SimCity im Test - Sim Darmstadt

Test-Fazit nach mehr als 100 Stunden: SimCity schwankt zwischen Genie und Wahnsinn. Wenn es uns nicht mit bildschönen Städten begeistert, dann frustriert es uns mit viel zu kleinen Karten und mangelnder Transparenz.

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Wertungs-Update

Nachdem wir mehr als 100 Stunden mit der Testversion von SimCity verbracht haben, haben wir in den vergangenen Tagen auch die Verkaufsversion über 50 Stunden gespielt und uns dazu entschlossen, die Wertung nachträglich anzupassen. Im ursprünglichen Test kritisierten wir unter anderem die fehlende Transparenz: So waren beispielsweise die Einwohnerzahlen und Arbeitsmarktstatistiken nicht nachvollziehbar und das Feedback von Fabriken oder Geschäften teils widersprüchlich. Inzwischen können wir nach intensiven Tests verifizieren, dass die Glassbox-Engine viele dieser Aspekte erst gar nicht simuliert – sondern lediglich so tut. Dementsprechend werten wir die KI um drei Punkte ab. Unter anderem können wir folgende Probleme bestätigen:

- Sims haben keinen festen Arbeitsplatz oder Wohnsitz, sondern migrieren automatisch zum nächsten freien Job, Geschäft oder Haus. Einwohner existieren (wie Strom oder Wasser) lediglich als »Agenten« und werden nicht (individuell) simuliert.

- In größeren Städten existieren circa 90% der Einwohner lediglich als Zahl und werden auch nicht rudimentär simuliert. Reißen wir beispielsweise ein Wohnhaus mit – laut Datenkarte – 600 Bewohnern ab, dann verlieren wir de facto 3.751 Einwohner.

- weiterhin mangelhafte Wegfindung, die in Verbindung mit dem oben genannten Agenten-Problem zu einem massiven und oft nicht mehr reparablen Verkehrskollaps führt

- dürftige KI der Einsatzfahrzeuge (Feuerwehr, Müllentsorgung, Recycling usw.)

Wir arbeiten momentan an einem zusätzlichen Artikel, der diese und andere Probleme im Detail dokumentiert.

» Zur aktualisierten Wertung von Sim City

Griesheim ist tot. Die Kleinstadt mit dem langweiligen Namen erlag im Alter von 50.000 Einwohnern einem akuten Verkehrsinfarkt. Wir hatten noch versucht, ihr mit einem öffentlichen Shuttlebus-System einen behelfsmäßigen Bypass zu legen, aber es war zu spät. Nach drei vergnüglichen Stunden stehen wir vor den hupenden Trümmern einer blühenden Idylle - und zum ersten Mal vor der Frage, wie das bloß passieren konnte.

Dabei hatte alles so vielversprechend angefangen: Ein Wasserturm hier, ein Windkraftwerk dort, dazu noch ein paar einfache Straßen und schon strömen Einwohner, Geschäfte und Fabriken als würde es Manna regnen. Mit 2.000 Einwohnern verdienen wir uns dusselig, mit 5.000 Einwohnern verdienen wir uns dumm und dusselig, und mit 10.000 Einwohnern haben wir langsam die Befürchtung, dass sich SimCity von alleine spielt.

In diesen ersten Stunden nämlich gibt uns das Spiel eine sehr lange Leine - es verschweigt uns bloß, dass es irgendwann kräftig daran ziehen wird. Wir dürfen bauen, wie uns gerade die Muse rempelt; und tun das natürlich auch. Geschwungene Straßen? Na klar - endlich gibt’s welche! Kurvige Straßen? Noch besser! Kreisel? Das sieht bestimmt toll aus! In dieser Anfangsphase müssten wir uns schon mächtig anstrengen, um in die Verlustzone zu rutschen; schließlich spülen die armen, ungebildeten Schlucker, die nach Griesheim pilgern, als gäbe es dort Freibier, so viel Kohle in die Stadtkasse, dass wir beinahe ein schlechtes Gewissen haben.

Wobei wir zugeben müssen: Trotz des mäßigen Anspruchs macht gerade dieser Teil von SimCity unheimlich viel Spaß, weil es dank der Glassbox-Engine eine wahre Freude ist, der Schönbaustadt beim Wachsen zuzuschauen.

Wir haben Griesheim betrauert, danach sofort neu angefangen - und in den folgenden Stunden immer wieder über eine Bürgermeister-Simulation gerätselt, die uns abwechselnd ärgert und bezaubert. Genie und Wahnsinn wohnen bei diesem SimCity im gleichen Haus.

Online-Pflicht und Cloud-Speicherung

SimCity muss über EAs Online-Plattform Origin aktiviert werden. Ein Weiterverkauf ist anschließend nicht möglich. Zum Spielen ist außerdem eine permanente Online-Verbindung mit den SimCity-Servern nötig, ein Offline-Modus existiert nicht.

Ärgerlich: Die Spielstände von SimCity werden nicht auf Ihrem PC gespeichert, sondern auf den EA-Servern - und das automatisch beim Verlassen des Spiels. Ein freies Speichern ist demnach nicht möglich. In unseren Augen ein bedeutender Kritikpunkt, weil Städte aufgrund von zufälligen Katastrophen oder unvorhergesehenen Strukturproblemen nahezu unspielbar werden können - und es anschließend keine Möglichkeit mehr gibt, einen früheren Spielstand zu laden.

