auf Staffel 3, lässt mich aber für den Moment etwas unbefriedigt zurück.
- Ortswechsel und Zeitgefühl: Wie schon Staffel 1 hat auch die zweite Season Probleme damit, die vielen Handlungsorte und insbesondere das Reisen von Charakteren zwischen diesen nachvollziehbar darzustellen. Mittelerde ist riesig und nicht alle parallel ablaufenden Ereignisse ergeben Sinn, wenn man als Fan um die Entfernungen weiß, die die Charaktere zurücklegen müssen. Für den normalen Zuschauer fällt das aber vermutlich weniger störend ins Gewicht.