Projekt Exodus - Live-Rollenspiel zu Battlestar Galactica

Ein ausgemusterter, deutscher Zerstörer kämpft sich durch das Battlestar-Galactica-Universum: 80 Spieler machen aus der »Mölders« in Wilhelmshaven den Schauplatz eines Live-Rollenspieles – wir waren dabei!

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Bei Projekt Exodus handelt es sich um ein Live-Rollenspiel an Bord eines ausgemusterten Zerstörers. Bei Projekt Exodus handelt es sich um ein Live-Rollenspiel an Bord eines ausgemusterten Zerstörers.

Als Weiterführung von Rollenspielen in der realen Welt haben Liverollenspiele (Live Action Role Playing, kurz LARP) einen großen Freundeskreis gefunden. Die meisten Live-Rollenspieler agieren allerdings in Fantasy-Welten, liefern sich Schlachten mit Schwert, Schild und (gespielter) Magie. Doch es gibt auch Science-Fiction-Settings. In letztere Kategorie fällt auch eine aufsehenerregende LARP-Veranstaltung, über die jüngst sogar Spiegel Online berichtete: das »Projekt Exodus« in Wilhelmshaven.

Science-Fiction-LARPs sind knifflig und teuer - oder sehr billig. Oft wirken die meist in der spärlichen Freizeit der Organisatoren selbst gefertigten Kulissen wie frisch aus einer der ersten Folgen Raumschiff Enterprise entnommen. Das vom 4. bis 8. Februar im deutschen Marinemuseum in Wilhelmshaven veranstaltete Projekt Exodus allerdings ging einen Schritt weiter: Als Schaupätze dienten der aufwändig umdekorierte, ausgemusterte Lenkwaffenzerstörer Mölders sowie das U-Boot U-10.

Das Team konnte auf professionell geschneiderte und für jeden Spieler maßangepasste Kostüme zurückgreifen, die Schiffe wurden ausgestattet mit atmosphärischet Deko und einer voll funktionsfähigen Raumschiffsystem-Simulation über mehrere Decks. Gespielt wurde angelehnt an das Universum von Battlestar Galactica, ausgeführt wurde das Projekt von den Larp-Vereinen basa e.V. und Waldritter e.V. – mit tatkräftiger Hilfe von zahlreichen freiwilligen Helfern.

Projekt Exodus - Bilder vom Live-Rollenspiel (LARP) ansehen

Möglich wurde dieser finanzielle und personelle Aufwand durch eine Förderung der Bundeszentrale für politische Bildung. Unter anderem sollte ergründet werden, ob und wie sich Live-Rollenspiele in die (politische) Bildung einbinden lassen, so Dirk Springenberg, einer der Projektleiter von Exodus. Die zahlenden Teilnehmer waren also nur Probanden eines aufwändig gestalteten Experimentes? In gewisser Weise schon, allerdings ging es trotzdem primär um den Spaß am Spiel im ungewohnten Setting. Der spannende Austragungsort, die Verknüpfung aus politischer Bildung und Live-Rollenspiel und eventuell auch die spürbare Begeisterung der Veranstalter sorgten zudem schon im Vorfeld für eine umfangreiche internationale Berichterstattung - das Interesse war groß. Aber war es auch berechtigt?

Die Mölders wurde aufwändig neu eingerichtet und bildete die perfekte Kulisse für ein ungewöhnliches Liverollenspiel. (Foto: Norman Liebold) Die Mölders wurde aufwändig neu eingerichtet und bildete die perfekte Kulisse für ein ungewöhnliches Liverollenspiel. (Foto: Norman Liebold)

Dennis Ziesecke

Der Autor
Dennis Ziesecke (37) testet als freier Mitarbeiter für Gamestar Tablets und Smartphones, schreibt News und begibt sich mit der Oculus Rift in virtuelle Welten. Für Projekt Exodus legte er die Tastatur zur Seite und kümmerte sich als Mitglied des Organisationsteams im Auftrag des basa e.V. um den Umbau eines Zerstörers zu einem Raumschiff.

Als Mitglied des Technikteams bastelte er nicht nur unzählige Rechner zusammen sondern installierte auch über 500 Meter Netzwerkkabel sowie eine neue Lautsprecheranlage für das Projekt. Als Koordinator für die Öffentlichkeitsarbeit hingegen kümmerte er sich um die Zusammenarbeit mit den Medien und verhalf dem einen oder anderen Journalisten zu einer kurzen Laufbahn an Bord eines Raumfrachters.

Nebenbei spielte er bei Projekt Exodus die Rolle des Matthew Gorn, des Smutje der Hesperios.

Battlestar Galactica - ohne Starbuck und Adama

Um politische Verwerfungen, Konflikte und andere aktuelle soziale und politische Themen sinnvoll ins Spiel integrieren zu können, entschieden sich die Veranstalter dafür, die TV-Serie Battlestar Galactica als Hintergrund zu nutzen. Dabei orientierten sich die Organisatoren an der TV-Neuauflage der Serie aus dem Jahre 2003 - im Gegensatz zum ursprünglichen Kampfstern Galactica aus den 80er-Jahren thematisiert der Serien-Reboot viel ausführlicher politische Themen, Religion und die Verhältnisse der Menschen untereinander. Dazu kommt eine spannende Rahmenhandlung rund um die Vernichtung der menschlichen Kolonien durch die Zylonen, Roboterwesen auf einem Kreuzzug gegen ihre Erschaffer: die Menschen. Der Galactica kommt die Aufgabe zu, die letzten Überlebenden der Menschheit bei der Suche nach einer neuen Heimat zu beschützen. Eine spannende Ausgangslage.

