Das erste Mal merke ich im Vorgespräch, was das für eine dumme Idee gewesen ist. Die ganze Geschichte beginnt nämlich damit, dass ich meine Abgabe verpenne. Ich bin gerade im Umzug begriffen, was meint: Ich stehe passabel ratlos zwischen Umzugskisten, als Natalie schreibt und meint: »Wann kommt eigentlich dein Text zu Sons of the Forest?«
Mir stellen sich sofort die Nackenhaare auf. Im folgenden, von Ausflüchten geprägten Gespräch stellt sich heraus, dass der Text schon für den nächsten Tag eingeplant ist, woraufhin ich beteuere, davon keinerlei Kenntnis zu haben. Als dann noch rauskommt, dass ich das Spiel bisher kaum gespielt und auch keinen guten Dreh für meine Kolumne habe, holt Natalie kurzerhand Dimitry dazu, der mir in Abwesenheit von Peter die Leviten lesen soll. Jedenfalls befürchte ich das.
Dimi ist ein erfahrener Redakteur und fragt mich knapp und kalt, nachdem ich mehrere sogenannte Ideen umständlich erklärt habe: »Was soll daran die Geschichte sein? Der Text zu The Forest lief auch schon so schlecht, wir brauchen also dringend was Besseres.« Und so überkommt mich, überambitioniert und im Anflug einer Panik, die dümmste Idee, in meinem von zahlreichen dummen Ideen geprägten Berufsleben. Ich sage: »Ich habe eine abgelegene Waldhütte. Datenvolumen und Geforce Now. Da könnte ich doch eine Nacht allein Sons of the Forest spielen.«
Und Dimi denkt nach und sagt, nach einer zugegebenermaßen recht kurzen Pause, dass er das für eine wirklich gute Idee halte. Dass das eine brillante Geschichte werde, ein Selbstläufer quasi; das merke er jetzt schon.
19:17 Uhr - Ankunft
Kurze Zeit später: Die Dämmerung liegt schon über dem Gelände wie ein wachsames Tier, als ich meinen Rucksack schultere, durch das hohe Gras gehe und durch die überwachsenen Fenster sehe. Vorsichtig öffne ich die Tür in Erwartung herabfallender Spinnen. Der Raum riecht feucht und nach lange nicht betretenen Fußbodenbrettern.
Durch die Fenster fällt nur wenig Licht, ich drücke sicherheitshalber und aus bekannter Routine den Lichtschalter. Ich überlege kurz, welche Alternativen ich habe, und drücke den Lichtschalter erneut. Offensichtlich haben die Stadtwerke den Strom abgestellt. Wann war ich das letzte Mal hier – letztes Jahr, im Sommer? Vorletztes? Vor zehn Jahren?
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