Making Games Der BIU hat kürzlich eine GfK-Studie über Spielgewohnheiten im Internet veröffentlicht. Und die besagt, dass die Umsätze mit Online Games in Deutschland rückläufig sind. Ist der Hype jetzt vorbei?
Heiko Hubertz Ehrlich gesagt: Ich finde die Zahlen ziemlich lächerlich, die dort aufgeführt werden. Die haben keinerlei Substanz. Allein beim Thema Item Selling macht Bigpoint schon fast so viel Umsatz, wie in dieser Studie für den gesamten deutschen Markt angegeben wird. Das passt mal gar nicht.
Von mir aus können diese Zahlen aber natürlich gern stimmen – denn das würde bedeuten, dass wir den deutschen Markt komplett dominieren.
Making Games Fast zu schön, um wahr zu sein?
Heiko Hubertz Genau. (lacht)
Ralf Adam Selbst wenn nur Deutschland abgebildet wird, was für uns beide ja nur ein Markt unter vielen ist: Die Studie deckt sich auch bei Gameforge in keinster Weise mit unseren Zahlen. Wir sehen eigentlich eine genau gegenteilige Entwicklung, egal ob nun bei Browser- oder Free2Play-Games.
Making Games Ihr glaubt also, dass der Markt weiter wachsen wird.
Heiko Hubertz Absolut, kein Zweifel. Im Vergleich zur klassischen Industrie sind wir ja immer noch auf einem recht geringen Niveau und stehen noch ganz am Anfang der Entwicklung. Unser Unternehmen ist weiter ganz klar auf Wachstum ausgerichtet. Wir stellen weiter ein, wir kaufen weiter hinzu wie zuletzt Radon Labs, und wir werden bald weitere Akquisitionen bekannt geben. Das zeigt doch, dass wir bereit sind, stärker in unsere Spiele zu investieren. Und wir sehen, dass sich das rechnet, weil unsere User bereit sind, für mehr Qualität auch mehr Geld auszugeben. Ich glaube sogar, dass noch auf Jahre hinweg Wachstumsraten im dreistelligen Prozentbereich möglich sein werden.
Making Games Laut der eben angesprochenen GfK-Studie geben aber nur 0,8 Prozent der Spieler Geld für Zusatzinhalte aus. Ist das Item Selling Modell in Deutschland so überhaupt zukunftsfähig?
Ralf Adam Absolut, und da muss ich wieder nur unsere Zahlen ansehen. Ich weiß wirklich nicht, wie die GfK auf diese 0,8% kommen. Da muss man einfach nur googeln und bekommt Statistiken, die erheblich näher an zumindest unserer Realität sind. Wir kommentieren ja eigentlich keine offiziellen Zahlen, aber eine Null vor dem Komma gibt es bei uns definitiv nicht -- und zwar bei weitem. Wir haben ja sowohl Erfahrungen mit Werbung und mit Premium-Modellen gemacht, aber Item Sales laufen mit Abstand am besten. Am besten funktionieren dabei übrigens Customization Items und nicht -- wie viele fälschlicherweise annehmen -- Gegenstände, die dir spielerische Vorteile bringen. Bei Metin 2 haben wir zu Sylvester zum Beispiel zig Millionen Feuerwerkskörper verkauft.
Heiko Hubertz Auch diese Zahl ist natürlich totaler Unsinn. Die Conversion Rate bei Bigpoint beträgt jedenfalls ein Vielfaches, und damit meine ich nicht das Doppelte oder Dreifache. Außerdem sprechen wir dabei nicht von Cent-Beträgen, wie es häufig bei Social Games der Fall ist, sondern von 20 oder 30 Euro, die unsere User jeden Monat bereit sind zu bezahlen.
Making Games Glaubt ihr, dass 2015 Item Selling immer noch das dominierende Monetarisierungs-System ist? Oder muss man zwingend über Alternativen nachdenken?
Heiko Hubertz Wir müssen glücklicherweise nicht, aber wir tun es. Der Markt wird sich natürlich weiterentwickeln. Wir testen bereits im Geheimen und mit kleinen Nutzergruppen neue Monetarisierungsmöglichkeiten. Aber Item Selling bleibt natürlich wichtig und wird auch für Nicht-Browsergame-Unternehmen immer wichtiger werden.
Ralf Adam Ich glaube, Item Sales werden auch 2015 noch dominieren. Mir persönlich würde auch kein besseres System einfallen. Du gibst nur dafür Geld aus, was du als sinnvoll und angemessen erachtest. Welches fairere Modell kann es geben? Falls da jemand noch eine bessere Idee hat: Bitte melden, den stellen wir sofort ein. (lacht)
Making Games Die deutschen Browsergames-Entwickler haben das Marktpotenzial früh erkannt und sich einen Knowhow-Vorsprung erarbeitet. Wie lange könnt ihr davon noch zehren und EA und Ubisoft auf Distanz halten?
Ralf Adam Was die »Großen« unbestritten haben, sind sehr zugkräftige Lizenzen und Marken. Eine andere Stärke ist ihre Marketing-Power. Da haben sie uns vielleicht auch noch etwas voraus. Auf der anderen Seite sind die Publisher aber allesamt noch komplett »sales-driven«. Da sitzen Leute, die von Provisionen abhängig sind, die sich wiederum nach der Menge der in den Läden platzierten Boxen bemessen. Diese Strukturen so zu entschlacken, dass sie sich ebenso schnell und flexibel wie wir dem sich ständig verändernden Online-Markt anpassen können, ist nun mal verdammt schwer. Dieses Know-how kann man sich natürlich hinzukaufen, wie es etwa EA mit der Übernahme von Playfish gemacht haben. Es selbst zu entwickeln ist aber schwierig bis unmöglich. Insofern haben wir natürlich Respekt vor den Großen, zittern müssen wir jedoch nicht.
Heiko Hubertz Was heißt außerdem »Auf Distanz halten« -- vielleicht wollen wir das auch gar nicht? Es hat ja einen ganz bestimmten Grund, warum wir mit Bigpoint in den USA gerade so richtig Gas geben. Der Siegeszug der Social Games hat uns hier Türen geöffnet und vor allem die Akzeptanz von Item Selling drastisch erhöht. Und wenn jetzt große Publisher wie EA, Ubisoft, THQ oder wer auch immer verstärkt in diesen Markt einsteigen, wird es dem Markt und damit auch uns eher helfen als schaden, weil sie damit natürlich auch neue Kunden mitbringen. Also wir begrüßen es, dass sie jetzt mitmachen. Wir sind gut genug aufgestellt, um vor EA keine Angst haben zu müssen.
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Dieser Artikel erschien in Ausgabe 05/2010 des Making Games Magazins.
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