Der Mensch ist ein Wesen des Glaubens. Das war er schon immer. Einst sah er in Bärenfelle gehüllt zu den Sternen hinauf und konnte nicht begreifen, was er da erblickte. Er zitterte vor unerklärlichen Gewalten, vor Fluten und Vulkanen, Tornados und Gewitterblitzen. Für all das, dachte er, muss doch jemand verantwortlich sein.
Also machte sich der Mensch ein Bild von übernatürlichen Wesen, die von oben auf ihn herabschauen, über ihn wachen - oder ihn strafen. Er schichtete Steine zu Tempeln, um den Herrn des Himmels zu huldigen, sie um reiche Ernte oder Verschonung vor Unheil zu bitten. Er meißelte Statuen von perfekten Wesen, die von einem Berg herab das Geschick der Menschheit lenken.
Er bettete uralte Mythen und Lebensregeln in seinen Glauben ein, verfasste heilige Schriften und errichtete Schreine, Kirchen, Kathedralen, um gemeinsam mit anderen dem jeweils »einen Gott« zu dienen. Einer nicht beweisbaren Entität, die er jedoch für sein Dasein, sein Schicksal und Nachleben verantwortlich sah. Und deren Ehre er, sollte es nötig sein, mit dem Schwert verteidigen würde.
Selbst in unserer so von Wissenschaft geprägten Zeit ist die Religion allgegenwärtig. Denn ob wir wollen oder nicht, sind wir Homo sapiens genetisch darauf getrimmt, zu glauben und uns in Zeremonien zu ergehen - ganz gleich, ob übermenschliche Mächte wirklich existieren oder nicht. Laut der Evolutionspsychologie dienen Glaube und seine Auslebung nämlich als Mechanismus, der uns den Alltag besser bewältigen lässt; als Katalysator zur Verarbeitung all der Eindrücke und Geschehnisse, die im Verlauf unseres Lebens über uns hereinbrechen.
Glaube kann Trost spenden, er kann ein Gemeinschaftsgefühl schaffen, er kann jedoch auch missbraucht werden, um Menschen zu kontrollieren oder sogar aufzuhetzen. Was biologisch dahinter steckt, versucht die junge Wissenschaft der Neurotheologie zu erklären. Die verortet unseren Hang zum Glauben im Lobus parietalis superior, dem Scheitellappen des Gehirns.
Seiner jahrtausendelangen Arbeit, chemischen Prozessen und funkenden Neuronen sei es zu verdanken, dass Gotteshäuser bis heute wie selbstverständlich unser Stadtbild prägen, dass Buddha-Statuen Yoga-Studios schmücken, dass wir Kruzifixe sowie Halbmonde um den Hals und Kippas auf dem Kopf tragen. Und das gilt eben nicht nur für die echte Welt, sondern auch für die Welt der Videospiele.
Bald in Teil 2
Religion und Spiele sind kaum zu trennen - aber wie wird Glaube in Spielen überhaupt wahrgenommen? Ist er positiv oder negativ besetzt? Kann es Kirchenkritik in Spielen geben? Und was ist eigentlich mit dem Islam, der bis hierhin kaum erwähnt wurde? Das alles und mehr lesen Sie im zweiten Teil unseres Reports.
4:17
Kathedralenbau in Minecraft - im Zeitraffer
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.