Wir PC-Spieler wissen oft gar nicht, was wir im Vergleich zu den Konsolen verpassen - zumindest noch

Meinung: Unser Tech-Autor Nils Raettig hofft, dass das Jahr 2023 den Beginn einer neuen Ära für PC-Spiele bedeutet - auch wenn es dabei noch Einschränkungen gibt.

Im Gespräch mit meinem geschätzten Kollegen Chris Werian von der GamePro ist mir kürzlich nochmal schmerzlich bewusst geworden, was ich eigentlich längst weiß: In Sachen Ladezeiten haben die neuen Konsolen teils große Vorteile gegenüber dem PC - zumindest noch.

Genauer gesagt sind auf PS5 und Xbox Series X/S dank passender Hard- und Software extrem hohe Datenraten möglich. Sie führen dazu, dass Chris die Ladezeiten auf dem PC mit niedrigeren Datenraten, den er ebenfalls häufig nutzt, inzwischen kriechend lahm vorkommen. Ein aktuelles Beispiel von ihm:

Mir ist es letztens beim Next-Gen-Update für The Witcher 3 negativ aufgefallen, dass es an die 15 Sekunden lädt. Das sagt viel darüber aus, welche Ladezeiten ich mittlerweile auf der PlayStation 5, Xbox Series X und Xbox Series S erwarte.

Ein (Lade-)Zeitraum von 15 Sekunden ist auf dem PC nichts, das mir negativ auffallen würde. Wenn man aber auch auf den neuen Konsolen spielt und dabei immer häufiger nur ein oder zwei Sekunden warten muss, wie es laut Chris etwa bei Spider Man, Demon's Souls oder auch Callisto Protocol der Fall ist, dann ändert sich die Wahrnehmung.

Die gute Nachricht lautet, dass 2023 endlich das Jahr sein könnte, in dem solche extrem kurzen Wartezeiten auch auf dem PC langsam Einzug halten - allerdings nicht ohne gewichtige Einschränkungen. Alle Details zu den technischen Unterschieden zwischen dem PC und den Konsolen findet ihr vorab hier:

DirectStorage auf dem PC: Es beginnt!

Die passende Infrastruktur für ähnlich hohe Datenraten auf Windows-PCs ist mittlerweile da und sie wird schon sehr bald in einem ersten Spiel zeigen können, was sie draufhat. Genauer gesagt geht es um Forspoken, das in etwa einer Woche beziehungsweise am 24. Januar für die PS5 und den PC erscheint. Bereits eine Demo für die PS5 beeindruckte mit extrem niedrigen Ladezeiten.

Kürzlich hat außerdem ein Benchmark-Tool in der Theorie demonstriert, welch hohen Datenraten mit DirectStorage möglich sind (via PCGH). In dem kurzen Test der neuen Schnittstelle wird aus etwa fünf Sekunden Ladezeit kaum mehr eine halbe - auch auf dem PC ist also viel Potenzial da.

Um es optimal nutzen zu können, müsst ihr allerdings die passende Hard- und Software besitzen:

  • eine NVMe-SSD (das NVMe-Protokoll ermöglicht als Nachfolger des AHCI-Protokolls unter anderem besonders hohe Bandbreiten)
  • eine DirectX-12-Grafikkarte mit dem Shader-Model 6.0; empfohlen werden Grafikkarten mit DirectX 12 Ultimate (ab Geforce RTX 2000/Radeon RX 6000; mehr dazu erfahrt ihr im Artikel DirectX 12 Ultimate angekündigt, aber ihr braucht neueste Hardware).
  • mindestens Windows 10; empfohlen wird Windows 11, um alle Optimierungen nutzen zu können

Ich würde spontan zwar schätzen, dass viele PCs in der GameStar-Community diese Anforderungen problemlos und schon seit längerem erfüllen. Für die breite Masse an PCs gilt das aber nicht - was uns zum Hauptproblem an der Sache führt.

Wie funktioniert DirectStorage und kann mein PC das?

Damit Spiele nicht zu groß sind, werden viele ihrer Daten komprimiert gespeichert. Beim Spielen selbst ist es deshalb nötig, diese Daten wieder zu dekomprimieren, was bislang die CPU über den Systemspeicher übernommen hat.

DirectStorage hilft dabei, die Datenraten zu erhöhen und die CPU zu entlasten, in dem das Potenzial des NVMe-Protokolls möglichst weitgehend genutzt und die Dekomprimierung auf die Grafikkarte ausgelagert wird.

GPUs können sehr gut sich wiederholende Aufgaben in hoher Zahl parallel durchführen, was für CPUs nicht gleichermaßen gilt. Dadurch erledigen Grafikkarten das Dekomprimieren sehr schnell. Die passende Software liefern GPU-Hersteller wie AMD und Nvidia bereits in Form von SmartAccess Storage (AMD) beziehungsweise RTX IO (Nvidia). Fehlen nur noch die passenden PC-Spiele.

