Nachvollziehbares Chaos
Dazugelernt haben immerhin die Keeper, die intelligenter herauslaufen, um lange Pässe wegzuschlagen. Natürlich schießen sie auch wieder den einen oder anderen Bock, was aber nicht in unrealistisch oft vorkommt. Abpraller lenken die Torhüter häufiger zur Seite, im Strafraum herrscht nicht mehr ganz so viel Chaos wie früher. Und ein bisschen Chaos gehört in Pro Evo ja dazu. Wenn ein Gewaltschuss von der Latte abprallt, nur um dann von unserem unglücklich hechtenden Goalie mit der Hand hinter die Linie gepatscht wird, dann fluchen wir zwar wie Jürgen Klopp in der Nachspielzeit - aber nur kurz, weil wir's danach gleich jemandem erzählen müssen.
Oder unserem Multiplayer-Gegner das schiefe Grinsen aus dem Gesicht wischen. Pro Evo bleibt Fußball-Emotion pur, an einem PES 2015-Abend erleben wir mehr kuriose Szenen als in einer ganzen FIFA-Woche. Das verdanken wir - natürlich - der abermals fantastischen Ballphysik, das Leder verhält sich zugleich nachvollzieh- und unberechenbar. Klingt komisch, ist aber so: Dass das Leder stets glaubwürdig abgeprallt ist, können wir per Zeitlupenfunktion jederzeit nachvollziehen. Hinterher.
Nur vorher wissen wir eben nie, was genau passieren wird, etwa weil der blöde Torhüter seine Hand vielleicht auch zehn Zentimeter weiter links hätte halten können! Zwischen Fehlschuss und Traumtor entscheidet in PES 2015 eben manchmal - wie im echten Fußball - ein Quäntchen Glück. Cool auch: Neuerdings dürfen wir bei Heimspielen und in vielen (aber nicht allen) Stadien vor dem Anpfiff die Rasenlänge sowie -nässe einstellen, was sich spürbar auswirkt und taktisch nutzen lässt. Auf feuchtem Stummelgras flutschen Kurzpässe wie geschmiert, was technisch starke Teams begünstigt. Mit trockenem Gestrüpp können wir Messi & Co hingegen behindern. Matches auf Eis und Schnee bietet PES 2015 allerdings nicht.
Klub gegen Echtgeld
Die Spieler- beziehungsweise Managerkarrieren in den Modi »Werde zur Legende« sowie »Meisterliga« sind gewohnt motivierend, aber unendlich viel trockener präsentiert als in FIFA 15. Während etwa Electronic Arts das Ende der Transferperiode als packenden Countdown inszeniert, hüpft Pro Evo einfach im Kalender von Verhandlungstermin zu Verhandlungstermin und erklärt die Wechselzeit irgendwann lapidar für beendet. Hallo, Konami, da darf's ruhig mal etwas mehr Stimmung sein! Auch die Überarbeitungen in der Spielerentwicklung und beim Jugendteam sind nur marginal und kaum spürbar.
Komplett neu ist dafür der »myClub«-Modus, der EAs »Ultimate Team« ähnelt, und in dem wir uns einen Kader aus Sammelkickern basteln. Dabei müssen wir wie im Vorbild auf die Teamchemie achten, mechanisch läuft myClub jedoch etwas anders als Ultimate Team, beispielsweise kaufen wir neue Sportler einzeln statt paketweise. So verdienen wir mit Siegen Agenten, mit denen wir in einer Art Ball-Roulette neue Sportler freispielen. Je mehr Agenten wir dabei einsetzen (lies: verbrauchen), desto höher unsere Chance auf hochkarätige Kicker. Für 10.000 Game Points (die Ingame-Währung) können wir überdies Star-Agenten kaufen, die gezielt fähige Sportler für bestimmte Positionen ausspucken.
Game Points verdienen wir entweder mit Matches (Siege bringen rund 1.500 Zähler) oder mit Erfolgen à la »Erstes Freistoßtor erzielt« - eine spaßige Dreingabe. Während alle anderen Modi trotz erstmaliger Steam-Anbindung auch offline laufen, funktioniert das Punktesammeln wie der gesamte myClub-Modus (und wie Ultimate Team) ausschließlich online. Und wie im Vorbild dürfen wir auch in myClub Echtgeld in Goldmünzen umtauschen, mit denen wir hochwertige Agenten direkt kaufen oder fähige Ballkünstler und Trainer einige Stunden (!) lang ausleihen.
Unterm Strich konnten wir uns im Test aber auch ohne Geldeinsatz alle paar Partien einen neuen Kicker leisten, Spaß macht der Modus also auch bei dünner Brieftasche. Auch wenn er genauso trocken präsentiert ist wie alle anderen.
Unvollständige Königsklasse
Während PES 2015 wie FIFA 15 nur vordefinierte Online-Wettkämpfe bietet, dürfen wir an einem PC auch wieder selbst erstellte Turniere und Ligen mit bis zu 32 menschlichen Teilnehmern bestreiten, darunter dank Lizenz auch Originalwettbewerbe wie Champions und Europa League, wenn auch nicht mit allen real teilnehmenden Mannschaften. So hat sich Konami zwar erstmals alle Lizenzteams der zweiten Ligen von Spanien, Frankreich und Italien gesichert, aus der Bundesliga mischen aber nach wie vor nur der FC Bayern, Bayer Leverkusen und Schalke 04 mit - was die Fans dank Editoren und Mod-Unterstützung aber schnell ausbügeln dürften.
Konami selbst hat auch an den Spieler- und Mannschaftswerten ordentlich geschraubt, insgesamt wirken die Statistiken nun realitätsnäher als im letzten Jahr. Manche Teams wie der FC Barcelona (Angriffswert 94) sind im direkten Vergleich aber immer noch etwas zu stark.
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