Divinity: Original Sin - Ersteindruck zum Release

Divinity: Original Sin war schon im Early Access ein enorm vielversprechendes Rollenspiel, aber auch ein ehrgeiziges. Läuft die Verkaufsfassung rund und was taugen Vertonung und deutsche Übersetzung?

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Eine Million auf Kickstarter eingesammelt, danach dreimal verschoben um das Geld auch in aller Ruhe in das bestmögliche Spiel zu stecken - aber nach fünf Monaten Early Access ist jetzt die fertige Version von Divinity: Original Sin verfügbar. Für den Test nehmen wir uns genau wie Entwickler Larian die gebührende Zeit . Ein umfangreiches Rollenspiel der alten Schule wie es Original Sin sein möchte, lässt sich schließlich nicht von heute auf morgen durchspielen.

In einem ersten Eindruck wollen wir aber schon mal auf einige der größten Fragezeichen eingehen, die nach dem Early Access noch blieben - können Vertonung und Übersetzung überzeugen, und läuft das ehrgeizige Spiel überhaupt fehlerfrei?

Frisuren und Käse

Die cleveren Dialoge zählten schon im Early Access zu den Stärken des Spiels. Selbst die kleinsten Nebenquests erzählen unterhaltsame Geschichten und viele Aufgaben lassen sich auf einfallsreiche Weise und sehr unterschiedlich lösen. Bringen wir zum Beispiel unserem Helden bei, mit Tieren zu sprechen, können wir bei der Lösung eines Mordfalls den Hund des Opfers einspannen.

Vor Release gab's all das nur auf Englisch, die fertige Version bringt nun eine deutsche Übersetzung. Die gute Nachricht: Die Texte lesen sich größtenteils genauso angenehm wie im Original. Die schlechte Nachricht: Den eigentlich guten Gesamteindruck trüben immer mal wieder offensichtliche Fehler, zum Beispiel wenn Wölfe statt Fell oder Haar eine »Frisur« als Crafting-Zutat fallenlassen. Zweifellos irritierend, aber auch kein Weltuntergang und zum Glück eher die Ausnahme.

Größtenteils ist die Übersetzung voll in Ordnung, aber ganze Berge von »Frisuren« zu finden sorgt doch für Kopfkratzer. Größtenteils ist die Übersetzung voll in Ordnung, aber ganze Berge von »Frisuren« zu finden sorgt doch für Kopfkratzer.

Die Sprachausgabe lässt dafür einiges zu wünschen übrig. Zunächst einmal gibt es keine deutsche Vertonung, wir hören immer die englischen Sprecher. Und auch die nur selten. Dialoge bleiben unvertont bis auf eine Handvoll Grußwörter, die Figuren zufällig beim Anklicken vom Stapel lassen.

Volle Sprachausgabe gibt's nur für Hintergrund-Geräusche wie zum Beispiel Marktschreier. Die halten dafür nie den Mund und spulen alle paar Sekunden immer gleiche Sprüche ab. Während wir also in Ruhe überlegen wollen, welches Zauberbuch wir als nächstes kaufen wollen, schreit uns derweil der Käseverkäufer von nebenan zehnmal ins Ohr: »Niemand hat so viele Freunde wie der Mann mit vielen Käsesorten!« Das könnte man mit viel gutem Willen als authentische Basar-Stimmung durchgehen lassen, aber eigentlich geht es nur auf die Nerven.

Immerhin sind die Sprecher durchweg gut gewählt und lassen viel Charakter hören. Auch Kommentare unserer beiden Helden (das Spiel lässt sich komplett im Koop spielen) sind vertont, allerdings eben nicht in den eigentlichen Dialogfeldern sondern nur während des laufenden Spiels. So werden meist besondere Ereignisse oder Entdeckungen kommentiert.

Spannende Kämpfe, fade Spaziergänge

Die rundenbasierten Kämpfe ließen uns im Early Access noch regelmäßig bereuen, dass wir eine unserer zwei Hauptfiguren jemals ein Schwert in die Hand nehmen ließen, so wenig Einfluss hatten Nahkämpfer aufs Schlachtgeschehen. Jetzt wirken sie deutlich robuster und können auch mal eine Frontlinie vor unseren Magiern halten oder selbst ordentlich austeilen.