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Arme Schlucker kokeln gerne

Zugegeben: Völlig problemlos verläuft der Start dann auch wieder nicht - aber diese Probleme sind kaum der Rede wert. So müssen wir zum Beispiel immer mal wieder ein Windrad nachrüsten, um den steigenden Energiebedarf zu decken. Oder eine Feuerwache bauen, weil die ungebildeten Schlucker mit naiver Begeisterung ihre Buden abfackeln, schließlich gibt’s noch keine Schule, wo wir ihnen sagen könnten, dass sie das Kokeln lassen sollen.

Einrichtungen wie die Feuerwehr lassen sich komfortabel erweitern - zum Beispiel um einen extrem nützlichen Heli. Einrichtungen wie die Feuerwehr lassen sich komfortabel erweitern - zum Beispiel um einen extrem nützlichen Heli.

Die öffentlichen Einrichtungen nutzen übrigens ein einfaches, aber geniales Upgrade-Konzept. Unsere neugebaute Klinik etwa hat – genau wie Feuerwehr und Polizei - keinen festen Einzugsbereich. Stattdessen kaufen wir bei Bedarf einfach neue Krankenwägen zu; oder bauen einen zusätzlichen Patientenflügel an. Platzieren wir die Klinik also clever, dann kommen wir damit theoretisch sehr lange aus. Immer vorausgesetzt natürlich, dass wir genügend Ambulanzen nachkaufen - und dass diese Ambulanzen auch rechtzeitig bei den verletzten Sims ankommen, bevor die den Löffel abgeben.

Womit wir den Bogen zum Verkehrskollaps geschlagen hätten: In Griesheim nämlich stehen die Krankenwägen mit Vorliebe im Stau. Und die Löschzüge sowieso. Während bei den Hagenbergs also der Dachtstuhl abfackelt und das Feuer inzwischen schon bei der halben Nachbarschaft anklopft, um mal eben rüberzuspringen, stecken die Brandbekämpfer auf der zentralen Verkehrsachse fest.

Als Griesheim seinen unweigerlichen Infarkt erleidet, stellen wir drei Dinge fest. Erstens: Chaotische Schönbaustädte sehen zwar bildhübsch aus, sind in der Praxis aber völlig ineffizient, weil jede Sackgasse und jeder Kreisel das Stauproblem potenziert. Zweitens: Einfache Straßen kosten zwar nicht viel, sind in der Praxis aber völlig ineffizient, weil wir beim ohnehin notwendigen Upgrade auf mehrspurige Hauptstraßen quasi die halbe Stadt planieren müssten. Drittens: Unsere Einwohner nehmen konsequent den kürzesten Weg zum Ziel - und nicht den schnellsten. Dass unsere Straßen geradezu hoffnungslos verstopft sind, liegt nämlich nicht daran, dass wir nicht für parallele Entlastungsachsen gesorgt hätten, sondern daran, dass die Sims diese Entlastungsachsen partout nicht benutzen.

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Macht größere Karten!

Beim zweiten Griesheim vermeiden wir diese »Fehler« sorgfältig - und bauen nicht schön, sondern im langweiligen Schachbrettmuster. Mit normalen Straßen halten wir uns dabei gar nicht lange auf; mit Hilfe von drei absurd niedrig verzinsten Krediten können wir uns direkt ein großes Netz aus Hauptstraßen leisten und sind innerhalb von fünf Minuten trotzdem in der Gewinnzone. Außerdem planen wir in weiser Voraussicht ein Shuttlebus-System ein.

Das Resultat: Griesheim #2 wächst wie Unkraut. In weniger als einer Stunde haben wir den verfügbaren Bauplatz rappelvoll gebaut - und ärgern uns zum ersten Mal richtig über die viel zu kleinen Karten. Wie gerne würden wir noch ein Villenviertel anlegen, zusätzliche Industriezonen ausweisen, mehr Gewerbe ansiedeln - aber SimCity lässt uns nicht.

Entwickler Maxis sagt: Der ständige Platzmangel soll eine Herausforderung sein. Echte Städteplaner könnten ja auch nicht so bauen, wie es ihnen gerade in den Kram passt. Wir hingegen sagen: Er ist keine Herausforderung; er ist frustrierend. Wir denken eben nicht: Ach, wie spannend, dass wir hier kein Stadion mehr bauen können, ohne dafür ein Gewerbegebiet niederzureißen. Wir denken: Macht größere Karten!

Sind zwar sauber, nehmen aber absurd viel Platz weg: Windkrafträder. Sind zwar sauber, nehmen aber absurd viel Platz weg: Windkrafträder.

Selbst wenn wir die Einwohnerzahl unserer Städte später noch in die Hunderttausende schrauben werden und ihnen mit Wolkenkratzern und internationalen Wahrzeichen wie der Freiheitsstatue einen gewissen kosmopolitischen Touch verleihen, fühlt sich das Ergebnis nie nach Metropole an - sondern höchstens nach einem sehr reichen Darmstadt. Ein London oder New York hingegen? Das ist mit dem neuen SimCity nicht zu machen; die Karten sind schlicht zu klein. Noch dazu, weil’s bevorzugt an Seeufern winzige Landzüngelchen gibt, die wir nicht bebauen können, weil sie aus der streng quadratischen Stadtfläche herausragen, während 20 Meter weiter die Hochhäuser sprießen. Schönbauer ärgern sich die Haare vom Kopf.

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