Alle Spiele künftig legal?
Welche Spiele haben künftig Aussicht darauf, erfolgreich von der USK gekennzeichnet zu werden?
Ich gehe davon aus, dass die meisten modernen Spiele gute oder zumindest realistische Chancen haben. Das betrifft insbesondere sämtliche Spiele, die filmähnlich inszeniert sind, eine aufwändige Geschichte erzählen, oder Satire darstellen. Auch dystopische Settings als Archetyp klassischer moderner Literatur werden gute Chancen haben. Dasselbe gilt für sogenannte Serious Games.
Die erzählte Geschichte muss aber nicht zwingend ernst und anspruchsvoll sein. Auch Unterhaltungsliteratur gilt als Kunst. Hier kommt es auf die Einzelfallabwägung an. Generell sprechen aber gute Argumente dafür, dass Spiele, die einen aufwändigen Produktionsprozess durchlaufen, bei dem eine Vielzahl unterschiedlicher künstlerischer Tätigkeiten ausgeübt werden, der Kunstausnahme unterfallen. Auch viele Spielerklassiker dürften eine realistische Chance haben, bedenkt man, dass diese mittlerweile vielfach als Kulturgut angesehen werden.
Das klingt so, als ob künftig die meisten Spiele guten Chancen haben. Gibt es denn auch Spiele, bei denen Sie eher geringe Chancen sehen?
Keinerlei Chance haben natürlich Spiele, die verfassungsfeindliche Symbole tatsächlich in einem glorifizierenden Kontext zeigen. Das trifft allerdings nur auf ein paar wenige Hinterhofproduktionen aus dem rechten Spektrum zu, die in der Praxis keine Rolle spielen, da diese ohnehin nicht bei der USK eingereicht werden.
Schwierig wird es aber auch, wenn Spiele verfassungsfeindliche Symbole ohne jeglichen Kontextbezug verwenden oder sich aus der Rechtsprechung ergibt, dass gerade die konkrete Form der Verwendung nicht sozialadäquat ist. In diesem Zusammenhang nenne ich immer das Beispiel Skate 2. Dabei handelt es sich um ein harmloses Skateboardspiel, dass 2009 auf den gängigen Konsolen erschien und von der USK die Einstufung "ab 12" erhielt. In der deutschen Fassung musste aber eine Sig-Rune von verschiedenen Kleidungsstücken und Skateboards entfernt werden, da es sich hierbei um das Markenlogo eines US-Skateboardherstellers handelt.
Mehr zu den Hintergründen und den Folgen im Plusreport
Was macht die Darstellung von Nazis, Hakenkreuzen und dem Dritten Reich so problematisch für Videospiele in Deutschland, während sie in den USA, England oder Frankreich selbstverständlich zum Spiel dazugehören? Warum ist die Darstellung von Nazi-Symbolen in Filmen erlaubt, in Spielen aber ein Tabu?
Das Kreuz mit dem Haken: Warum Hakenkreuze in Spielen verboten sind
Eine solche Verwendung unterfällt nach dem BGH gerade nicht der Sozialadäquanzklausel. Vielmehr will das Verbot verfassungsfeindlicher Kennzeichnen ausdrücklich verhindern, dass entsprechende Symbole wieder in großem Umfang Verwendung finden und sich so ein Gewöhnungseffekt einstellt. Die Verwendung von verfassungsfeindlichen Symbolen auf Bekleidung und Spielzeug ist daher nicht sozialadäquat. Das gilt konsequenterweise auch für die kontextlose Darstellung solcher Kleidung in Videospielen.
Die Sozialadäquanz entscheidet
Besteht die Möglichkeit, dass ein Gericht ein von der USK gekennzeichnetes Spiel dennoch als strafrechtlich relevant einstuft? Was wäre die Folge?
Diese Möglichkeit besteht. USK-Kennzeichen schützen nicht davor, dass ein Gericht zu einer anderen Rechtsauffassung kommt. Voraussetzung wäre aber, dass zunächst die Staatsanwaltschaft ebenfalls von einer Strafbarkeit ausgeht und ein Verfahren einleitet. Im Fall Bundesfighter II scheiterte es bereits daran. Das Risiko ist daher wohl überschaubar.
Würde ein Gericht dennoch die Sozialadäquanz eines von der USK gekennzeichneten Spiels verneinen, spricht schon viel dafür, dass der Verwaltungsakt in Form der Alterskennzeichnung fehlerhaft war und damit nichtig ist. Dennoch braucht der Publisher in diesem Fall keine strafrechtliche Verfolgung fürchten, da er sich auf die Entscheidung der USK verlassen können muss und erst recht davon ausgehen darf, dass er sich nicht strafbar macht.
Als staatliche Entscheidung kommt einer Alterskennzeichnung somit eine legitimierende Wirkung zu. Voraussetzung ist allerdings, dass der Publisher den Vertrieb des Spiels nach Kenntniserlangung umgehend einstellt.
Unter das Verbot verfassungswidriger Symbole nach §86a StGB fallen nicht nur Hakenkreuze und andere offensichtliche NS-Kennzeichen wie der »Hitlergruß«, die Rechtsprechung wendet dieses auch auf Portraits von NS-Figuren wie Adolf Hitler an, wenn diese einen Symbolcharakter entfalten. Was bedeutet das genau? Und ist es weiterhin möglich, dass NS-Symbole in Spielen diesen Symbolcharakter erfüllen und die Spiele deshalb unter §86a fallen?
Das Verbot von Portraits mit Symbolcharakter lässt sich leicht vor dem Hintergrund erklären, dass § 86a StGB letztendlich bestimmte Kennzeichen verbieten soll. Zwar ist ein Portrait zunächst kein Kennzeichen, das ändert sich aber, wenn dieses wie ein Kennzeichen verwendet wird. Das trifft auf zahlreiche Portraits von Adolf Hitler zu, die zur Zeit des Dritten Reichs allerorts aufgehangen wurden und sogar auf Briefmarken zu finden waren.
Dadurch gewinnt das Portrait letztendlich den angesprochenen Symbolcharakter. Diese Grundsätze gelten natürlich weiterhin fort. Allerdings greift auch hier die Sozialadäquanzklausel. Das heißt die Nutzung entsprechender Portraits kann ausnahmsweise zulässig sein, sofern diese sozialadäquat ist. Insofern besteht kein Unterschied zu typischen verfassungsfeindlichen Symbolen.
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