Trotzdem haben Magier weiter mit Abstand den meisten Spaß, denn die endlosen Tricks und Kombinationen mit verschiedenen Elementarzaubern machen den Kern der anspruchsvollen Gefechte aus. Gut also, dass uns die klassenlose und vielseitige Charakterentwicklung problemlos erlaubt, auch einem Ritter ein paar Feuerzauber beizubringen.

Die Macht der Elemente: Feuer Wir treffen in einem brennenden Inferno auf eine Gruppe Feuerelementare. Stürmen wir einfach durch die Flammen auf sie zu, verbrennen wir uns mehr als nur die Finger.

Wasser Also helfen wir mit unserer eigenen Magie nach und lassen Regenwolken heraufziehen, um das Feuer zu löschen.

Donner Beim Feuerlöschen verdampft das Wasser und bildet eine Dunstwolke, die wir unter Strom setzen, um Feinden darin einen lähmenden Schock zu versetzen.

Auch die Steuerung der Kämpfe geht bei allem taktischen Anspruch bequem von der Hand, zumal die Entwickler im Lauf des Early Access zusätzliche Komfortfunktionen wie eine frei drehbare Kamera eingebaut haben. Außerhalb der Schlachten wollen unsere Helden aber nicht so recht wie wir wollen, vor allem nicht so schnell wie wir wollen. Selbst in vollem Spurt bewegen wir uns reichlich zäh vom Fleck und die letzten Schritte jeder Strecke verlangsamen wir in einen noch gemächlicheren Trott.

Um dauerhaft zu rennen müssen wir die Maus ständig am Bildschirmrand halten und ausreichend weit entfernte Marschziele geben - warum es keine einfache Möglichkeit zum »Immer Rennen« gibt ist uns schleierhaft. Zumal wir im Spiel eine beträchtliche Zeitspanne damit verbringen, durch von einem Questgeber zum anderen zu spazieren. Bugs sind uns dafür nur selten aufgefallen, es flickerte höchstens mal ein Teppich teilweise in den Boden hinein. Gravierend war nur das Verschwinden einer handlungsrelevanten Kiste mit wichtigem Beweismaterial, die kehrte nach einmaligem Neuladen aber anstandslos an ihren Platz zurück.

In den offiziellen Foren sammeln sich allerdings schon die Berichte über weitere kleine Fehler. Wenn man allerdings bedenkt, wie schnell und umfangreich Larian bereits in der Alpha und Beta auf Bugs reagiert hat, sollten die nächsten Patches nicht lange auf sich warten lassen. Und zur Ehrrettung von Divinity: Original Sin sei gesagt, dass es selten so vielseitige, komplexe aber nicht komplizierte Spiele gibt. Da schleichen sich natürlich immer ein paar Fehler ein.

Fazit

Maurice Weber: Dass Larian für Original Sin an einer Welt bastelt, deren Erkundung die reinste Freude sein wird, ließ sich schon im Early Access absehen. Eine gelungene Vertonung hätte da zur Stimmung noch einiges beitragen können, hier melden sich aber die wenigsten Figuren überhaupt zu Wort - und wenn dann derart penetrant dass ich mir sofort wünsche, sie hätten's lieber sein gelassen. Klar, auch Klassiker wie Baldur's Gate vertonten nicht jede einzelne Zeile, aber markige Figuren wie Minsk kamen schon mit wenigen Sprüchen hervorragend zur Geltung - das gleiche Kunststück gelingt Larian hier nicht immer.

Dafür sind die Dialoge auch im deutschen erstklassig geschrieben, wenn man über gelegentliche nervige Fehler hinwegsehen kann. Und die wichtigsten Stärken aus dem Early Access sind intakt geblieben: Die taktischen Kämpfe mit ihren zahllosen Elementar-Spielereien und die vielseitigen Quests sind eine reine Freude. Bleibt nur abzuwarten, ob dieses Niveau auch das ganze Spiel hindurch gehalten werden kann. Ich freu mich auf die Reise - auch wenn meine Helden sie gern ein wenig schnellfüßiger angehen könnten.

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