Die in rotes Licht getauchte Raumschiffbrücke war ein funktionierender Frachtraumschiff-Simulator. (Foto: Norman Liebold) Die in rotes Licht getauchte Raumschiffbrücke war ein funktionierender Frachtraumschiff-Simulator. (Foto: Norman Liebold)

Mehr als ein Jahr nahmen die Vorbereitungen auf das viertägige Live-Rollenspiel in Anspruch. Das Ergebnis war den Teilnehmern zufolge atemberaubend. Der Mitspieler Tobias Seybold etwa freut sich: »Für mich subjektiv eine der besten LARP-Veranstaltungen in den letzten 19 Jahren seit ich dieses Hobby betreibe und definitiv in den Top 10. Meine vorgegebene Rolle war für meinen Spielstil perfekt und hat extrem viele schöne und spannende Spielsituationen ermöglicht. Die grandiose Location hat dieses Gefühl noch verstärkt und damit war selbst des happigen Preises von 300 Euro die Veranstaltung in Sachen Preis-Leistungs-Verhältnis super.« Seybold spielte Major Miles Mountainham vom Ministry of Defense, dem kolonialen Verteidigungsministerium im Galactica-Universum.

Ein Teil der Kostüme wurde vom schwedischen »The Monitor Celestra« übernommen. (Foto: Norman Liebold) Ein Teil der Kostüme wurde vom schwedischen »The Monitor Celestra« übernommen. (Foto: Norman Liebold)

Vier Fraktionen

Das Militär nutzte seine Waffengewalt aus und kontrollierte oft die Situation. (Foto: Norman Liebold) Das Militär nutzte seine Waffengewalt aus und kontrollierte oft die Situation. (Foto: Norman Liebold)

Die Exodus-Spieler waren in vier Fraktionen eingeteilt. Zum einen die Besatzungsmitglieder des etwas heruntergekommenen Frachtraumschiffes Hesperios, dessen Decks auf der Mölders angesiedelt waren. Um sich finanziell über Wasser zu halten, nimmt die Hesperios-Crew immer wieder auch zwielichtige Aufträge an. So auch von der Vergis Corporation, einem Wissenschaftskonzern, der die Hesperios für einen illegalen Flug in den zylonischen Raum gechartert hat.

Auf dem Rückflug erreicht die Hesperios ein Notsignal einer Rettungskapsel (dem neben der Mölders aufgedockten U-Boot U-10): Ein Luxus-Kreuzfahrtschiff ist aus unbekannten Gründen vernichtet worden. Der Kapitän der Hesperios, Hal O'Conner, beschließt, die Überlebenden zu retten. Entsprechend stellen die Überlebenden des Luxuskreuzers die dritte Fraktion an Bord: Ehemalige Film- und Sportstars samt Management, dazu Filmteam, Politiker, Wissenschaftler, aber auch der Boss der tauronischen Mafia »Ha'la'tha« sowie ein paar seiner Leute gesellen sich zur Crew der Hesperios.

Und zu guter Letzt entert ein Kommando Soldaten vom Kampfstern Pegasus das Schiff, um die Vergis-Wissenschaftler etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Da Hal O'Conner laut Rahmengeschichte nur ein kurzes Leben im Spiel vergönnt sein sollte, übernahm die Rolle kein Spieler - 250 bis 300 Euro Teilnahmegebür für zwei Stunden Spiel zu verlangen, wäre dann doch arg unfair gewesen.

Dramatische Szenen spielten sich an Bord ab, nicht jeder Spielercharakter überlebt. (Foto: Norman Liebold) Dramatische Szenen spielten sich an Bord ab, nicht jeder Spielercharakter überlebt. (Foto: Norman Liebold)

Kurz vor der Ankunft im Flottenhauptquartier auf Picon werden die Spieler Zeuge des in der Galactica-Miniserie thematisierten Angriffes der Zylonen auf die menschlichen Kolonien, woraufhin die Flucht vor den Zylonen beginnt. Im Folgenden spitzte sich die Situation auf der Hesperios immer weiter zu: Die unterschiedlichen Fraktionen dachten gar nicht daran, die Reste der Menschheit zu retten, sondern bekämpften sich allzu oft gegenseitig.

Es bildete sich ein Schwarzmarkt, auf dem Zigarren, Süßigkeiten und Zahncreme aber auch Waffen und Tabletten erworben werden konnten. Das Militär griff zu Mitteln wie Folter, um Informationen zu erhalten - alles natürlich nur, um die Bevölkerung zu schützen, versteht sich. Die Flüchtlinge versuchten eine Präsidentschaftswahl abzuhalten, die Besatzung des Schiffes hingegen kämpfte permanent um Treibstoff, Sauerstoff und das pure Überleben im Weltall.

Zwei (noch) recht fröhliche Pegasus-Militärs. (Foto: Michael Schaad, Leuengold) Zwei (noch) recht fröhliche Pegasus-Militärs. (Foto: Michael Schaad, Leuengold)

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