Um zu überprüfen, ob eure PC die Voraussetzungen erfüllt, könnt ihr im Startmenü nach der Xbox Game Bar suchen und sie öffnen. In den Einstellungen über das Zahnradsymbol findet ihr den Punkt Gaming-Funktionen. Dort ist unten rechts aufgelistet, ob ihr die nötige Hard-und Software besitzt.

Der Wechsel könnte schleppend voran gehen

Während Entwickler von Spielen für die PlayStation 5 oder die Xbox Series X/S genau wissen, welche Möglichkeiten die Hard- und Software bietet, ist die Leistungsbandbreite auf dem PC extrem groß, auch mit Blick auf die Datenträger.

Die Zahl an Rechnern mit langsamer HDD mit Magnetscheiben dürfte zwar immer geringer werden, aber es gibt sie sicher immer noch. Und auf eine schnelle NVMe-SSDs ist auch längst noch nicht jeder umgestiegen.

Im besten Fall lassen sich die Vorteile durch DirectStorage mit Blick auf die Ladezeiten so für Entwickler nutzen, dass man bei PCs ohne passende Technik einfach länger warten muss. In etwa so, wie wir das bereits vom Unterschied zwischen HDDs und SSDs kennen.

Gelingt das dagegen nicht so einfach und sind mehr oder wenige aufwendige Anpassungen für Systeme mit und ohne DirectStorage nötig, dürfte im Zweifel darauf verzichtet werden, das Beste aus der neuen Schnittstelle für das eigene Spiel herauszuholen.

Geringe Ladezeiten sind nicht alles

Bislang gibt es kaum Spiele wie Ratchet + Clank: Rift Apart, die die hohen Datenraten der PS5 auch spielerisch nutzen. Bislang gibt es kaum Spiele wie Ratchet & Clank: Rift Apart, die die hohen Datenraten der PS5 auch spielerisch nutzen.

Ein anderes Thema sind Änderungen am grundlegenden Aufbau von Spielen, der sich durch extrem hohe Datenraten gleich in mehrfacher Hinsicht potenziell anders als bisher gewohnt gestalten lässt. Prominenteste Beispiel dafür auf den aktuellen Konsolen ist Ratchet & Clank: Rift Apart.

Darin gehören nahtlose Wechsel in völlig andere Bereiche der Spielwelt zum normalen Ablauf, was sehr hohe Datenraten nötig machen kann. Mehr und andere Beispiele für Änderungen am Spieldesign durch Techniken wie DirectStorage könnt ihr in diesem Artikel bei der GamePro nachlesen:

PS5: Wie Spiele sich dank SSD radikal verändern könnten, ohne dass wir es merken

Allerdings gibt auch Kollege Chris mit Blick auf die neuen Konsolen zu bedenken, dass seinem Eindruck nach bislang kein einziges Spiel so viel aus den Möglichkeiten der hohen Datenraten der PS5 macht wie Rift Apart - und das sagt er über zwei Jahre nach Release der Konsole.

Dabei spielt es sicher eine wichtige Rolle, dass solche Änderungen Techniken wie DirectStorage zur zwingenden Voraussetzung machen würde. Das wiederum würde Spieler ausschließen, die noch nicht die passende Hardware besitzen, sei es in Form einer aktuellen Konsole oder eines passenden PCs.

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Geduld ist weiterhin gefragt

Auch wenn 2023 das Jahr wird, in dem DirectStorage auf dem PC nicht mehr allein durch Blog-Einträge von Microsoft und SDKs für Entwickler eine Rolle spielt, stehen wir immer noch am Anfang einer Entwicklung. Es könnte allerdings eine Entwicklung sein, die das Spielen auf dem PC so stark verändert, wie es seit Ewigkeiten nicht mehr der Fall war.

Es ist zwar nicht unbedingt wichtig, dass ein Spiel in ein bis zwei statt in 15 Sekunden lädt. Wenn man aber einmal bei den extrem kurzen Ladezeiten gelandet ist, will man trotzdem bestimmt nicht mehr zurück, wie auch die eingangs zitierte Aussage von meinem Kollegen Chris zeigt.

Ich persönlich bin außerdem besonders auf Änderungen am grundlegenden Design von Spielen gespannt, die mit DirectStorage & Co möglich werden könnten. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass es Spieleentwickler seit Ewigkeiten gewohnt sind, ohne diese Möglichkeiten zu arbeiten. In diesem Punkt dürfte also noch mehr Geduld gefragt sein als mit Blick auf die Ladezeiten.

Einen ganz anderen, aber aus PC-Sicht ebenfalls sehr relevanten Blick auf die PS5 hat bereits Mitte 2022 mein Kollege Peter Bathge geworfen. Mehr dazu erfahrt ihr in seiner Kolumne bei GameStar Plus:

Kauft jetzt bloß keine PS5, wenn ihr so seid wie ich

Was haltet ihr von den neuen Möglichkeiten mit DirectStorage? Ein sehr wichtiger Schritt für PC-Spiele, (zu) weit entfernte Zukunftsmusik, generell uninteressant oder etwas dazwischen? Schreibt es gerne in die Kommentare!

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