Lizenzen zum Töten - Wenn Fan-Projekte verboten werden

Firmen vs. Fans: Warum Spielehersteller oft auf ihre Markenrechte pochen und ambitionierten Hobbyprojekten wie King's Quest 9 ein grausames Game Over bescheren.

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Es ist nicht das erste Mal, dass ein großer Publisher die Arbeit enthusiastischer Fans mit einem Schlag zunichte macht. Was aber im Februar 2010 im Fall der Adventure-Serie King's Quest geschah, war außergewöhnlich hart. Über 150 Hobbyentwickler aus aller Welt hatten unter dem Namen Phoenix Online Studios acht Jahre lang ihr Herzblut in die nichtgewerbliche Fortsetzung The Silver Lining fließen lassen und dabei auf eine offizielle Erlaubnis vertraut.

Die erste von vier Episoden war so gut wie fertig, spätestens im April 2010 wollte das Team sie veröffentlichen. Doch am 23. Februar 2010 trifft bei den Phoenix Online Studios eine Unterlassungserklärung vom Leiter der Activision-Rechtsabteilung ein. »Darin hieß es, dass man die uns gewährte Erlaubnis, die Marke der Firma Sierra zu nutzen, widerruft und wir sofort alle The Silver Lining betreffende Inhalte von unserer Webseite nehmen müssen«, zitiert der Projektkoordinator Neil Rodrigues das Schreiben.

King's Quest 9: Held Graham, die schöne Rosella und das Biest (von rechts). King's Quest 9: Held Graham, die schöne Rosella und das Biest (von rechts).

Die ursprüngliche Genehmigung war nach Angaben des 27-jährigen Kanadiers im Jahr 2005 mit dem damaligen Publisher Vivendi Universal ausgehandelt worden. Nach zähem Ringen: Bereits damals mussten die Macher die Entwicklung kurzzeitig aussetzen und bangen.

Gebrochenes Versprechen

2008 fusionierte Vivendi mit Activision zu Activision Blizzard. Seitdem hält die neue Firma die Rechte an der Adventure-Reihe. Sie fühlt sich nicht an die Vereinbarung gebunden. Anders als vielfach angenommen, waren die Details aber offenbar auch mit der Vorgängerfirma nicht komplett in trockenen Tüchern. Projektleiter Rodrigues: »Unsere Lizenz befand sich während der Fusion in einer Verhandlungsphase. Man hat uns aber versichert, dass das keine Auswirkung hat.« Dann war Vivendi im wahrsten Sinne des Wortes plötzlich aus dem Spiel. Der neue Rechteinhaber Activision Blizzard hatte zu entscheiden, wie es weitergeht – das Ergebnis ist bekannt. Die Phoenix Online Studios kapitulierten am 28. Februar, fünf Tage, nachdem die traurige Nachricht wie eine Bombe eingeschlagen hatte.

Update (12.6.2010): Die inoffizielle Fan-Fortsetzung The Silver Lining konnte nun doch noch erscheinen, auch wenn das Spiel keine offizielle Verbindung zur King's Quest-Reihe mehr im Namen trägt. Mehr dazu und den Download von Episode 1 finden Sie in der News zum Launch-Trailer.

Activision schweigt

Seitdem sind viele Spieler schockiert und ratlos. Warum tun Publisher so etwas? Weil sie es können, mögen Zyniker antworten. Gemeinhin fällt ferner das Wort »Geldgier«. Doch abgesehen davon, dass ein Wirtschaftsunternehmen kein wohltätiger Verein ist und natürlich gewinnorientiert arbeiten muss, sind die Hintergründe oft viel komplexer. Gern hätten wir Activision Blizzard die Gelegenheit gegeben, das Thema King's Quest transparenter zu machen. Der Publisher wollte zu dem Fall aber keine Stellungnahme abgeben. Mehrfach hatten wir vergeblich bei der deutschen Niederlassung und in den Vereinigten Staaten angefragt.

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Den Entwicklern gegenüber war Activision Blizzard etwas beredter. Ihnen erklärte das Unternehmen, dass es Zeit und Arbeit koste, das Spiel zu prüfen und freizugeben. Diese Ressourcen könne man nicht aufwenden. Auf die Frage, ob diese Begründung zumindest ansatzweise nachvollziehbar sei, antwortet Team-Leiter Neil Rodrigue ausweichend: »Activision kann im Rahmen der gesetzlichen Rechte frei entscheiden, was immer sie mit ihrem geistigen Eigentum machen. Wir hoffen, dass sie uns und unseren Fans zuhören und einlenken.«

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